Wann der Standard für Reservierung von Lkw-Ladestationen kommt
Herr Bayings, Sie leiten eine Initiative, die Buchungssysteme für Lastwagen-Ladestationen ermöglichen will. Was ist Ihr Hauptziel?
Wir unterstützen die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit von Ladeinfrastruktur. Für Lastwagen erfordert dies die Möglichkeit eines garantierten Zugangs zu Ladestationen, was durch die feste Buchung von Ladestationen erreicht werden soll. Niemand will, dass man bei unterschiedlichen Betreibern von Lkw-Ladestationen diese jeweils nur mit der proprietären Lösung des jeweiligen Betreibers nutzen kann. Unser Ziel ist es daher, einen Standard für den Austausch der Daten zu schaffen, die für Buchungsdienste benötigt werden. Auf diese Weise kann jeder Ladestationsbetreiber und jeder Buchungsdienst seine eigenen Systeme haben, während sie alle über einen Standard-Kommunikationsweg miteinander verbunden werden können.
Letztlich dürfte dies dazu führen, dass es mehr Ladestationen mit angeschlossenen Buchungssystemen gibt. Und die Kosten für den Anschluss der Buchungssysteme an die Ladestationen dürften sinken.
Wie ist die Initiative organisiert und wer beteiligt sich daran?
Innerhalb der EVRoaming Foundation haben wir eine Logistik-Arbeitsgruppe, die sich mit verschiedenen Aspekten befasst, um den Logistikmarkt mit einem besseren Zugang zur Ladeinfrastruktur zu unterstützen. Ein wichtiges Element ist die Möglichkeit, Ladestationen zu reservieren. Teil dieser Arbeitsgruppe ist die Task Group Heavy Duty Vehicle Booking (kurz: HDV Booking), die eine Art Projektgruppe mit konkreten Zielen und Meilensteinen ist. Es handelt sich um eine Business-orientierte Gruppe, die einen Überblick über das Ökosystem für Ladestation-Reservierungen für Schwerlastkraftwagen erstellt hat und die dazu passende Business Use Cases entwickelt hat. Derzeit starten wir die technisch ausgerichtete OCPI Booking Task Group, die diese geschäftlichen Anforderungen in konkrete OCPI-Spezifikationen umsetzt.
Jeder kann ein Full Contributor der EVRoaming Foundation werden, und alle Full Contributors können diesen Task Groups beitreten, wobei wir uns dann auch Engagement und Beteiligung an dem Thema wünschen. Seit wir angefangen haben, sind viele Logistik- und HDV-Unternehmen beigetreten, zum Beispiel DAF, Daimler Truck, Gireve, Milence, Monta, Scania, Shell, Thoughtworks, Traton, Volvo und viele andere mehr. Es ist eine echte Mischung aus CPOs, OEMs, (Buchungs-)Dienstleistern, Roaming-Hubs und IT-Lieferanten, die alle eine Rolle in diesem Ökosystem spielen. Es gibt auch mehrere Unternehmen, die in Nordamerika tätig sind, um sicherzustellen, dass wir auch dieses Gebiet abdecken.
Wie kommen Sie bei der Definition des Buchungsstandards voran?
Wir machen gute Fortschritte. Wir sind gerade dabei, die OCPI Booking Task Group zu gründen, was bedeutet, dass die ersten Versionen des Eco-Systems und der Business Use Cases bereit sind, in Spezifikationen übersetzt zu werden. Unser Ziel ist es, den ersten OCPI-Buchungsdienst bis April nächsten Jahres fertig zu stellen. Er wird mit OCPI v2.2.1 zusammenarbeiten, das auf 2.3 aktualisiert werden wird. Und natürlich wird er auch mit OCPI 3.0 nutzbar sein, an dem wir gerade arbeiten.
Wann wird der OCPI-Buchungsdienst danach erstmals in der Praxis genutzt werden können?
Wann er implementiert wird, hängt dann natürlich von den Unternehmen ab. In Anbetracht des Bedarfs und der aktiven Beteiligung vieler Unternehmen in unseren Task Groups gehe ich davon aus, dass mehrere Unternehmen den neuen Standard schnell einführen werden, da er die bestehenden Abrechnungsdienste nicht beeinträchtigt, neue Möglichkeiten schafft und die Bedürfnisse des Marktes erfüllt.
