Forscher wollen Garagen-Laden effizienter machen

Beim Laden mit Wechselstrom – egal ob über die Schuko-Steckdose oder eine Wallbox – kommt es zu teilweise erheblichen Ladeverlusten. Ein Konsortium rund um das Fraunhofer IZM will das Laden mit Haushaltsstrom jetzt effektiver gestalten.

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Bild: Fraunhofer IZM

Die Ausgangslage ist klar: Das Stromnetz läuft mit Wechselstrom, in der Fahrzeugbatterie wird aber Gleichstrom gespeichert – irgendwo muss also die Umwandlung stattfinden. Beim AC-Laden ist das im Onboard-Ladegerät der Fall, das im Fahrzeug verbaut ist. Und bei dieser Umwandlung fallen Verluste an. Dabei gibt es zwar Unterschiede, ob mit einer ICCB-Einheit am Haushaltsstrom oder mit einer Wallbox geladen wird, ganz verhindern kann aber auch eine Wallbox diese Verluste nicht.

Im Rahmen des BMBF-geförderten Projekts „EnerConnect“ erproben Forschende des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM und der Technischen Universität Berlin mit Unterstützung von Delta Electronics Inc., der BIT GmbH und Infineon Technologies AG eine Schaltung mit neuartigen, bidirektional sperrenden GaN-Transistoren – also Halbleiter aus Galliumnitrid.

Ähnlich wie Siliziumkarbid (SiC), das teilweise schon in der Leistungselektronik von E-Autos eingesetzt wird, ermöglichen GaN-Halbleiter hohe Schaltfrequenten und damit kleinere und potenziell günstigere Bauteile. Allerdings können sie nur in einer Richtung die Spannung sperren. Anders die bidirektional sperrenden GaN-Transistoren. „Bei ihnen können durch zwei Gatestrukturen positive und negative Spannungen gesperrt werden. Das macht neue Schaltungstopologien für Wechsel- und Gleichrichter, die am öffentlichen Versorgungsnetz betrieben werden, interessant“, schreibt das Fraunhofer IZM.

Sprich: Die Schaltung, an der die Forschenden bei „EnerConnect“ arbeiten, wäre mit konventionellen Halbleitern zu aufwändig – mit GaN wird es aber möglich. „Es handelt sich dabei um eine sogenannte Buck-Boost-Schaltungstopologie, mit der die Eingangsspannung sowohl höher als auch niedriger gesetzt werden kann. Durch die Verwendung von bidirektional sperrenden Transistoren lassen sich die Vorteile dieser Schaltung nutzen“, erklärt das Fraunhofer-Institut in der Mitteilung. Konventionell werden aktive Gleichrichter in E-Autos mit hohen Spannungen geschaltet. Mit der neuartigen Schaltung, die am Fraunhofer IZM erforscht wird, kann die Spannung aber auch tiefer gesetzt werden. Durch die dadurch niedrigere Schaltspannung verringern sich die Schaltverluste im Stromrichter.

Daneben ermöglicht die Schaltung die Einsparung einer Wandlerstufe: Üblicherweise muss in einem Gleichrichter die Eingangsspannung in zwei separaten Komponenten zunächst hoch- und anschließend wieder auf die benötigte Batteriespannung herabgesetzt werden. Durch den Einsatz von bidirektional sperrenden GaN-Transistoren können diese beiden Schritte in einer Wandlerstufe vereint und so die Effizienz weiter gesteigert werden, während der Materialaufwand und die Kosten sinken.

Das Ergebnis: Der Wirkungsgrad des Wandlers konnte auf bis zu 99 Prozent erhöht werden, auch eine weitere Erhöhung der Schaltfrequenz sei „denkbar“. Genannt wird ein Ziel von 300 kHz. „Dies birgt das Potenzial, die Leistungsdichte auf 15 kW pro Liter zu erhöhen, was dem 8-Fachen von derzeit handelsüblichen Ladegeräten entspricht“, teilt das Fraunhofer IZM mit. Sprich: Es könnte ein leistungsfähiger Onboard-Charger entwickelt werden, der sogar kleiner als heutige Ladegeräte ist.

