Labour macht Druck: Verbrenner-Verbot im UK soll wieder ab 2030 gelten

Schon bei ihrem Antritt im Sommer ließ die britische Labour-Regierung von Premier Starmer durchblicken, das Verkaufsverbot für Neuwagen mit Verbrennungsmotoren in Großbritannien wieder von 2035 auf das ursprünglich vorgesehene Jahr 2030 vorzuziehen. Nun manifestiert sich dieser Plan.

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Das geht aus Medienberichten zu einem Runden Tisch hervor, zu der sich britische Kabinettsmitglieder dieser Tage mit Vertretern der Automobil- und Ladeinfrastruktur-Industrie zusammengesetzt haben. Als Gastgeber fungierten Verkehrsministerin Louise Haigh und Wirtschaftsminister Jonathan Reynolds. Hauptthema sollen „die Abschaffung von neuen Benzin- und Dieselfahrzeugen und das ZEV-Mandat“ gewesen sein, wie es unter anderem auf dem Portal Green Fleet heißt. Das so genannte ZEV-Mandat („Zero Emission Vehicle“) besagt, dass dieses Jahr lokal emissionsfreie Autos mindestens 22 Prozent des Gesamtabsatzes eines Herstellers ausmachen müssen. Für Kleintransporter sind es zehn Prozent. Die Quote steigt bis 2030 sukzessive auf 80 Prozent für neue Pkw und 70 Prozent für neue Transporter. Bis 2035 müssen nach aktuellem Stand alle verkauften Neufahrzeuge elektrisch sein. Die Labour-Regierung will diesen Plan nun stauchen und schon 2030 bei 100 Prozent angelangen.

Als Teilnehmer an dem Treffen werden wirtschaftsseitig die Society of Motor Manufacturers & Traders (SMMT), Tesla, Nissan, Ford, Volkswagen, Stellantis, BMW, Toyota, ChargeUK und BVRLA genannt. Die Regierung soll in dieser Runde ihre Pläne zum Vorziehen des Ausstiegsdatums bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der ZEV-Mandate bekräftigt haben. Das Kabinett wolle die Umsetzung der Antriebswende dabei so angehen, dass diese das britische Wirtschaftswachstum unterstützt, wird aus dem Treffen zitiert. Zu diesem Zweck wolle die Regierung „zu gegebener Zeit weitere Einzelheiten darlegen und eine Konsultation darüber einleiten, wie das neue Ausstiegsdatum für Pkw und Transporter aussehen soll“.

Autohersteller in Sorge

Das Treffen kam wohl zustande, nachdem einige Autohersteller ihre Bedenken geäußert hatten, dass das ZEV-Mandat der Branche ohne die richtigen Anreize schaden könnte. Denn die OEMs müssen mit Strafen rechnen, wenn sie die Zielschwellen nicht erreichen. Auf dem Treffen dürfte es also auch darum gegangen sein, wie sich die Förderpolitik in diesem Bereich entwickeln muss.

Laut übereinstimmenden Medienberichten äußerte im Nachgang des Runden Tischs ein Regierungssprecher, dass die Teilnehmer die Transformation zu Elektrofahrzeugen erörtert hätten. Und: „Die Minister unterstreichen das Engagement der Regierung, mit der Branche unter Einbeziehung der globalen Herausforderungen, mit denen diese konfrontiert ist, konstruktiv und in enger Partnerschaft zusammenzuarbeiten, um den Übergang zu Elektrofahrzeugen bis 2030 zu unterstützen.“

Der Sprecher betonte ferner, dass der britische Automobilsektor aktuell das schnellste Wachstum von emissionsfreien Fahrzeugen aller großen europäischen Märkte habe und die Regierung mehr als 2,3 Milliarden Pfund zur Verfügung stelle, um die Industrie und die Verbraucher bei der Umstellung zu unterstützen.

Die Society of Motor Manufacturers & Traders (SMMT), eine Interessenvertretung der britischen Automobilindustrie, bewertet das Treffen im Nachgang als wichtige Gelegenheit, das Engagement der britischen Automobilindustrie für Wirtschaftswachstum und Netto-Nullwachstum zu bekräftigen. Das geht unter anderem aus einem Bericht von Fleet News hervor, in dem auch SMMT-Chef Mike Hawes zitiert wird. Demnach nutzten die Branchenvertreter aber auch die Möglichkeit, ihre Besorgnis über das Tempo der Umstellung sowie die negativen Auswirkungen auf den Gesamtmarkt und die Attraktivität des Vereinigten Königreichs als Produktionsstandort deutlich zu machen.