Was sind die größten Herausforderungen?
Als EVRoaming Foundation basiert alles, was wir tun, auf Konsens. Sowohl die Business-orientierten Aktivitäten als auch die technisch orientierten Aktivitäten. Mit der großen und vielfältigen Gruppe von Teilnehmern ist es immer eine Herausforderung, diesen Konsens zu finden und dabei Fortschritte zu erzielen. Bei der Logistik und bei HDV Booking ist das Interessanteste, dass es noch keinen wirklichen Erfahrungsschatz gibt. Obwohl die konkrete Zahl der Elektro-Lkw noch begrenzt ist, wächst sie schnell und hat enorme Auswirkungen, und das bedeutet, dass wir schnell entwickeln und in relativ kurzer Zeit Ergebnisse (z. B. Spezifikationen) für Normungsorganisationen liefern müssen. Bislang läuft es mit sehr enthusiastischen und aktiven Teilnehmern sehr gut.
Es gibt immer noch sehr wenige Lastwagen-Ladestationen in Europa. Warum ist es wichtig, bereits Buchungsstandards festzulegen?
Wie gerade schon erwähnt, ist das in der Tat die interessante Situation. Derzeit sind die Zahlen noch niedrig, aber die Wirkung ist groß und die Zahlen wachsen schnell. Wie vor 16 Jahren bei den ersten Elektrofahrzeugen ist es auch hier wie mit der Henne und dem Ei: Ein Elektrolastwagen kann nur eingesetzt werden, wenn eine gute Ladeinfrastruktur vorhanden ist. Für die stark ausgelasteten Lastwagen mit ihren Lieferfristen ist es ein Muss, dass sie über garantierte Lademöglichkeiten verfügen. Buchungsmöglichkeiten unterstützen das. Wenn Buchungsdienste verfügbar sind, wird eine mögliche Hürde für Unternehmen, in Elektrolastwagen zu investieren, beseitigt. Es hilft also dem Markt.
Sprechen Sie nur öffentliche Ladestationen an oder auch Ladestationen bei z.B. Speditionen?
Die Buchungskommunikation zwischen den Parteien ist nicht nur auf öffentliche Ladestationen beschränkt. Wir entwickeln den Standard so, dass er auf globaler Ebene und in allen möglichen Situationen genutzt werden kann, basierend auf den aktuellen geschäftlichen Anwendungsfällen. Es liegt dann natürlich an den Betreibern, Dienstleistern und Standortinhabern, die Buchungsdienste anzubieten. Für das Protokoll gibt es keinen Unterschied. Es wird auch für Speditionen, Depot-Ladestationen usw. und auch für andere Fahrzeugtypen wie Privatfahrzeuge, Busse, Lieferwagen usw. nutzbar sein. Im Moment liegt der Schwerpunkt auf der Nutzung für Lastwagen. Aber wir sehen viele neue und zukünftige Anwendungsfälle, in die wir eintauchen können.
Wo werden wir diesen neuen Buchungsstandard in Zukunft sehen? Werden ihn beispielsweise Lastwagen-Hersteller in ihre Apps integrieren?
Wir sehen verschiedene Möglichkeiten. Natürlich muss der Betreiber seine Gebühren hinterlegen, damit sie abgerechnet werden können. Verschiedene Parteien werden dies anbieten: Grundstückseigentümer und Depotmanager, CPOs, Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen über Websites und Apps, und es ist sehr wahrscheinlich, dass Lastwagen-OEMs dies in ihre Apps integrieren werden. Ebenso wie Routing- und Navigationsanbieter über Apps und Incar-Tools.
Auch wenn die Initiative auf schwere Nutzfahrzeuge abzielt, haben Sie angedeutet, dass die Technologie auch für andere Fahrzeugarten genutzt werden kann…
Ja. Unterm Strich macht es keinen großen Unterschied, ob man ein Ladegerät für einen Bus, ein Privatfahrzeug, einen Lieferwagen oder ein Fahrzeug für behinderte Menschen bucht. Es ist wahrscheinlich sogar für die Buchung von Ladegeräten für Schiffe geeignet. Der Hauptunterschied ist die Dringlichkeit und der konkretere Geschäftsfall für Lastwagen; wenn diese nicht zum richtigen Zeitpunkt die benötigte Energie aufladen können, kann das die Speditionen Geld kosten.
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