VW-Krise: IG Metall und Betriebsrat schlagen Gehaltsverzicht vor
Ob das Kalkül der Gewerkschaft und des Betriebsrats aufgeht, werden die anstehenden Verhandlungen zeigen. Denn das sogenannte „Zukunftskonzept“ sieht nicht nur den erwähnten Gehaltsverzicht vor, sondern einen Zukunftsfonds: Die nächste Tariferhöhung solle befristet als Arbeitszeit in den Fonds eingebracht und nicht ausbezahlt werden. So sollen „flexible Arbeitszeitkürzungen ohne Personalabbau“ möglich werden. Als Vorbild gilt der jüngste Pilotabschluss für die Metall- und Elektroindustrie, der eine Erhöhung um insgesamt 5,1 Prozent in zwei Stufen bis 2026 vorsieht.
Im Gegenzug soll die vom Management im September gekündigte Beschäftigungssicherung wieder in Kraft gesetzt werden, so die Forderung. Und das nicht nur für die sechs westdeutschen Werke, sondern auch für die drei Fabriken in Sachsen. Damit wären betriebsbedingte Kündigungen wieder ausgeschlossen.
IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger rechnet vor, dass das Zukunftskonzept rund 1,5 Milliarden Euro Einsparungen bei den Arbeitskosten bringen soll. „1,5 Milliarden Euro, die wir auf den Verhandlungstisch legen“, wird Gröger zitiert. Die Gewerkschaft will mit dem vorab veröffentlichten Angebot nun den Druck auf das VW-Management erhöhen. VW hatte im September nicht nur die Beschäftigungssicherung aufgekündigt, sondern auch in Summe drei deutsche Standorte angezählt – ohne aber Namen zu nennen. Bei drei Standorten ist aber klar, dass auch die zukunftsträchtige eMobility-Produktion (Autos oder Komponenten) betroffen sein wird.
VW will Vorschläge „finanziell bewerten“
Unklar ist, ob der Konzern auf das Angebot eingehen wird. Denn im Kern handelt es sich immer noch um eine Tariferhöhung, auch wenn sie nicht ausbezahlt, sondern anders genutzt wird. Bisher hatte der Vorstand Milliarden-Einsparungen und Werksschließungen gefordert – eine (versteckte) Tariferhöhung zu akzeptieren, passt da nicht ganz ins Bild.
Das Unternehmen reagierte zunächst zurückhaltend und will die Vorschläge lieber in den Tarifverhandlungen intern diskutieren. „Für die Volkswagen AG steht unverändert die nachhaltige Erreichung des finanziellen Ziels und damit die Wettbewerbsfähigkeit im Mittelpunkt“, sagt Personalvorstand Gunnar Kilian. „Zunächst begrüßen wir es, dass die Mitbestimmung Offenheit für Maßnahmen bei Arbeitskosten und Kapazitätsanpassungen signalisiert.“ Die konkreten Vorschläge müsse man finanziell bewerten und bei der Tarifrunde detailliert diskutiert werden. „Der eingebrachte Vorschlag muss sich daran messen lassen, ob er konkrete und nachhaltige Lösungen bietet, die sowohl die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens sichert als auch die Zukunft der Belegschaft glaubhaft schützt“, so Kilian.
Die IG Metall und der Betriebsrat scheinen eine – womöglich abgestimmte – leicht abweichende Kommunikationsstrategie zu fahren. Denn während Gewerkschafter Gröger den Druck hoch hält („Sollte der Vorstand auf Maximalpositionen und Werksschließungen beharren, übernimmt er die Verantwortung dafür, dass wir in einen Arbeitskampf um Standorte laufen, wie ihn die Republik noch nicht erlebt hat“), hat sich VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo in dieser Woche etwas gemäßigter geäußert. Noch im September hatte auch Cavallo von einer „Bankrotterklärung“ des Vorstands gesprochen und dass VW „eben genau nicht an seinen deutschen Standorten und an den deutschen Personalkosten“ krankt, sondern weil der Vorstand seinen Job nicht mache.
„Weil nachhaltige Lösungen hermüssen, gehen wir nun in die Offensive und legen ein Lösungskonzept vor“, sagt Cavallo nun und bezeichnete das Konzept als „Masterplan“, der die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens dauerhaft sicherstelle. Und: Einem Personalabbau verschließe man sich dabei nicht grundsätzlich. Er müsse aber sozialverträglich erfolgen. Eine Spitze hatte die Arbeitnehmervertreterin dann aber doch noch parat: Das Management solle auf Boni verzichten und diese stattdessen in den Zukunftsfonds einbringen.
Die sogenannte Friedensfrist im Tarifstreit läuft Ende November aus. Gibt es bis dahin keine Einigung (was derzeit als unwahrscheinlich gilt), sind ab dem 1. Dezember Streiks bei Volkswagen möglich.
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