Scania schaut sich nach Alternativen zu Northvolt um
Northvolt gilt als größte Hoffnung Europas, chinesischen Batterieriesen wie CATL etwas entgegenzusetzen. Doch das schwedische Unternehmen hat seit einiger Zeit massive Probleme: Die Produktion erreicht längst nicht die angestrebten Mengen, weshalb ein Milliardenauftrag von BMW geplatzt ist. Und auch die finanzielle Situation liegt im Argen, weshalb das Unternehmen aktuell auf eine „Rettungsfinanzierungsrunde“ über 300 Millionen Dollar hofft.
Eine der wenigen guten Nachrichten der letzten Wochen war da, dass der ebenfalls schwedische Lkw-Hersteller Scania all seine künftigen Elektrofahrzeuge mit Northvolt-Batterien ausstatten will. „Wir stellen jetzt um. In Zukunft werden alle unsere derzeit verkauften batteriebetriebenen Elektrofahrzeuge mit Northvolt-Zellen ausgestattet sein“, sagte Scania-Chef Christian Levin Ende Oktober.
Doch rund zwei Wochen später klingt das etwas anders. Levin sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: „Wir reden mit jedem, um sicherzustellen, dass wir keine Probleme bekommen, wenn Northvolt Probleme bekommt“. Levin lehnte es aber ab, die anderen Batteriezellenhersteller beim Namen zu nennen.
Levin bekräftigte den Wunsch von Scania, an Northvolt festzuhalten, das seiner Meinung nach „die einzige grüne Zelle in der Branche“ herstellt. „Wir unterstützen sie auf jede erdenkliche Weise“, sagte er. Immerhin hat Scania gemeinsam mit Northvolt eine spezielle E-Lkw-Batterie entwickelt.
Scania habe immer geplant, andere Zulieferer zu engagieren, da es in den kommenden Jahren mit einem Anstieg der Elektroautos rechne, fügte Levin im Reuters-Interview hinzu. Scania will 2030 jedes zweite Fahrzeug mit Elektroantrieb verkaufen, heute liegt der Anteil aber erst bei einem Prozent.
Scania ist Teil der Traton Group von Volkswagen. Volkswagen wiederum ist der größte Anteilseigner von Northvolt und besitzt laut Jahresbericht 21 Prozent des Unternehmens. Northvolt und Volkswagen schlossen im Jahr 2021 zudem einen Liefervertrag über 14 Milliarden Dollar für die nächsten 10 Jahre. Doch ob Northvolt diesen einhalten kann, bleibt unklar. Zuletzt soll die VW-Tochter Audi einen Auftrag an Northvolt zurückgezogen haben.
Angesichts seiner Probleme hatte Northvolt im September den Abbau von rund 1.600 Stellen in Schweden angekündigt. Außerdem hat Northvolt die Erweiterung der Zellfabrik in Skellefteå ausgesetzt.
Im März hatte Northvolt mit dem Bau einer Zellfabrik im norddeutschen Heide begonnen. Diese sollte ursprünglich bereits 2026 eröffnen, doch Northvolt überdenkt derzeit den Zeitplan. Für eine schnelle Umsetzung könnte helfen, dass das Land Schleswig-Holstein noch in diesem Jahr Fördermittel in Höhe von 137 Millionen Euro an Northvolt überweisen will. Später sollen 564 Millionen des Bundes folgen.
Die Probleme bei Northvolt sorgen auch für Unruhe im politischen Berlin. Die Bundesregierung steht „zu den Restrukturierungsarbeiten in Schweden im stetigen Austausch mit dem Unternehmen sowie der schwedischen Regierung. Die Aktivitäten der Bundesregierung und ihre Einbindung in die Gespräche dienen der Stabilisierung des weiteren Aufbaus der Zellfertigung von Northvolt in Deutschland sowie – als Voraussetzung – auch der Geschäftstätigkeit der Muttergesellschaft in Schweden“, schrieb Udo Philipp, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Ende Oktober als Antwort auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Tilman Kuban (CDU).
reuters.com, handelsblatt.com, manager-magazin.de (Fördermittel), bmwk.de (Staatssekretär)
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