Northvolt tauscht Werksleiter seiner Batteriefabrik aus
Northvolt Ett im nordschwedischen Skellefteå produziert offiziell seit Ende 2021 Batteriezellen, hat aber seitdem enorme Probleme bei der Skalierung der Produktion. Zum einen erfüllen viele Zellen die Qualitätsstandards nicht, zum anderen sind die Stückzahlen selbst nach fast drei Jahren zu gering. In diesem Herbst kursierte ein Produktionsziel von 51.000 Zellen pro Woche, das Northvolt Ett aber nur in einer einzigen Woche zwischen Ende September und Anfang November erreicht habe. Ein Sprecher bezeichnete dieses Ziel zwar als „veraltet“, nannte aber keine neue Zahl.
Mit Paul O’Donnell hat Northvolt jetzt einen neuen Leiter für die Fabrik gefunden – dessen Vorgänger Mark Duchesne war im Oktober zurückgetreten. „Paul hat sowohl in seiner beruflichen Laufbahn bei der Blackstone Group als auch danach in seiner Funktion als Direktor mehrerer Unternehmen bedeutende Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt“, wird ein Unternehmenssprecher zitiert. O’Donnell soll in dieser Funktion auch in den Vorstand einziehen. Es sei sinnvoll, den Vorstand um eine Person zu erweitern, die über umfangreiche Erfahrung in der Restrukturierung verfügt, um das Unternehmen durch diese schwierige Phase zu leiten.
Die zu geringen Stückzahlen drücken nicht nur auf den Umsatz, die ständigen Anpassungen kosten auch eine Menge Geld. Dazu kommt, dass Großkunde und Anteilseigner BMW im Sommer einen Auftrag im Milliarden-Wert storniert hat. Die Münchner hätten die prismatischen Zellen aus Northvolt Ett jetzt für die aktuellen Elektromodelle benötigt. Mit der Neuen Klasse steigt BMW bekanntlich auf großvolumige Rundzellen um – prismatische Zellen werden bei BMW in Zukunft also nicht mehr benötigt.
Der stornierte BMW-Auftrag hatte die Probleme bei Northvolt öffentlich gemacht. Die Kombination aus wegbrechenden Aufträgen und den kapitalintensiven Problemen beim Skalieren der Produktion hat das Unternehmen in eine schwierige Finanzlage gebracht.
In der Folge hatte das Unternehmen jene „strategischen Überprüfung“ angestoßen, Sparmaßnahmen verkündet und den Vorstand umgebaut. Inzwischen scheinen die Zweifel innerhalb der Branche aber zu wachsen: die Traton-Marke Scania, die all ihre Batteriezellen für E-Lkw von Northvolt beziehen wollte, schaut sich Berichten zufolge bereits nach alternativen Lieferanten um.
Vor einigen Tagen wurde über Insiderberichte bekannt, dass Northvolt sogar ein Gläubigerschutz-Verfahren nach Chapter 11 des US-Insolvenzrechts erwägt. Dieser Schritt – grob vergleichbar mit einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung nach deutschem Recht – würde das angeschlagene Unternehmen einen Zeitlang vor seinen Gläubigern schützen und soll die Sanierung bzw. den finanziellen Neustart erleichtern.
Für diesen Neustart braucht Northvolt jedoch frisches Kapital – die Rede ist von einer Finanzspritze über etwa 300 Millionen Dollar. Die Verhandlungen ziehen sich aber seit Wochen hin. Dabei geht es offenbar um ein Konsortium aus Banken und bestehenden Investoren (die US-Großbank Goldman Sachs ist bereits heute an Northvolt beteiligt). Die schwedische Regierung will hingegen nicht bei dem Unternehmen einsteigen. Auch die Assemblé Nationale de Québec, die sich im Zuge der Kanada-Fabrik von Northvolt an dem Unternehmen beteiligt hatte, will offenbar keine weiteren Gelder nachschießen.
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