Renault Trucks bereitet E-Lkw mit 600 km Reichweite vor

Renault Trucks kündigt für 2026 offiziell eine neue Version des E-Tech T mit bis zu 600 Kilometer Reichweite an. Konzernschwester Volvo Trucks will einen elektrischen Fernstrecken-Lkw mit ähnlicher Reichweite bereits 2025 vorstellen. Zu den technischen Daten schweigen sich die verwandten Marken aber weiter aus.

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Bild: Renault Trucks

Nach Volvo Trucks macht nun auch Renault Trucks seine Ambitionen im strombetriebenen Fernverkehr konkret. In der zweiten Jahreshälfte 2025 wollen die Franzosen die Bestellbücher für einen XXL-Stromer mit 600 Kilometern Reichweite öffnen. Also leicht zeitversetzt zu Volvo Trucks. Die Schweden erhalten beim Marktstart den Vortritt.

Überraschend kommt die Ankündigung nicht: electrive hatte bereits im Juli bei einem Termin von Renault Trucks (sowohl Volvo Trucks als auch Renault Trucks gehören zur Volvo Group) aufgeschnappt, dass ein E-Lkw mit 600 Kilometern Reichweite in der Mache ist. Der Langstrecken-Truck wird also höchstwahrscheinlich mit ähnlichem Technik-Paket unter den Flaggen beider Konzernschwestern an den Start gehen. So wie es sich aktuell darstellt, erst in der zweiten Jahreshälfte 2025 bei Volvo und 2026 dann bei Renault Trucks. Die Produktion der neuen Langstrecken-Version wird bei den Franzosen das Werk Bourg-en-Bresse übernehmen.

Renault Trucks bleibt bei seiner jetzigen Ankündigung ansonsten eher allgemein. Die Rede ist von einer „erweiterten Version des Renault Trucks E-Tech T“, wobei dieser die bestehenden Lösungen ergänzen und nicht ersetzen soll. Die höhere Reichweite wird laut dem Hersteller durch eine neue E-Achse ermöglicht, in die sämtliche Elemente des Antriebsstrangs einschließlich Elektromotoren und Getriebe am Heck des Fahrzeugs integriert werden. „Dadurch entsteht zusätzlicher Raum zwischen den Längsträgern für weitere Batteriepacks. Der erweiterte Renault Trucks E-Tech T erreicht eine beeindruckende Reichweite von 600 km pro Ladung“, heißt es weiter. Die aktuelle Version des E-Tech T kommt in seiner Maximalausstattung auf 540 kWh Batteriekapazität.

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Bild: Renault Trucks

Neben der 600-Kilometer-Angabe, die sich explizit aufeine Akkuladung bezieht (MAN nennt beispielsweise auch gern eine „Tagesreichweite“ von 800 Kilometern für den eTruck, die aber eine Ladepause beinhaltet), bleibt Renault sehr vage. Von Konzernschwester Volvo wissen wir aber, dass neben der E-Achse auch „effizientere Akkus, ein verbessertes Batteriemanagementsystem und eine erhöhte Gesamteffizienz des Antriebsstrangs“ zum Gesamtergebnis beitragen sollen. Im Zuge unseres Besuchs bei Renault Trucks in Lyon im Sommer fiel zudem die Bemerkung, dass der neue Langstrecken-Truck wohl mit acht (statt aktuell maximal sechs) Batteriepacks ausgestattet wird und so auf rund 800 kWh Energiegehalt kommen soll.

„Die Einführung des neuen Renault Trucks E-Tech T wird den Übergang zur Elektromobilität unterstützen“, sagt Emmanuel Duperray, Senior Vice President Electromobility bei Renault Trucks. „Wir glauben, dass eine Reichweite von 600 km mit einer einzigen Ladung, kombiniert mit dem Ausbau öffentlicher Ladeinfrastrukturnetze bis 2026 – insbesondere durch unser Joint Venture Milence – uns in die Lage versetzt, die betriebliche Parität mit der Dieseltechnologie zu erreichen, die unsere Kunden erwarten.“

Wichtig ist Renault Trucks jedoch zu betonen, dass Kunden weiterhin eine breite Palette von Reichweiten, Konfigurationen und Ausstattungen vorfinden. „Wir wollen kein Rennen um die Reichweite mit einer Ladung führen“, betont Duperray. „Überdimensionierte Batterien beeinträchtigen die Nutzlast, erhöhen die Gesamtkosten und vergrößern den ökologischen Fußabdruck. Fakt ist auch, ein Elektro-Lkw ist teurer als ein Verbrenner-Fahrzeug. Wir müssen die CO2-arme Logistik überdenken, inklusive der Transportmuster, um die Nutzung der Transportfahrzeuge zu optimieren und die Kosten pro Kilometer zu senken.“

Die Franzosen wollen Kunden ergo umfangreich beraten, um die Größe der Batterien an deren tatsächlichen Bedarf anzupassen. Bereits das aktuelle Serienmodell des Typs E-Tech T komme auf eine tägliche Fahrleistung von über 700 Kilometern, vergegenwärtigt das Unternehmen. Darin ist freilich eine Ladepause enthalten.

Und die Konkurrenz? Daimler Truck hat mit dem elektrischen Fernverkehrs-Lkw eActros 600, der Ende vergangenen Woche in die Produktion gegangen ist, vorgelegt. Traton-Tochter MAN, Iveco und DAF wollen mit ihren Modellen eTruck, S-eWay und XF künftig ebenfalls in diesem Bereich nach Kunden fischen. Volvo Trucks und Renault Trucks sind etwas später dran, preschen aber beim Reichweiten-Versprechen vor: Während der Mercedes-Benz eActros 600, der Iveco S-eWay und der DAF XF rund 500 Kilometer und der MAN eTruck etwa 400 Kilometer am Stück schaffen soll, stellen die Schweden und die Franzosen bis zu 600 Kilometer in Aussicht. Ob das konservativ oder optimistisch kalkuliert ist, wird sich zeigen.

renault-trucks.com

4 Kommentare

zu „Renault Trucks bereitet E-Lkw mit 600 km Reichweite vor“
Michael
25.11.2024 um 20:14
Der Elektrotrucker hat ja schon die Vor - und Nachteile bestimmter Konstruktionen dargelegt. Da kann man sich ja orientieren.
Herbert Wertig
26.11.2024 um 09:48
Volvo und Renault bauen dann also auch mit E-Achse und nicht mehr mit Motor vorne - kompliziertem Getriebe - Kardanwelle - Antriebsachse. Es geht voran.
Harald
27.11.2024 um 00:37
Der Ausbau der Schnellladestationen geht den Herstellern entschieden zu schleppend voran. Ein großes Problem in dieser Übergangszeit von Verbrenner zu batterie-elektrisch ist sicher eine gewisse kundenseitige Unsicherheit, die durchaus zu temporären Verkaufseinbrüchen führen kann, gerade in den nächsten Jahren. Die Batterietechnik hat eben ihre recht engen Grenzen, man kann daher das System verbessern, aber nicht perfekt machen. Darüber hinaus spielt das zusätzliche Gewicht eine Rolle, nicht nur bez. Maximalzuladung, sondern auch das Benötigen von höherwertigen, weil belastungsfähigeren Materialien, resultierend in höherem Preis. Es wird also nur mit einem engmaschigen Netz von Schnellladestationen im MW-Bereich gehen, so dass ein LKW-Akkupack in ca. 30 Min vollgeladen werden kann. Beides ist in einiger Ferne, es geht ja auch um "smart grid", um genügend verfügbare Netzkapazität. Daher glaube ich, dass die begonnenen Tests mit "Schnellverschluss-Akkus" und Wechselstationen trotz großer logistischer Herausforderung rasch stark ausgeweitet werden. Man stelle sich die Fahrt eines E-LKWs nach Südspanien vor, um Gemüse zu laden. Die Fahrer*innen brauchen ja auch ein gewisses verlässliches Sicherheitsgefühl bez. Akku-Laden bzw. -Tausch. Ansonsten hätte man ja ständig das worst-case-Szenario des Liegenbleibens im Kopf.
Herbert Wertig
27.11.2024 um 10:06
Hier ein reales Beispiel, wie man heute mit einem BEV nach Südspanien fährt: https://www.youtube.com/watch?v=7j0-_CYwOEEDie Unterschiede zu Deutschland waren:in Frankreich ist der Strom wesentlich billiger in Spanien ist sehr viel Platz bei den Ladestationen.Sonst war es kein Problem. Mit einem LKW mit 500 km Reichweite und ganz normal CCS-Laden bis 350 kW. Auch in Spanien gelten nämlich gesetzliche Mindestpausen für Fahrer in denen man nebenher nachladen kann.

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