Umweltbonus-Bilanz: 10,2 Milliarden Euro für 2,2 Millionen E-Fahrzeuge

Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Bilanz zum Umweltbonus für Elektrofahrzeuge veröffentlicht. Zwischen 2016 und dem abrupten Ende 2023 hat der Bund die Anschaffung von E-Autos und Plug-in-Hybriden mit rund zehn Milliarden Euro unterstützt. Laut der Auswertung war die Förderung wirksam – aber teuer.

Bild: Volvo

Auf der Website des BMWK wurde eine offizielle Auswertung des Ende 2023 gestoppten Umweltbonus veröffentlicht. Der vom Wirtschaftsministerium beauftragte Evaluationsbericht wurde vom Fraunhofer ISI und der Beratungsfirma Technopolis erstellt. Vor der Diskussion um eine Neuauflage der E-Auto-Kaufprämie ist die Bilanz der früheren Förderung durchaus interessant.

Gehen wir direkt zu den Zahlen: Mit 1,4 Millionen Fahrzeugen haben mehr als die Hälfte der Gesamtzahl von 2,2 Millionen Autos einen Batterie-elektrischen Antrieb. Auf Brennstoffzellenautos entfielen 475 genehmigte Anträge zwischen 2016 und 2023, die restlichen 771.619 Fahrzeuge waren Plug-in-Hybride. Rechnet man bei diesen geförderten Fahrzeugen eine 15-jährige Nutzungsdauer hoch, werden 44 Millionen Tonnen CO2 eingespart. Der Bericht schränkt aber ein, dass der Klimanutzen sich nicht vollständig auf die Kaufprämie zurückführen lasse (gleich dazu mehr) und auch geringer ausfalle als erwartet.

Regional und sozial ungleich verteilt

Den Peak hatte der Umweltbonus 2022 mit etwas über 725.000 bewilligten Anträgen erreicht. 2023, als die Plug-in-Hybride bereits aus der Förderung gefallen waren und ab dem 1. September auch für gewerbliche Halter keine Anträge mehr möglich waren (und auch für Privatkunden nur bis Mitte Dezember) kamen noch 338.825 bewilligte Anträge hinzu. In Summe waren es 2.009.012 bewilligte und 57.579 abgelehnte Anträge – das ergibt im Schnitt eine Ablehnungsquote von 2,77 Prozent. In den Jahren 2016 bis 2019 lag die Quote jeweils im zweistelligen Bereich, 2022 waren es hingegen nur 1,31 Prozent.

46 Prozent der Bewilligungen entfielen auf Privatpersonen, 54 Prozent auf Unternehmen und Organisationen. Innerhalb der Unternehmensgruppe haben Kleinst- und Kleinunternehmen die größten Anteile ausgemacht – mit 48 bzw. 24 Prozent. Bei den privaten Haltern ergibt die für den Bericht ermittelte Sozialstruktur, dass 71 Prozent männlich waren – also vergleichbar zur Lage am Neuwagenmarkt. Das große Aber: In dem Bericht wird eine „deutliche Ungleichverteilung“ der Förderempfänger beim Einkommen festgehalten: Rund 30 Prozent lebten in Haushalten mit mehr als 6000 Euro netto pro Monat. Nur ein Fünftel der Geförderten lebte in Mehrfamilienhäusern. Und auch innerhalb der Bundesländer gibt es eine ungleiche Verteilung: In den ostdeutschen Bundesländern (inkl. Berlin), Bremen und dem Saarland sind im Schnitt weniger Fördergelder gelandet als gemessen am Bevölkerungsanteil zu erwarten wäre. Sprich: Die Förderung stand zwar auf dem Papier jedem offen, hat aber nicht sozial ausgeglichen gewirkt.

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Bild: Screenshot aus BMWK-Bericht

Das ist zum Teil auch mit dem Mitnahmeeffekt begründet: Für die Studie durchgeführte Umfragen ergaben, dass zwischen einem Drittel und der Hälfte der Empfänger der Prämie sich die Elektroautos auch ohne die staatliche Förderung gekauft hätten – zum Teil nur etwas später. Und da elektrische Neuwagen in der Vergangenheit oft noch deutlich teurer waren als ähnliche Verbrenner, konnten sich nur Haushalte mit höherem Einkommen diese Fahrzeuge leisten. Die Autoren halten aber fest, dass der Mitnahmeeffekt „geringer als bei ähnlichen Subventionen im internationalen Vergleich“ sei.

Interessant sind auch die Kosten: Ausgehend von den 44 Millionen Tonnen an eingespartem CO2 hat jede vermiedene Tonne 318,52 Euro aus dem Bundeshaushalt gekostet. Das ist deutlich mehr als die rund 65 Euro, die aktuell an der europäischen CO2-Börse für Energie- und Industrieunternehmen gezahlt werden müssen. Da das Umweltbundesamt jedoch mit 860 Euro an „gesellschaftlichen Kosten“ für eine Tonne CO2 rechnet, erscheint der Umweltbonus wieder als volkswirtschaftlich sinnvoll.

