Mercedes-Benz eröffnet erste Batterie-Recyclingfabrik

Im baden-württembergischen Kuppenheim werden ab sofort Elektroauto-Batterien von Mercedes-Benz recycelt. Der Autobauer hat dort seine erste Recyclingfabrik für Batterien in Betrieb genommen – und will dort 96 Prozent der Batteriematerialien zurückgewinnen.

mercedes benz kuppenheim 2024 04 min
Bild: Mercedes-Benz

Kurz zu den Begrifflichkeiten: Oft handelt es sich bei „Recyclingfabriken“ lediglich um Anlagen, in denen die ausgedienten oder defekten Batterien entladen, demontiert und zerkleinert werden. Dabei können zwar schon Materialien wie Aluminium und Kupfer abgetrennt werden, am Ende dieses Prozesses steht aber nur die sogenannte schwarze Masse als Mischung aus den wertvollen Aktivmaterialien. Diese werden dann in einer anderen Anlage, oft bei einem Partnerunternehmen, erst in die eigentlichen Rohstoffe aufgespalten, die dann wieder für die Batterieproduktion genutzt werden können.

Nicht so im Falle von Mercedes-Benz. Der Stuttgarter Autobauer hat in Kuppenheim eine integrierte, mechanisch-hydrometallurgische Anlage errichtet. Das heißt, in dem hydrometallurgischen Verfahren findet auch genau diese Aufarbeitung der schwarzen Masse statt. Laut der Mercedes-Mitteilung ist Kuppenheim „die erste Batterie-Recyclingfabrik Europas“, die auf ein solches Verfahren setzt. Und damit werde das Unternehmen „zum ersten Automobilhersteller weltweit, der den Batterie-Wertstoffkreislauf durch eine eigene Recyclinganlage schließt“.

Allerdings geschieht das vorerst in einem überschaubaren Maßstab. Die Batterie-Recyclingfabrik in Kuppenheim hat eine Jahreskapazität von 2.500 Tonnen und ermöglicht laut Mercedes die Wiederverwendung der Wertstoffe für die Produktion von mehr als 50.000 Batteriemodulen für vollelektrische Modelle. Langfristig plant Mercedes-Benz, die Produktionsvolumina zu skalieren und die Recyclingkapazitäten weiter auszubauen – derzeit gibt es schlichtweg noch zu wenige, recyclingfähige Altbatterien, um eine größere und teurere Anlage zu rechtfertigen.

Die jetzt eröffnete Anlage hat ihre Schatten schon eine ganze Weile voraus geworfen. Erste Berichte, wonach die damalige Daimler AG auf dem Areal des Presswerks in Kuppenheim eine solche Recyclingfabrik erwäge, stammen aus dem Februar 2021. Kuppenheim liegt nur wenige Kilometer von dem Kompaktwagen-Werk Rastatt entfernt, jedoch östlich der A5 und damit nicht mehr auf dem Gebiet von Rastatt. Später im Jahr 2021 hat das Unternehmen die Recycling-Pläne dann bestätigt. Bis zur Grundsteinlegung verging dann einige Zeit, das war im März 2023 der Fall. Damals wurde aber nur mit dem Bau der ersten Phase, also der mechanischen Zerkleinerung, begonnen.

Die zweite Phase mit der so wichtigen, hydrometallurgischen Anlage, wurde erst später im Mercedes-Auftrag von Primobius gebaut. Das Batterierecycling-Joint-Venture des deutschen Maschinenbauers SMS Group mit dem australischen Batteriematerial-Hersteller Neometals hatte den Auftrag Anfang diesen Jahres erhalten – bereits die Shredderanlage stammt von Primobius.

