Niedersachsen will Ladestrompreise auf politische Agenda heben

Niedersachsen schiebt eine Bundesratsinitiative an, um den Weg für eine verbraucherfreundliche Preisgestaltung von Ladestrom zu ebnen. Die Landesregierung erklärt "Preisstabilität an Ladesäulen" zu einem wichtigen Baustein für die Verkehrswende und bezieht auch Preisobergrenzen in seine Überlegungen ein.

Die Regierung Niedersachsens will Einfluss auf die Bundes-Gesetzgebung nehmen – und zwar beim Thema Ladepreise. Dazu greift sie auf die Möglichkeit zurück, im Bundesrat eine Initiative zu starten. Dort sind die Länder in Deutschland bekanntlich in der Position, auf die Bundespolitik Einfluss zu nehmen. Niedersachsen will im Bundesrat explizit „für eine verbraucherfreundliche Preisgestaltung von Ladestrom“ eintreten.

Landesverkehrsminister Olaf Lies begründet diesen Schritt wie folgt: „Solange die Elektromobilität mitunter sogar teurer ist als das Fahren mit Verbrennern, ist der Umstieg für die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht interessant. Wir brauchen also bessere Rahmenbedingungen.“ Neben ansprechenden Preisen für Fahrzeuge sei auch ein günstiger und verlässlicher Ladestrompreis von zentraler Bedeutung, so Lies. „Der Ladestrompreis muss so gestaltet sein, dass er zwei Vorteile gegenüber fossilen Kraftstoffen bringt: er schont den Geldbeutel und das Klima.“

Was der niedersächsische Vorstoß im Bundesrat konkret beinhalten wird, skizziert die Landesregierung bisher nur stichpunktartig. Demnach geht es den Initiatoren um folgende sechs Punkte:

  • ein rascher Ladeinfrastrukturausbau auf Grundlage der Masterpläne Ladeinfrastruktur I und II des Bundes
  • die erforderliche Reform der staatlich induzierten Energiepreisbestandteile
  • ein funktionierender Wettbewerb, um preisgünstige, passgenaue und verbraucher-freundliche öffentliche Ladestromtarife dauerhaft zu gewährleisten
  • die Prüfung von Preisobergrenzen und die freie Auswahl von Stromanbietern an öffentlichen Ladesäulen
  • die Etablierung eines Online-Ladestrommonitors
  • die Förderung und den Abbau von Marktbarrieren für neue Technologien (Schlüsselrolle: Bidirektionales Laden)

Dass das Thema drängt, hatte vor wenigen Wochen bereits eine Analyse des Bundeskartellamts gezeigt. Darin mahnte das Amt Wettbewerbsdefizite bei öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur an. Als defizitär betrachten die obersten Wettbewerbshüter aber nicht allein die Preisgestaltung an den Ladesäulen, sondern beispielsweise auch die Standort-Vergabe.

Für alle, die sich über die Tarifstruktur an der öffentlichen Ladeinfrastruktur wundern, sei zudem unser neuester Hintergrund-Artikel zum Ärger um Ladetarife und hohe Preise empfohlen. Darin skizziert Autor Christoph M. Schwarzer, warum die Preise zu hoch und intransparent sind. Wie das Roaming über monatliche Grundgebühren faktisch rückabgewickelt und warum der Markt die Sache in diesem Fall nicht regelt. Plus: Wir zeigen einige mögliche Auswege aus der Misere.

Doch noch einmal nach Niedersachsen: Dass das Land das Thema in die politischen Gremien bringen will, überrascht nicht. Niedersachsen gehört zu jenen Bundesländern mit viel Eigeninitiative im Bereich E-Mobilität. So fördert die dortige Regierung etwa gewerbliche Ladeinfrastruktur mit dem Resultat, dass dort inzwischen mehr als 3.000 bezuschusste Ladepunkte bei Unternehmen entstanden sind. Auch beim Ausbau der Ladeinfrastruktur auf 266 Landesliegenschaften und bei der Umstellung der Landesfahrzeugflotte auf Elektroantrieb bis 2030 meldet Niedersachsen Fortschritte.

Ferner beraten vom Land beschäftigte Elektromobilitätsmanager die Kommunen bei der Erstellung von Ladeinfrastruktur-Konzepten. Und auch eine Ebene höher, auf Landkreisebene, tut sich einer begleitenden Mitteilung zufolge einiges: So haben just dieser Tage Vertreterinnen und Vertreter von 15 Landkreisen, der kreisfreien Stadt Wilhelmshaven und der Region Hannover bei der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) ihre Ausbaustrategien für die öffentliche Ladeinfrastruktur in Empfang genommen. „25 der 45 niedersächsischen Landkreise und kreisfreien Städte verfügen damit über solch einen Fahrplan für den systematischen und strukturierten Ausbau der Ladeinfrastruktur“, heißt es. Mehr als 6.000 Standorte für Ladeinfrastruktur sollen in diesen Fahrplänen abgebildet sein.

stk.niedersachsen.de, strassenbau.niedersachsen.de

8 Kommentare

zu „Niedersachsen will Ladestrompreise auf politische Agenda heben“
Gregor
04.12.2024 um 11:52
Preistransparenz Pflicht des AdHoc Ladestroms. Dann kann man endlich vor der Fahrt oder Unterwegs frei wählen wo man hinfährt. Preisgrenzen machen nur dann Sinn, wenn sich herausstellt, das die AdHoc Preise und die Inapp Preise ohne Vertrag(!) stark abweichen.InApp Preise mit Vertrag sollte man aber so lassen, kann jeder Anbieter dann für sich entscheiden.
Jörg
04.12.2024 um 13:22
Preisobergrenzen sind auch der falsche Weg, das wird von den Anbietern nur als Vorwand genutzt werden, um sich auf diesen Preis festzulegen - mark my words....
Max
04.12.2024 um 17:53
Ich hatte schon befürchtet, dass Lies eine Absenkung der Stromsteuer für alle Anwendungen auf den EU-Minimalwert fordert. Denn davon würden auch Bürger und Wirtschaft profitieren, die würden plötzlich den Strom verschwenden, weil er dann so billig wäre. Und es wäre viel zu einfach und bürokratiearm umzusetzen, es wären keine neuen Staatsbediensteten erforderlich.Nein, ein echter Sozialdemokrat fordert einen gedeckelten Ladestrompreis, gestaffelt nach dem Einkommen und Vermögen der Bürger und der Fahrzeugkategorie. Wäre ja noch schöner, wenn ein schweres, teures SUV genauso viel für den Strom zahlen müsste wie ein elektrischer Kleinwagen. Ach ja, Extrarabatt gibt's noch, wenn der Stromkunde in einem Betrieb mit Tarifbindung angestellt ist.
C. Brinker
05.12.2024 um 07:10
Die Initiative ist dringend und überfällig. Der so tolle marktwirtschaftliche Wettbewerb regelt die Preise leider nicht so schnell nach unten, wie es für den Durchbruch der E Mobilität notwenig wäre. Als hätten wir alle unendlich Zeit, umzustellen..
E. Wolf
05.12.2024 um 10:45
Wie wäre es mit „Roaming“, d.h. ich kann Ladestrom direkt von meinem Haushaltsstromlieferanten beziehen. Der Ladesäulenbetreiber erhält eine Servicegebühr, 0,50 €ct/kWh. Es könnte ganz einfach sein.
Lukas
05.12.2024 um 11:55
Die Idee mit dem Haushaltsstrom und der Servicegebühr ist super! Tatsächlich gibt es die Idee auch schon und wird im BANULA Projekt erprobt. Allerdings steckt dahinter das sogenannte Durchleitungsmodel und kein Roaming. Im klassischen Roaming erhält man nur den Zugang zum Ladepunkt und es wird einem der Strom des Ladesäulenbetreibers teuer über seinen e-Mobility Provider weiterverkauft. Den eigenen Hausstrom kann man mit Roaming nicht verwenden. Um den eigenen Hausstrom verwenden zu können braucht es ein paar angepasste energiewirtschaftliche Prozesse im Hintergrund, eben das genannte Durchleitungsmodel. Von diesen Prozessen merkt der Endverbraucher aber nichts. Stattdessen benutzt man weiterhin eine Ladeapp oder Karte, weiß aber nun egal wo man lädt seinen Strompreis im Voraus und hat auch nur noch eine Stromrechnung für Haus- und Ladestrom. Noch besser wird es wenn man sich seinen hauseigenen PV-Strom an die Ladesäule z.B. zum Arbeitgeber durchleiten lässt.
Bernd
05.12.2024 um 10:55
Klar ist das ein ganz einfacher Weg. Ein Weg, den Ausbau der Ladeinfrastruktur komplett zu stoppen. Mit einem halben Cent pro kWh wird kein Unternehmen der Welt in Ladeinfrastruktur investieren. Damit finanziert man ja nichtmal den laufenden Betrieb mit Wartung etc, von den Anfangs-Investitionen ganz zu schweigen...
Lukas
05.12.2024 um 11:28
Sehr schön, dass das Thema "freie Auswahl von Stromanbietern an öffentlichen Ladesäulen" in der Bundespolitik ankommt. Das BANULA-Projekt hat hierfür ja schon einen Lösungsansatz entwickelt und umgesetzt. Der Stromlieferant kann in BANULA nicht nur frei gewählt, sondern an jede Ladesäule mitgenommen werden. Dadurch kennt man seinen Strompreis an allen Ladesäulen und hat stabile Preise. https://banula.de/

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert