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Bild: Quantron
HintergrundNutzfahrzeug

Klaffende Finanzlücke: Quantron ringt um frisches Geld

Ein Ökosystem für Nutzfahrzeuge mit alternativen Antrieben war die große Vision von Quantron. Doch die droht zu scheitern, da dem Spezialisten aus Gersthofen langsam das Geld ausgeht. Frische Mittel der Bestandsinvestoren sollen nun die Rettung bringen. Das Geschäft mit Wasserstoff-Trucks ist allerdings auch dann kein Selbstläufer. Und der CEO ist außer Gefecht gesetzt.

Quantron kämpft seit einigen Monaten mit einem finanziellen Engpass. Beschäftigte des Nutzfahrzeug-Herstellers aus Gersthofen sollen teils auf ihre Löhne warten, berichten verschiedene Augsburger Lokalmedien. Wir haben bei Quantron direkt nachgefragt: Das Unternehmen gibt an, in der Tat Außenstände zu haben – auch bei der Belegschaft. Doch ein neuer Investoren-Deal soll kurz bevorstehen.

In den vergangenen Monaten ist von Quantron nicht viel zu sehen gewesen. Die letzte Pressemitteilung des bayerischen E-Nutzfahrzeugbauers stammt von Juni. Eher ungewöhnlich für den sonst sehr umtriebigen Newcomer. Bemerkbar machten sich die Probleme spätestens im September, als der auf alternative Antriebe spezialisierte Betrieb nicht mit eigenem Stand auf der IAA Transportation vertreten war. Und das, obwohl die Firma in der Vorab-Pressekonferenz im Sommer noch groß aufgetreten war. Ein seltener und damit bemerkenswerter Vorgang. Dass Quantron Zahlungsschwierigkeiten hat, kam auch bei Gesprächen der Redaktion mit anderen Branchenakteuren im Messe-Umfeld auf. Auch von ausbleibenden Bestellungen wurde uns berichtet. Lokale Medien schreiben nun unter Berufung auf Mitarbeiter, dass es bei der Belegschaft Unsicherheit über die Lage und Unmut über offenbar ausstehende Löhne gibt. Vor dem Arbeitsgericht in Augsburg soll es zu Lohnklagen von Mitarbeitenden gekommen sein, schreibt etwa das „Augsburger Journal“.

Quantron stößt sich bei der Berichterstattung des Journals teils an „kolportierten Informationen, die definitiv nicht richtig“ seien. Behauptet wird dort etwa, dass Quantron Krankenkassenbeiträge der Mitarbeiter einbehalte, aber nicht abführe. Dass die Lage an sich heikel ist, bestreitet das Unternehmen auf electrive-Anfrage aber nicht. „Wir befinden uns in einer angespannten Situation und sind uns dieser bewusst“, sagte uns Quantron-Finanzchefin Beate Reimann.

Kurzer Rückblick: Quantron tauchte Ende 2019 als neuer Akteur im E-Nutzfahrzeug-Markt auf — ins Leben gerufen vom Gersthofener Iveco-Vertragspartner und Nutzfahrzeugspezialisten Haller. Anfangs in der Umrüstbranche verortet, wandelte sich das Startup schnell zu einem Systemintegrator mit auch international rasant wachsenden Ambitionen. Immer häufiger wiederholte die Leitung, dass Quantron kein OEM werden wolle, sondern ein Plattform-Anbieter. Das Geschäftsmodell besteht also weniger aus der Produktion und dem Verkauf von E-Trucks, sondern auf dem Betrieb eines Ökosystems. Finanziert werden sollten die Aktivitäten unter anderem durch Mittel, die Quantron in einer B-Finanzierungsrunde einwerben wollte. Als Ziel gab das Unternehmen im vergangenen Jahr 100 bis 200 Millionen Euro aus.

Geplatzte Finanzierungsrunde

Genau das ist der Knackpunkt: Diese Finanzierungsrunde scheiterte, woraufhin Andreas Haller, der Gründer und Vorstandsvorsitzende der Quantron AG zum Jahreswechsel 2023/24 zusätzlich in die CEO-Rolle schlüpfte. Er übernahm die Führungsaufgabe „mit besonderem Fokus auf den erfolgreichen Abschluss der B-Runde“, so der O-Ton seinerzeit. Haller muss jedoch aktuell pausieren: Er erlitt nach eigener Aussage während der IAA einen schweren Herzinfarkt und erholt sich derzeit davon. „Sorry, aber mein Gesundheitszustand hat einen Grund – das war und ist mein unerbitteter Glaube und mein Kampf für die deutsche Wirtschaft und für nachhaltige Technologien, die auch in Deutschland eine große Zukunft haben und wir diese definitiv brauchen“, schrieb Haller auf Linkedin.

Gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“ berichtet Finanzchefin Reimann nun noch einmal ausführlicher von den Anstrengungen der vergangenen Jahre: „Wir hatten vor, 2023 mit strategischen Investoren eine Kapitalrunde zu realisieren, es kam aber nicht zu einem positiven Abschluss.“ Ein Grund: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hatten sich verschlechtert. Eigentümer und
„Freunde des Unternehmens“ sprangen zwar mit Krediten ein. Eine sich alsbald auftuende Lücke in der finanziellen Ausstattung des Unternehmens konnte aber auch das nicht verhindern.

An der Nachfrage direkt soll es nicht mangeln. Reimann spricht gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“ von einem „soliden Auftragsbestand“. Jedoch müssten die Order vorfinanziert werden. Teils sehe sich Quantron der Managerin zufolge deshalb gezwungen, Aufträge abzulehnen, da dies nicht mehr gelinge. Ein Beispiel: Der Ende 2022 an Land gezogene Rahmenvertrag über 500 schwere Brennstoffzellen-Lkw mit TMP Logistics ruht zurzeit. Ergo leidet der Umsatz. Reimann bestätigt daraus resultierende Außenstände – „auch gegenüber unseren Mitarbeitern“. Zurzeit beschäftigt Quantron noch rund 90 Beschäftigte. Zuletzt aber hatten einige führende Köpfe – etwa aus dem Marketing – Quantron verlassen.

Rettung durch Bestandsinvestoren?

Entlastung soll aber unmittelbar bevorstehen. Laut der Finanzchefin wollen die Bestandsinvestoren einen siebenstelligen Betrag einbringen. „In den nächsten Tagen kommt eine Kapitalerhöhung, mit der wir die Außenstände auch gegenüber unseren Mitarbeitern begleichen können.“ Der Betrag soll reichen, um über die Begleichung aller Außenstände hinaus wieder Bewegungsspielraum zu schaffen. „Wir sind zuversichtlich, das Thema zeitnah in den Griff zu bekommen“, so Reimann. Auch eine weitere Finanzierungsrunde mit neuen Investoren stellt sie in Aussicht.

Am Markt soll Quantron zurzeit rund 200 Fahrzeuge haben – darunter sowohl Batterie- als auch Brennstoffzellen-betriebene. Den Schritt in eine vollumfängliche Serienfertigung hat das Unternehmen aber in den fünf Jahren seiner Existenz nicht geschafft. Bisher sind zudem für alle Lkw beim TÜV Einzelabnahmen erforderlich, was die Kosten weiter in die Höhe treibt. Nicht zuletzt deshalb soll ein Kunde seine H2-Lkw-Bestellungen unlängst von Quantron auf Hyundai umgestellt haben, wie uns Branchenkreise berichteten.

Fakt ist: Das Geschäft mit Brennstoffzellen-Trucks ist kein Selbstläufer. Durch die fehlende KsNI-Förderung geht die TCO-Rechnung einfach nicht auf. Denn sowohl das Fahrzeug als auch der Energieträger Wasserstoff sind derzeit viel zu teuer, um gegen Batterie-Lkw oder eben den altbekannten Diesel anzukommen.

Quantron will sich davon aber nicht beirren lassen: Vom Konzept klimaneutraler Antriebe zeigt sich das Unternehmen nach wie vor fest überzeugt. Ob die Reise des Innovators aus Gersthofen weitergeht, hängt nun von den Geldgebern ab. Fließt kein frisches Geld, ist eine Insolvenz wohl unvermeidlich.

augsburg-journal.de, augsburger-allgemeine.de (Paywall)

3 Kommentare

zu „Klaffende Finanzlücke: Quantron ringt um frisches Geld“
Christian
25.10.2024 um 15:33
H2 Ist Champagner und das wird so bleiben. Schade das kluge Köpfe nicht in anderen zukunftsträchtigen Zweige arbeiten.In Endeffekt soll der LKW Verkehr ja eh auf die Schiene. Das Konzept LkW ist an sich zu hinterfragen
Josef
25.10.2024 um 20:26
Träum weiter. Die Schiene ist heute schon total überlastet. Es müssten zig Strecke neu gebaut werden...wird nicht passieren. Die Flexibilität eines LKW wird die Schiene ohnehin nie erreichen. Die derzeit 3,7 Mio LKW die nur in Deutschland zugelassen sind...die meisten sind eh irgendwo in der EU zugelassen...kann die Schiene nie und nimmer ersetzen. Es braucht Elektro LKW und davon möglichst viele, möglichst schnell.
Gruppen von Mitarbeitern von Quantron
27.10.2024 um 15:31
Bei Quantron stinkt einiges zum Himmel. Unerfüllbare Versprechen, widersprüchliche Unternehmensaussagen zur Mitarbeiteranzahl (mal "90", mal "200") und zum Gesamtabsatz (seit 2019 wird ein Gesamtabsatz von "rund 200 Fahrzeuge" kommuniziert. Die "Quantron - Fahrzeuge" sind in Wirklichkeit aus China importierte Fahrzeuge, bei denen das Logo des chinesischen Herstellers durch das Logo von Quantron ersetzt wurde. Investoren aus China und Russland.

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