Forderung nach „praktikabler Regulierung“

„Ein starker Markt und eine starke Produktionsbasis, die Arbeitsplätze erhalten und das Wachstum ankurbeln, erfordern eine praktikable Regulierung, die durch steuerliche Anreize und das Vertrauen, dass das Ladenetz vorhanden ist, wenn es gebraucht wird, unterstützt wird“, wird Hawes zitiert. „Wir werden jetzt unter Hochdruck mit der Regierung zusammenarbeiten, um alle notwendigen Anpassungen zu identifizieren, die der Industrie und der Regierung helfen, ihre Ziele zu erreichen und den Verbrauchern und anderen Interessengruppen, die alle Teil dieses Übergangs sind, Vertrauen einzuflößen.“

Vertrauen zu schaffen ist bei dem Zickzack-Kurs in Großbritannien auch angezeigt: Im Jahr 2020 war es die Regierung unter Boris Johnson, die das Ziel beschloss, bereits ab 2030 keine Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zuzulassen. Im vergangenen September verschob der ehemalige britische Premierminister Rishi Sunak (Tories) das geplante Datum für den Ausstieg dann von 2030 auf 2035 und begründete dies mit den hohen Kosten für Familien und kleine Unternehmen. Nur wenige Tage später kündigte die Regierung jedoch an, dass sie an dem zuvor festgelegten ZEV-Mandat („Zero Emission Vehicle“) festhalten wolle. Nun zeichnet sich also die neuerliche Kehrtwende ab. Wenig überraschend, denn die Labour-Partei hatte bereits während des Wahlkampfs angekündigt, dass sie im Fall eines Sieges die ursprüngliche Frist bis 2030 wiederherstellen würde. 

fleetnews.co.uk, greenfleet.net

6 Kommentare

zu „Labour macht Druck: Verbrenner-Verbot im UK soll wieder ab 2030 gelten“
Gregor
21.11.2024 um 14:41
Wenn Wählerinnen und Wähler ihr Land und ihre Wirtschaft zu Grunde richten. nix ist schlimmer als ein Hin und Her bei solchen grundlegenden Themen.Aber dann kommen die konservativen Leute aus ihren Löchern, schreien das Veränderung doof ist und schon wird versucht, mit einer Rolle Rückwärts das ganze zu besänftigen.Ich würde mal behaupten, das UK (wie auch andere kluge Länder) ihre massive Abhängigkeit von Öl reduzieren wollen. Man stelle sich mal vor, eine Mobilität würde mit Binnenressourcen gleichwertig leistungsfähig sein, wie mit dem Verbrennen von Öl... das ist ein massives Plus für eine Nation.
Teslajoe
22.11.2024 um 07:51
2030 finde ich gut. Es gibt heute schon genügend Auswahl an bezahlbaren E Autos. Die Technik schreitet immer schneller voran. UK ist nicht in der EU könnte also günstige Chinaimporte zulassen. UK ist auf dem Arbeitsmarkt nicht so abhängig von der Autoindustrie, wie Deutschland. Also go on! Nach Norwegen kommt UK ...warum nicht
Christian Vana
22.11.2024 um 09:46
Ist der Entwicklungsstand und die Alltagstauglichkeit der Elektrofahrzeuge wirklich so miserabel, daß die Lobbyisten nach solchen Verboten schreien müssen, weil sie die direkte Konkurrenz fürchten?
Manfred Stummer
22.11.2024 um 11:02
NEIN Christian, es liegt nicht an der Qualität oder an der Alltagstauglichkeit der BEV (ich fahre seit 8 Jahren BEV), es liegt einzig und allein an an der seit etwa 10 Jahren anhaltenden Desinformation, gesteuert in erster Linie von der Fossillobby und deren ungehinderte Einflussnahme in die Politik. Demnächst werden wir wohl die ersten rechtlichen Schritte dagegen erleben.
Antoine
22.11.2024 um 11:55
Habe mir erst letzte Woche nochmal einen günstigen, gebrauchten Verbrenner gekauft, einfach weil dieser in meiner aktuellen Lebenssituation mehr Sinn ergibt. Allerdings ganz bewusst für sehr kleines Geld, da mein nächstes Fahrzeug mit großer Wahrscheinlichkeit ein BEV wird und ich jetzt keine 15 Jahre noch einen nagelneuen Benziner fahren will, den ich dann für 3,20€ den Liter Super betanken will.Fände 2030 auch für uns völlig okay. Bis dahin ist die Technik und die LIS noch ein gutes Stück weiterentwickelt und ausgebaut und die ganzen Kleinigkeiten dich mich aktuell noch ein wenig nerven sind völlig ausgemerzt.
Josef
22.11.2024 um 14:33
Alle reden immer von steigenden Benzinpreisen...ja, es wird der CO2 Preis angehoben und auf dem Liter umgerechnet...ABER...mit jedem eAuto sinkt die Nachfrage nach Benzin. Die gerade mal ca 2 Mio eAutos momentan sorgen dafür dass die Nachfrage nach Benzin um ca 2 Milliarden Liter (bei 8l/100km Verbrauch und 15k km/Jahr) sinkt. Wenn wir 15 Mio eAutos haben...irgendwann...dann entsprechend...15Milliarden Liter weniger Nachfrage. Und was passiert wenn die Nachfrage sinkt und ein Überangebot am Markt eines x-beliebigen Produktes ist?...Genau, der Preis fällt stark, da sie Benzin nicht mehr los bekommen. Ich denke nicht, dass der Preis von Benzin so immens steigen wird, wie es eAuto Befürworter meinen...auch wenn ich selbst auch denke, dass sich das eAuto mittelfristig durchsetzen wird.

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