Kurze Erläuterung: In der Mitteilung schreibt das Fraunhofer IZM auch von „effizientem Schnellladen an der heimischen Steckdose“. Damit sind nicht Ladeleistungen im Bereich von DC-Schnellladern gemeint, sondern es wird eben auf den Fakt angespielt, dass ein kompakter 22-kW-Onboard-Charger möglich wäre. In E-Autos sind dreiphasige 11-kW-Onboard-Charger mit 16 Ampere quasi Standard, aus Kosten- und Platzgründen verzichten viele Hersteller auf 22-kW-Versionen. Mit GaN-Transistoren könnte sowohl das Platz- als auch Kostenproblem gelöst werden, womit 22-kW-Onboard-Charger einfacher verfügbar werden könnten.

fraunhofer.de

6 Kommentare

zu „Forscher wollen Garagen-Laden effizienter machen“
Hans-Georg Michna
23.10.2024 um 06:10
Das wäre großartig! Die Beschränkung auf 11 kW und die hohen Ladeverluste sind erhebliche Nachteile der derzeitigen Technik. Hoffen wir, dass die Autohersteller die Forschungsergebnisse bald in neue Autos einbauen.
sig
23.10.2024 um 07:46
richtig! Langsam-Laden überall wo das Auto parkt. am besten netzdienlich bei Überschuß (Zweitarifsignal). Bahnparkplätze z.B.
Jens
23.10.2024 um 08:03
Interessant, dass hier scheinbar in die komplett andere Richtung geforscht wird. Ich halte den Ansatz u.A. von VW für das heimische DC-Laden für viel effektiver. Zum einen könnte PV-Strom ohne Umwandlung direkt geladen werden und final ganz auf den AC-Lader im BEV verzichtet werden. Da müsste dann nur eine öffentliche AC-Ladesäule umgerüstet werden und nicht zukünftige BEVs. Auch könnte eine große Anzahl der aktuellen BEVs per DC geladen werden. Sicherlich kann die neue Technik auch in DC-Wallboxen verwendet werden. Da ist der Markt aber sicherlich nicht so groß.
Julian
23.10.2024 um 15:52
Ich sehe nicht, wo du hier den Gegensatz aufmachst. Am Beispiel "Onboard-Charger" sieht man den Vorteil der Platzersparnis natürlich besonders. Den Gleichrichter wird man aber genauso in DC-Ladeboxen einbauen können, wie du ja selbst zugibst. Der Markt ist nicht so groß? Du willst doch die Mio. AC-Lader auf DC umrüsten. Und statt Schuko/CEE bräuchte man auch immer zwangsläufig einen extra DC-Lader. Mit einer kompakten ICCB-Einheit ist es dann ja nicht mehr getan. Der Markt wäre riesig. Aber DC-Lader bleiben halt auch mit der neuen Technik deutlich teurer als AC-Lader.Ob das den Vorteil eines Onboard-Chargers, der ja auch immer kompakter und günstiger wird, aufhebt? Fraglich.Direkte DC-DC-Ladung* von der heimischen PV oder Heimspeicher ist natürlich eine nette Ergänzung, wird aber auch nur einem kleinen Personenkreis vorbehalten sein, gerade dann wenn das auch noch exklusiv geschehen soll, ohne zusätzlichen Gleichrichter in der Ladestation.*Ohne Umwandlung/Verluste stimmt auch nicht, da du Gleichspannungswandler für die unterschiedlichen Spannungen brauchst. Dafür brauchst du dann auch wieder Leistungshalbleiter, wie eben jene Galliumnitrid-Transistoren. Das Projekt dreht sich ja konkret um die Gleichspannungswandlung, die auch innerhalb des Gleichrichters nötig ist.
erFahrer
23.10.2024 um 08:05
Das als mobiler Lader CEE und CCS mit max 22 kW und bidirektional wäre eine gute Lösung für die jetzt schon große Menge an BEV. Wenn es sich zudem über due Effizienz und bidirektionale Funktionen rechnet, dann her damit.
H.Ebel
24.10.2024 um 09:15
Echt? 99% Wirkungsgrad? Ist ja nahe einem perpetuum mobile.

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