Weltpremiere für MAN: Erster eTruck an einen Kunden überreicht
Es ist ein schönes Bild, was sich da in Leipzig zeichnet: Während über die Rundstrecke am Porsche-Werk laute Sportwagen mit Verbrennungsmotor rasen, rollt durch eine Allee ein leiser Lkw heran. Er ist so leise, weil es sich um einen ganz besonderen Lastwagen handelt – nämlich den allerersten eTruck, den MAN an einen Kunden ausliefert. Zugleich wurde der symbolträchtige Ort ausgewählt, weil der elektrische Lkw täglich auf einer Strecke zum Leipziger Porsche-Werk fahren wird.
Konkret wird dieser eTruck mit der Modellbezeichnung eTGX von der Spedition Elflein eingesetzt, um Batterien aus dem Leipziger Batteriewerk des Zulieferers Dräxlmaier ins Porsche-Werk für den elektrischen Macan zu bringen. Die Strecke ist keine fünf Kilometer lang und dadurch eher untypisch für das Anwendungsprofil des eTGX, der eigentlich für die Langstrecke konzipiert wurde. In dem an Dräxlmaier und Elflein überreichten eTGX sind sechs Batteriepacks mit insgesamt 534 kWh (480 kWh nutzbar) verbaut. Er soll auf der Strecke Dräxlmaier-Porsche durchschnittlich 15,5 Tonnen Gewicht transportieren und hat dafür einen Motor mit 330 kW an Bord.
Bei dem in Leipzig überreichten Modell handelt es sich um ein „Vorserienfahrzeug mit einem sehr seriennahen Stand“, wie Jens Hartmann, Projektleiter eTruck bei MAN, gegenüber electrive sagt. Das Fahrzeug sei bereits auf dem Serienband von MAN in München produziert worden „und steht dem Serienprodukt, was wir in einem Jahr sehen, in Nichts nach hinsichtlich technischer Reife“. MAN wird allerdings erst kommendes Jahr von einer regulären Serienproduktion sprechen, wenn der eTruck in großem Volumen vom Band läuft. Noch in diesem Jahr will MAN die ersten 200 eTruck an Kunden ausliefern – darunter auch zwei weitere für Dräxlmaier.
Die erste Kundenauslieferung eines eTruck – dazu zählt MAN neben dem eTGX auch den eTGS und eTGL – ist ein wichtiger Meilenstein für MAN bei der Elektrifizierung, zumal für die elektrische Truck-Familie bereits 2.500 Bestellungen und Bestellanfragen vorliegen. Das ist allerhand, denn zwar ist das Unternehmen bei elektrischen Stadtbussen längst Marktführer, wie MAN-Vorstand Friedrich Baumann bei der Veranstaltung betonte. Doch elektrische Lkw spielten bei MAN bislang kaum eine Rolle. Mit einer Ausnahme: Ab 2018 baute MAN seinen ersten Elektro-Lkw namens eTGM.
MAN-Manager Jens Hartmann sagt uns zur Abgrenzung zwischen dem eTGM und dem neuen eTruck, dass es sich beim eTGM um eine Kleinserie von nur rund 50 Stück handelte. „Wir haben dort sehr viele Erfahrungen sammeln können mit Kunden in ganz Europa. Im Vergleich dazu ist der neue eTGX zum einen eine ganz andere Fahrzeugklasse, weil das Modell deutlich schwerer ist. Zum anderen war der eTGM nur teil-industrialisiert mit viel Nacharbeiten im Werkprozess.“
Beim eTGX sei der Baukasten, der dahinter steckt, hingegen für eine große Industrialisierung ausgelegt, so Hartmann: „Vom 12-Tonner aufwärts bis zum 50-Tonner lassen sich aus dem Fahrzeug alle typischen MAN-Truck-Produkte ausleiten, die man heute kennt. eTGL, eTGS, eTGX, auch mit einer sehr breiten Konfigurierbarkeit. Die Kunden können eine beliebige Batterie wählen, von zwei bis sieben Batteriepakete je nach Anwendungsfall, Reichweitenbedürfnis und Nutzlastbedürfnis.“
Letztlich handele es sich beim eTruck um einen Baukasten bestehend aus verschiedenen Batteriesystemen, Motoren und Ladesystemen. So ist bei der Ladetechnik wahlweise CCS oder MCS möglich. Und der Ladeanschluss kann wahlweise links, rechts oder auch auf beiden Seiten gleichzeitig angebracht werden, bei der Chassis-Version zudem weiter hinten.
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