Die hydrometallurgische Aufbereitung in Kuppenheim soll mit 96 Prozent nicht nur auf eine sehr hohe Recyclingquote kommen, sondern dabei auch energieeffizient sein und weniger Abfall erzeugen, wie Mercedes betont – als Vergleich werden bei dieser Aussage aber pyrometallurgische Verfahren herangezogen, also das energieintensive Einschmelzen der Batterie. Ein Vergleich zu anderen hydrometallurgischen Verfahren wird nicht genannt. „Es arbeitet mit niedrigen Prozesstemperaturen von bis zu 80 Grad Celsius und verbraucht deshalb weniger Energie. Darüber hinaus wird die Recyclingfabrik wie alle Mercedes-Benz Produktionswerke bilanziell CO2-neutral betrieben. Sie wird zu 100 Prozent mit Grünstrom versorgt“, so der Autobauer. Die Dachfläche des 6.800 Quadratmeter großen Gebäudes ist mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet, die über eine Leistung von mehr als 350 Kilowattpeak verfügt.

Zur Eröffnung der Anlage waren nicht nur Vertreter aus dem Mercedes-Vorstand nach Kuppenheim gekommen – wie etwa CEO Ola Källenius und der verantwortliche Lieferketten-Vorstand Jörg Burzer – , sondern auch Bundeskanzler Olaf Scholz und Baden-Württembergs Umweltministerin Thekla Walker.

„Die Zukunft des Automobils ist elektrisch und Batterien sind dafür ein wesentlicher Bestandteil. Um Batterien ressourcenschonend und nachhaltig zu produzieren, braucht es auch Recycling“, wird Scholz in der Pressemitteilung von Mercedes zitiert. „Kreislaufwirtschaft ist ein Wachstumsmotor und gleichzeitig wesentlicher Baustein zur Erreichung unserer Klimaziele! Ich gratuliere Mercedes-Benz zu Mut und Weitsicht bei dieser Investition in Kuppenheim. Deutschland bleibt ein Leitmarkt für neue und innovative Technologien.“

„Als Pionier des Automobilbaus legen wir mit Europas erster integrierten mechanisch-hydrometallurgischen Batterie-Recyclingfabrik einen Meilenstein auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit bei Rohstoffen“, sagt Källenius. „Gemeinsam mit unseren Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft setzen wir ein starkes Zeichen der Innovationskraft für eine nachhaltige Elektromobilität und Wertschöpfung in Deutschland und Europa.“

Batterien als Rohstoffmine von morgen

Supply-Chain-Management-Vorstand Burzer ergänzt: „Wir vertiefen konsequent unsere Kompetenzen in der Batteriewertschöpfungskette. Nach der Eröffnung des Mercedes-Benz eCampus zur Entwicklung neuer Batterie-Zellchemien in Stuttgart-Untertürkheim schließen wir in Kuppenheim jetzt nachhaltig den Wertstoffkreislauf. Der innovative Technologieansatz ermöglicht uns, wertvolle Rohstoffe mit höchstmöglichen Reinheitsgraden aus der Batterie zurückzugewinnen. Damit werden Batterien von heute zur nachhaltigen Rohstoffmine von morgen. Die neue Batterie-Recyclingfabrik stärkt die Rolle des Mercedes-Benz Produktionsverbunds mit Fahrzeug- und Antriebswerken in Europa.“

Im Juli hatte das Unternehmen in Stuttgart-Untertürkheim den Mercedes-Benz eCampus eröffnet, „wo der Kreislaufgedanke bereits in die Entwicklung neuer Batteriezellen einfließt“, so Mercedes. Dort soll die Batterieforschung des Autobauers gebündelt werden, um innovative Hochleistungszellen und neue Fertigungsprozesse zu entwickeln. Das erklärte Ziel: Die Batteriekosten sollen um mehr als 30 Prozent sinken.