In einem Punkt hat der Bericht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck voll bestätigt: Zum abrupten Förderende 2023 hatte dieser von Gesamtkosten von etwa zehn Milliarden Euro für den Staat gesprochen. Die Aussage, dass das Förderprogramm „sehr erfolgreich“ war und „die Elektromobilität in Deutschland entscheidend vorangebracht“ habe, wird in dem Bericht aber relativiert.

bmwk.de (Bericht als PDF), spiegel.de

19 Kommentare

zu „Umweltbonus-Bilanz: 10,2 Milliarden Euro für 2,2 Millionen E-Fahrzeuge“
Martin Seiler
04.11.2024 um 11:04
Interessant wäre doch folgendes: was war der durchschnittliche Kaufpreis der geförderten Fahrzeuge nach Abzug der Förderung und wie verhält er sich zu den heutigen durchschnittlichen Kaufpreisen von E-Autos? Gesucht wird dabei die Differenz und ob diese das ganze Gejammere über die zurückgezogene Förderung rechtfertigt. Es könnte sich herausstellen, dass die Psychologie des Belohntwerdens eine größere Rolle spielt als die möglichen Einsparungen. Einen nicht geringen Teil der Förderung haben sich die Herstellerunternehmen in die eigene Tasche gekrallt, indem sie den Kaufpreis erhöht hatten. Für den vermuteten geringen finanziellen Effekt für den Käufer muss der Staat nicht noch extra in die Tasche greifen. Die Elektromobilität muss zur Normalität werden, da sind Kaufprämien eher hinderlich als nützlich, weil sie die Preise hoch halten. Der Staat muss an die Verteuerung des Verbrennerfahren heran, um wirksame Effekte zu erzielen. Das haben auch die Norweger so betrieben.
KBDCALLS
04.11.2024 um 11:10
Eventuell wäre es besser gewesen, man hätte die Förderung an Einkommen und Personenzahl eines Haushalts gekoppelt. Und nicht nach dem System Gießkanne. Aber da hätten das BAFA und das Finanzamt zusammenarbeiten müssen. Aber das geht ja gar nicht. Das wäre nach deren Logik ein Sakrileg gewesen.
Mike
04.11.2024 um 17:10
Oder man hätte es in öffentliche Ladeinfrastruktur, z.B. in Wohngebieten, gesteckt.
Lars
04.11.2024 um 11:26
Einfach nur zum Kopf schütteln, dass insgesamt ca. 800.000 Autos mit VERBRENNUNGSMOTOR mit zig Milliarden gefördert wurden. Wie soll man das der nächsten Generation erklären?
Markus
04.11.2024 um 11:42
10 Milliarden Förderung über mehrere Jahre sind teuer, den Dienstwägen jedes Jahr 14 Milliarden in den Rachen werfen aber nicht denn da lese ich nirgends was von heute auf morgen den Hahn abdrehen. Gut das wir über Prioritäten geredet haben...
Frank W.
04.11.2024 um 12:57
Komisch, dass das BMWK nicht auf "Stilllegungen" eingeht. Dataforce hat bspw. schon im Jahr 2022 von bis zu 40% E-Autos gesprochen, die nach drei Jahren wieder in Deutschland abgemeldet waren (2018 Zulassungen in 2021). Wie man dann für Deutschland die vollen Co2 Einsparungen veranschlagen kann... das entspricht doch einfach nicht dem Faktenstand. Man versucht offenkundig ein politisches Instrument schönzurechnen.
Frank W.
04.11.2024 um 17:54
Dem deutschen Steuerzahler kann es aber nicht egal sein, ob er für nationale Co2 Einsparungen 320€/t Co2 eq oder 500€/t Co2 eq zahlt. Wenn man sagt, alle Mittel sind recht, dann braucht man auch nationale Maßnahmen nicht evaluieren. ps Da Emissionen EU-weit im Verkehrssektor inzwischen über den EU ETS2 per cap-and-trade limitiert sind, ist es ferner zweifelhaft, ob selbst 320€/t Co2 eq vertretbar sind, bei einem derzeitigen Co2 Preis des EU ETS von 60€/t Co2 eq
Christian J.
04.11.2024 um 17:24
Dem Klima ist es egal, ob die CO2 Einsparungen in Deutschland oder woanders erfolgen.
Jonathan
04.11.2024 um 20:01
Ich lehne mich aus dem Fenster und behaupte, nach einer Runde auf dem Bafa-Karussel sind besonders viele der Export-Gebrauchtwagen in Ländern mit sauberem Strom gelandet. Damit konnten sie eine größere Wirkung gegen den Klimawandel entfalten als mit unserem (dank der Ampel immer sauberer werdenden) Strom.
Frank
05.11.2024 um 07:34
Ist überliefert, wieviele dieser Fahrzeuge seinerzeit direkt vom Hersteller an eine Konzern eigene Leasingfirma verkauft wurden um den eigenen Förderanteil zu ersparen und die staatliche Förderung zu erhalten und die dann als Dienstwagen über mini Leasingraten in gewerbliche Fuhrparks gedrückt wurden mit dem Anreiz der Steuerersparnis beim Geldwerten Vorteil und Greenwashing-Marketing der Kunden? Davon dürften nach Ablauf der Leasingverträge mittlerweile viele schon wieder stillgelegt sein, oder auf irgendwelchen Halden stehen. In den Markt gehen die nicht, zum einen kanibalisiert man den eigenen Neuwagenmarkt , zum anderen wäre der Abstand vom Neuwagen zum Gebrauchtwagenpreis bei Anrechnung der Ursprungsförderung viel zu gering ...und naja, die Fahrleistungen vieler EV der ersten Generation sind mittlerweile so attraktiv wie ein 10 Jahre altes I-phone.
BauRi
05.11.2024 um 07:56
Trotz der Förderung hat der Staat immer noch ein Mehrwertsteuer in der Höhe wie es in der der Schweiz üblich ist kassiert.
Matthias
05.11.2024 um 08:41
Völlig unberücksichtigt bleibt leider auch, dass dieses Förderinstrument auch den Effekt hatte, dass die Bruttolistenpreise der E-Autos hoch gehalten wurden, bzw. sogar gestiegen sind. Denn einerseits haben die Hersteller den Herstelleranteil auf den ursprünglichen Listenpreis drauf geschlagen und zweitens haben sie sich auch noch einen großen Teil der Innovationsprämie gesichert. Die Umweltprämie war eigentlich nur ne Quersubvention der Autoindustrie, die Endpreise für den Kunden wurden nicht signifikant gesenkt. Viele Kunden sind jedoch auch darauf rein gefallen und dachten sie kaufen ein E-Auto nun günstiger. Inzwischen sieht man, dass ohne Förderung die Preise auf einmal unter dem Niveau sind, wie damals mit Förderung.Das dümmste was man nun machen könnte ist, wieder eine Kaufprämie einzuführen. In Folge dessen würden erstmal die Rabatte wieder verschwinden. Die Kunden hätten nichts davon und das Steuergeld würde wieder direkt zu den Herstellern wandern.
Kurt K
05.11.2024 um 08:41
Autokonzerne hatten die Preise entsprechend hoch angesetzt. Das Geld ist verschwunden-wurde nicht zukunftsorientiert eingesetzt.Bitte nicht noch einmal.
Hartmut Rauen
05.11.2024 um 09:19
10 Mrd als Invest in die Erforschung neuer Produktionstechnologien wären zielführender gewesen. Zum Vergleich: An die Unternehmen des Maschinenbaus (1,2Mio Beschäftigte) gehen pro Jahr weniger als 0,2 Mrd Euro Forschungsgelder und von der Breite des MB ein wohl entsprechend kleinerer Teil "automotive-nah". Der Ausbau der Produkt- und Produtkionsforschung hätte zu mehr Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Wertschöpfungskette geführt. Kaufprämien im Handschuhfach , am Ende der Wertschöpfungskette , stellen die schlechteste aller Möglichkeiten dar. Souveränität gewinnen wir in unseren FuE Abteilungen, Prüfstand und im shop floor.
Dr. Erich Blöchinger
05.11.2024 um 09:24
Da wo die Förderung am meisten Sinn macht , beim Regionalverkehr , also bei den Leichtkraftfahrzeugen gab es nie eine Förderung , L6e (bis 45 km/h) und L7 e (bis 80 km/h) , stattdessen fahren die Jungen mit stinkenden Microcars rum . Weil besonders sinnvoll, gehören Leicht-KFZ vorrangig gefördert ! ! !
JÜRGEN HENTZE
05.11.2024 um 12:08
Eine nicht nachhaltige Steuergeldverschwendung. Die über 10 Mrd Euro wären im ÖFFI sinnvoller angelegt gewesen. Wenn überhaupt hätten die Subventionen für das BEV gegenfinanziert werde müssen, durch Umverteilung der Mehrwertsteuer. BEV Steuer runter beim Verbrenner rauf.
Gerhard Schlottmann
05.11.2024 um 12:21
Man vergisst beim Jammern über die E-Fzg. Förderung hierbei all zu schnell das wir den Spritpreis ALLE mit jährlich 8,9 Mrd. künstlich niedrig halten. Und wer jammert darüber? Mit dem einmaligen Jahreseinsatz könnte man Ladesäulen pflanzen bis der Arzt kommt.
Stefan
05.11.2024 um 13:45
Die Diesel-Subventionen sind hauptsächlich für LKW und Landwirte. Aber nicht beschweren, wenn dann die Lebensmittelpreise im Supermarkt steigen.
erFahrer
06.11.2024 um 07:36
Wie wirkungsvoll wäre es gewesen die Pendlerpauschale dafür deutlich hoch zu setzen. Geht es ums Klima, gilt es möglichst hohe Anteile abgasfrei zu fahren. Der „Einkaufswagen“ meist in der Garage nützt dabei nur wenig. Die aktuell relevante Förderung wäre dem Bidi-Laden die gesetzlichen Hürden aus dem Weg zu nehmen und Netzdienlichkeit dem Wert entsprechend zu vergüten, was auch an öffentlichen Ladern geht. Damit lässt sich unser Energiesystem deutlich verbessern auch wenn es dann in den Konzernkassen weniger klingelt.

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