Hamburg: Areal für autonomen Ridepooling-Testlauf steht fest
Im Zuge des ALIKE-Projekts soll kommendes Jahr ein System mit bis zu 20 autonomen E-Shuttles erprobt werden, die per App gebucht werden können und den Fahrgast direkt abholen und ans Ziel bringen. Zum Einsatz kommen werden dabei zwei Fahrzeugmodelle: Der Holon Mover und der VW ID.Buzz AD. Bei letztgenanntem Modell handelt es sich um einen mit umfangreicher Sensorik ausgerüsteten ID. Buzz im bekannten Format. Der Holon Mover ist deutlich größer und ähnelt eher einem Midibus. Getragen wird das Projekt von einem Konsortium aus sechs Partnern – im Einzelnen: die Hamburger Hochbahn, Moia, Holon, Volkswagen Nutzfahrzeuge, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Hamburger Behörde für Verkehr und Mobilitätswende.
Wie genau sich die Testphase gestalten wird, präzisieren die Projektteilnehmer nun in einer aktuellen Mitteilung. Demnach wird sich der Pilotbetrieb in einem rund 37 Quadratkilometer großen Gebiet im Zentrum Hamburgs abspielen – „um eine Vielzahl an Erfahrungen im realen Stadtverkehr zu sammeln“, wie es heißt. Das Gebiet biete die ideale Voraussetzung, um autonomes Fahren unter anspruchsvollen Bedingungen zu testen und gleichzeitig eine hohe Sichtbarkeit in der breiten Öffentlichkeit zu erreichen. Wichtig: Während der Straßentests sind die gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsfahrer und an Bord. Die Fahrzeuge können also im Fall der Fälle manuell gesteuert werden.
Startschuss erfolgt kommenden Sommer
Das Betriebsareal erstreckt sich konkret vom Stadtpark bis zur Elbe und vom Schlump bis nach Wandsbek. Mitte 2025 wird dort Moia den Volkswagen ID.Buzz AD in Betrieb nehmen, der bekanntlich auf Technik von Mobileye setzt. Dabei kommt jedoch zunächst eine Vorserienversion zum Einsatz. „Die spätere Serienversion wird über einen längeren Radstand, vier Sitzplätze und Stauraum für Handgepäck verfügen“, teilen die ALIKE-Initiatoren mit. Und: Auch die Holon-Fahrzeuge werden im kommenden Sommer ihre ersten Testfahrten in Hamburg aufnehmen.
Die Projektergebnisse sollen die Grundlage für eine künftige kommerzielle Bereitstellung und Skalierung von Ridepooling-Diensten schaffen. In der Hansestadt sind bereits Ride-Hailing-Fahrzeuge von Moia unterwegs, allerdings noch nicht autonom. In dem Projekt-Konsortium sollen Moia und die Hochbahn ihre Erfahrungen bündeln und das neue Angebot als Ergänzung des klassischen ÖPNV erarbeiten.
Das vom Bund mit insgesamt 26 Millionen Euro bezuschusste Projekt ist auf drei Jahre angelegt und in drei Hauptphasen gegliedert: In der Vorbereitungsphase erfolgte kürzlich die Projektfeinplanung sowie Softwareentwicklung. In der aktuellen Integrationsphase werden die Fahrzeuge mit der Betriebssoftware verknüpft. Zudem werden die Genehmigungen für Fahrzeuge und den Betriebsbereich eingeholt. Mit der Betriebsphase startet der autonome Ridepooling-Service dann wie gesagt 2025.
Laut Robert Henrich, Vorstandsvorsitzender Hamburger Hochbahn AG, liegen im autonomen Fahren große Chancen für den ÖPNV: „Im geplanten Betriebsgebiet leben mehr als 300.000 Menschen. Das Projekt wollen wir nutzen, um zu lernen, wo genau autonom fahrende Fahrzeuge den öffentlichen Nahverkehr verbessern und damit den Menschen eine noch bessere Alternative zum privaten Pkw bieten können.“
Moia-CEO Sascha Meyer ergänzt, dass sein Unternehmen im ALIKE-Projekt eine Doppelrolle übernehme. „Als erster Betreiber werden wir im kommenden Jahr den Erprobungsbetrieb mit dem ID. Buzz AD starten. Zusätzlich verknüpft unser Ridepooling-System die verschiedenen Bestandteile der Betreiber und Fahrzeuge und führt sie im Verlauf des Projektes in einem Gesamtangebot zusammen. Mit ALIKE übersetzen wir unser strategisches Ziel einer offenen Mobilitätsplattform für geteilte autonome Verkehre in die Realität.“
KIT übernimmt die Begleitforschung
Neben der technischen Umsetzung zielt das Projekt den Verantwortlichen zufolge auch darauf ab, die gesellschaftliche Akzeptanz des autonomen Fahrens zu untersuchen. Das KIT begleitet ALIKE daher wissenschaftlich und läutete dieser Tage die erste Phase der Begleitforschung ein. Diese umfasst eine repräsentative Umfrage, die Aufschluss darüber geben soll, wie die Öffentlichkeit auf autonome Verkehrsmittel reagiert und welche Bedürfnisse bei der weiteren Entwicklung berücksichtigt werden müssen.
Dr. Anjes Tjarks, Hamburgs Senator für Verkehr und Mobilitätswende, betont, dass Hamburg mit dem Betrieb autonomer Shuttles im Zentrum einen weiteren entscheidenden Schritt in Richtung Öffentlicher Nahverkehr der Zukunft gehe. Das autonome Ridepooling bezeichnet er als das fehlende Puzzlestück zwischen den klassischen Bussen und Bahnen sowie den individuellen Mobilitätsbedürfnissen der Menschen. „Mit ihm schaffen wir eine ganz neue Säule im ÖPNV und eine attraktive Alternative zum privaten Pkw.“ Und: „Passend zum sehr erfolgreichen Deutschland-Ticket sollen die autonomen Fahrzeuge künftig dazu beitragen, dass wir auch ein entsprechendes Deutschland-Angebot anbieten können. Es ist mein Ziel und gemeinsam arbeiten wir mit unseren Partnern daran, dass im kommenden Jahr erstmals in Europa Fahrzeuge autonom auf den Straßen einer Großstadt fahren werden. Hamburg ist hier als Modellregion für Mobilität nicht nur in Deutschland, sondern europaweit Vorreiter.“
Berlin könnte aber schnell nachrücken: Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) hatten im Frühjahr ein Memorandum of Understanding mit Moia unterzeichnet, um wie auch in Hamburg den VW ID. Buzz AD zu erproben.
moia.io, moia.io (Details zum Moia-Fahrzeug), golem.de, heise.de, hochbahn.de,
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