mercedes-benz.com

10 Kommentare

zu „Mercedes-Benz eröffnet erste Batterie-Recyclingfabrik“
Aztasu
21.10.2024 um 14:36
Auch hier ist Mercedes ganz vorne dabei
Peter Nichtso Lustig
24.10.2024 um 19:09
"auch" ??? wo denn noch? :D
Aztasu
24.10.2024 um 21:28
autonomes Fahren, Effizienz (siehe EQXX ein Straßenzugelassenes Testfahrzeug bzw. den in 1-2 Monaten final vorgestellten CLA), Infotainment wird mit dem MB.OS im CLA richtig krass. Aber die ganze Architektur ist komplett vernetzt und digital, inklusive Wassergekühltem Hochleistungsprozessor. Bei der Reichweite ist Mercedes unter den Top 3 der E-Autos auf der Welt (EQS hat 821km WLTP, Lucid Air har bis zu 839km WLTP und der NIO ET7 kommt dank einer riesigen nir optional täglich mietbaren 150kWh Batterie auf über 900km. Der CLA wird über 750km WLTP Reichweite in der Klasse des Model 3 bringen. Absolut herausragend. Damit könnte man ca. 4 Stunden bei 130km/h Durchschnittsgeschwindigkeit fahren, also 520km, wenn man die Batterie komplett leer fährt. Wer dann von 0-80% wieder auflädt, was ca. 25min dauern dürfte (10-80% in etwa 20min), aber dann auf 5% runterfährt (also 80% runter auf 5%, 75% der gesamten Kapazität) hat noch mal 390km Reichweite bei 130km/h. Ergibt 910km mit einem Ladestopp und damit genug um die Strecke zwischen Hamburg und München zu fahren. Das schafft in diesem Segment mit einem Ladestopp und mit 130km/h keiner
Dixi K
27.10.2024 um 12:31
Autonome Fahren. lol, der war gut
Wilma1982
22.10.2024 um 08:28
Toller Ansatz! und die Bezeichnung "Mine von Morgen" trifft es sehr gut, bei der aktuellen Debatte um die Sicherheit der Rohstoffversorgung für die Batterieproduktion; Hoffe das ganze wird sich hinsichtlich der Prozesskosten langfristig rechnen und wird entsprechend bzgl. der Produktionsvolumina hochgefahren.
Robert K
22.10.2024 um 08:30
ÖÖööööh. Zonk. Wenn das das reale Abbild der Fabrik ist, dann haben die ja mal wieder voll und großteils wider die Umwelt gebaut. Warum ist so viel Dachfläche ohne Solar? Was machen eigentlich diese versiegelten und beleuchteten Flächen nebendran? Parkplätze sind eine unterwürfige Nutzung von Grund und Boden und gehören wenn dann unter Häuser! Immerhin sind die Büroanbauten 3-stöckig. Aber die Werkhallen hätte man auch übereinander stapeln können und mehr Flächeneffizienz von wertvollem urbaren Boden aus Bawü machen können. Wärmeeffizienter ist das auch.
Torsten Schiebenes
28.10.2024 um 11:57
Wenn man dann noch weiß, was in den Gebäuden steht, würde man die Frage nach doppelstöckiger Produktion nicht stellen... Immer erst mal alles schlecht reden, bevor man sich um Fakten kümmert... Ohne Worte
Marc
22.10.2024 um 15:03
Wer kennt sie nicht: die großtechnischen Anlagen der chemischen Industrie, welche einfach im Hochhausformat gebaut werden. Hinsichtlich Brandschutz bestimmt zu befürworten. Danke für den Beitrag!
Erdug
24.10.2024 um 15:40
Wichtige frage hätte ich, was passiert mit dem Sonderabfall das beim diesem Prozess entsteht? Es gibt immer eine Kehrseite der Medaille.
emobilist
26.10.2024 um 09:02
Das wird genauso ablaufen, wie bei dem Altöl von Verbrennerfahrzeugen. Es wird verbrannt. Beim Verbrenner nach jedem Ölwechsel, beim Elektroauto einmal nach geschätzten 22 Jahren. Radfahren ist natürlich ökologischer, das ist klar.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert