Wie sich die Tektonik der Nissan-Renault-Allianz verschiebt
Das berichtet die „Financial Times“ unter Berufung auf eingeweihte Personen. Demnach soll Nissan „einen langfristigen, stabilen Aktionär wie eine Bank oder eine Versicherungsgruppe suchen, der einen Teil der Renault-Beteiligung ersetzt“. Als Option gilt zudem eine stärkere Bande zu Honda. Renault soll auch bereits signalisiert haben, für den Verkauf seiner Nissan-Anteile an Honda offen zu sein.
Doch der Reihe nach: Nissan kündigte erst Anfang des Monats in seinem Geschäftsbericht an, einen radikalen Sparkurs einzuleiten. Die weltweiten Produktionskapazitäten wollen die Japaner um 20 Prozent reduzieren und 9.000 Stellen abbauen. Nissan deutete zudem an, mittelfristig verstärkt auf Hybride setzen zu wollen. Sehr deutlich machte Nissan in dem Geschäftsreport, dass sich der Konzern in einer „schwierigen Lage“ befindet und dringend schlanker und widerstandsfähiger werden muss, um sich schnell an die Veränderungen des Marktes anzupassen. Dazu will Nissan auch Hand an die Tektonik seiner Unternehmensallianzen legen. Konkret kündigte das Unternehmen an, seine Beteiligung an Mitsubishi zu senken (von 34 auf 24 Prozent).
Vonseiten Renaults soll es nun weitere Veränderungen geben: Der französische Konzern soll seine Beteiligung an Nissan reduzieren wollen – in welchem Umfang ist nicht bekannt. Die enge Allianz zwischen Renault und Nissan besteht seit 1999, als die Franzosen die Japaner mit ihrem Einstieg vor dem Bankrott retteten. Lange hielt Renault 43 Prozent an Nissan – und Nissan 15 Prozent an dem französischen Konzern. Anfang 2023 lockerten beide Seiten ihr Bündnis etwas. Renault reduzierte bereits damals auf knapp 36 Prozent Beteiligung, Nissan stieg mit einer Minderheitsbeteiligung bei Ampere ein, der eigenständigen Elektroauto-Sparte der Renault Group.
Seit dieser Lockerung kooperieren beide Seiten auch mit neuen Partnern, Renault etwa mit Geely. Nissan lotet seit diesem Jahr unter anderem ein Bündnis mit Honda und Mitsubishi im Bereich softwaredefinierte E-Fahrzeuge aus. Hauptbereiche der vertieften Zusammenarbeit sollen unter anderem Batterien und E-Achsen werden. Interessant: Dadurch wird der japanische Markt quasi in zwei große Blöcke unterteilt – mit Toyota auf der einen und der Honda-Nissan-Mitsubishi-Allianz auf der anderen Seite. Das aber nur am Rande.
Laut der „Financial Times“ könnte es durch den mutmaßlichen Teil-Rückzug von Renault bald auch zu einer Kapitalverflechtung mit Honda kommen, obwohl beide Seiten diese Option seit Monaten „heruntergespielt haben“, wie es in dem Bericht heißt. Nissan schließe nun aber nicht mehr aus, dass Honda einen Teil seiner Aktien kaufe, wobei „alle Optionen“ in Betracht gezogen würden, da das Unternehmen aufgrund der rückläufigen Verkäufe in China und in den USA eine Reihe von Umstrukturierungsmaßnahmen einleite, wird ein Insider zitiert. Und: „Wir haben 12 oder 14 Monate Zeit, um zu überleben.“
Bereits im Frühjahr hatte Nissan angekündigt, umsteuern zu wollen – seinerzeit allerdings noch weniger radikal als es die vor zwei Wochen verkündeten Einschnitte bei Jobs und Produktion nun nahelegen. Im Strategieplan „The Arc“ hielt der Hersteller fest, bis 2030 Kostenparität zwischen E-Autos und Verbrennern erreichen und den Absatz von Stromern in den kommenden drei Jahren um eine Million Fahrzeuge steigern zu wollen. Nissan schrieb, bis 2030 weltweit 34 neue Modelle mit E-Antrieb auf den Markt bringen zu wollen – sieben mehr als zuvor geplant. Zudem sollten elektrifizierte Autos bis zum Geschäftsjahr 2026 weltweit 40 Prozent des Modellmixes ausmachen. Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen es sogar 60 Prozent sein – fünf Prozent mehr als zuvor vorgesehen. Ob es dabei bleibt oder diese Planzahlen schon wieder überholt sind, präzisierte Nissan in seinem Mitte November vorgelegten Geschäftsbericht nicht.
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