Rechtsstreit um Autobahn-Lader: Autobahn GmbH im Vorteil gegenüber Fastned
Im Rechtsstreit um den Aufbau von Schnellladern an bewirtschafteten Raststätten in Deutschland hat der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), Manuel Campos Sánchez-Bordona, seine Schlussanträge vorgelegt. Darin reiht er wirtschaftsrechtliche Argumentationen aneinander, die in dem Statement münden, dass er nicht der Ansicht sei, dass die These von Fastned und der EU-Kommission „in der Sache richtig ist”. Anders ausgedrückt: Er sieht die Autobahn GmbH im Recht.
Worum geht’s? Vereinfacht ausgedrückt will sich Fastned nicht gefallen lassen, dass die Autobahn GmbH Aufträge für den Betrieb von Schnellladern auf Autobahnrastplätzen ohne Ausschreibung vergibt. Die GmbH beruft sich ihrerseits auf bestehende Konzessionsverträge, die in den 1990er Jahren das heutige Quasi-Monopol von Tank & Rast begründet haben. Der Streit wird seit 2022 vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf ausgetragen. Die Kläger: Tesla und Fastned. Aus den nun publizierten Schlussanträgen geht jedoch hervor, dass sich Tesla bereits am 5. Juli 2024 aus dem nationalen Rechtsverfahren zurückgezogen hat und daher auch nicht wie alle anderen Beteiligten am 9. Juli zu der seinerzeit anberaumten mündlichen Verhandlung erschienen ist. Auf electrive-Anfrage wollte sich das Unternehmen nicht zu den Gründen für den Rückzug äußern.
Folgen die Richter dem Generalanwalt?
Am EuGH wird der Fall nun behandelt, da das Oberlandesgericht Düsseldorf für sein eigenes Urteil eine Vorabentscheidung aus Luxemburg braucht. Dafür leiteten die Düsseldorfer im Sommer 2023 bestimmte Fragestellungen zur Zulässigkeit von Änderungen bestehender Konzessionsverträge zur Klärung an den Europäischen Gerichtshof weiter. Seitdem haben die dortigen Verantwortlichen schriftliche Erklärungen von Fastned, Tesla, der Autobahn GmbH, der deutschen Regierung und der Europäischen Kommission gesammelt und ein Jahr später die genannte mündlichen Verhandlung (da schon ohne Tesla) veranlasst. Mit den nun veröffentlichten Schlussanträgen von EuGH-Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona ist nun die nächste juristische Etappe erreicht. Ob sich die EuGH-Richter den Schlussanträgen des Generalanwalts anschließen, wird sich unterdessen noch zeigen. Dies ist aber oftmals der Fall.
Mit dem Urteil aus Luxemburg wird noch in diesem Herbst gerechnet. Anschließend muss das Oberlandesgericht Düsseldorf, wo das zugrundeliegende Verfahren verhandelt wird, auf Basis der EuGH-Entscheidung ein Urteil sprechen. Damit wird nicht vor dem Frühjahr 2025 gerechnet.
Hintergrund des komplexen Rechtsstreits ist, dass mehr als 90 Prozent der Autobahnraststätten in Deutschland von Konzessionär Tank & Rast betrieben werden. Die Verträge gehen bis zur Privatisierung der Raststätten im Jahr 1998 zurück. Im Fokus der juristischen Auseinandersetzung steht ein von der Autobahn GmbH vor zwei Jahren an Tank & Rast vergebener Auftrag zum Aufbau von Schnellladern an den Raststätten. Tesla und Fastned klagten, da die Autobahn GmbH kein förmliches Vergabeverfahren eingeleitet hatte und sie ihrerseits Ladeparks an der Autobahn errichten wollen.
Angesichts der fehlenden Rechtssicherheit ist der Ausbau von Schnellladern an bewirtschafteten Rastanlagen in Deutschland unterdessen zum Erliegen gekommen: Im März 2024 wurde bekannt, dass die Autobahn GmbH und Tank & Rast den weiteren Ausbau vorläufig eingefroren haben. Mit dem Stopp soll die Autobahn GmbH das Risiko einer teuren Rückabwicklung minimieren wollen – falls die seit 2022 aufgebauten Ladesäulen für illegal erklärt werden.
Das hat einige, teils kuriose Folgen. So hat die Autobahn GmbH alte Triple Charger, die am Ende ihrer Nutzungsdauer waren, mit neuen Alpitronic Hyperchargern HYC300 ersetzt. Damit diese unter die bisher geltenden Regelungen fallen, sind die 300-kW-Säulen auf 50 kW Ladeleistung limitiert. Und beim Startschuss für das initiale E-Lkw-Ladenetz spart der Bund selbst die bewirtschafteten Autobahn-Raststätten vorerst aus – und begnügt sich mit Lkw-Ladeparks an unbewirtschafteten Parkplätzen, bis die Sache rechtlich geklärt ist.
trans.info, eur-lex.europa.eu (Schlussanträge)
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