Milence gibt Deutschland-Debüt mit Lkw-Ladeparks an der A9
Milence meldet Vollzug – auch in Deutschland hat der Privatanbieter jetzt zwei Lkw-Ladeparks in Betrieb. Es handelt sich um den fünften vollzogen Markteintritt nach ersten Launchs in den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Schweden. Obwohl Deutschland zentral in Europa liegt und Heimat des Gesellschafters Daimler Truck und im weiteren Sinne auch von Traton ist, war hierzulande bisher ein weißer Fleck auf der Milence-Landkarte. Dafür soll es mit dem Roll-out nun um so schneller gehen. Der Lkw-Ladeparkbetreiber will allein in Deutschland in nächster Zeit ingesamt 25 Hubs am Netz haben.
Die ersten beiden Standorte kündigte Milence Mitte Mai für die Region „nördlich und südlich von Leipzig“ an. Eine recht weitläufige Einordnung, denn die Standorte sind je knapp eine Autostunde von Leipzig entfernt. Als Eröffnungstermine wurde der Juli und der September in Aussicht gestellt – dieser Zeitplan ließ sich nicht halten, aber die zweite Jahreshälfte 2024 ist es noch geworden. Nach wie vor gilt, dass beide Hubs – bei Vockerode und am Hermsdorfer Kreuz – verkehrsgünstig an der A9 und damit auf dem sogenannten Skandinavien-Mittelmeer-Korridor liegen. Vockerode deckt dabei den Bereich Berlin-Leipzig ab, das Hermsdorfer Kreuz gilt als Verkehrsknoten zwischen Polen, Dresden und Frankfurt am Main, an dem A4 und A9 zusammenlaufen.
Vier CCS-Lader in Vockerode, acht am Hermsdorfer Kreuz
In beiden Ladeparks stehen CCS-Lader mit bis zu 400 kW Ladeleistung bereit. Vockerode bietet zum Anfang vier Ladebuchten, der Hub am Hermsdorfer Kreuz acht. Damit fallen die deutschen Standorte eher mittelgroß aus. Zum Vergleich: Im Hafen Antwerpen-Brügge gibt es einen Ladepark mit zehn Ladepunkten. Grundsätzlich gilt: Die Ladegeräte finden sich bei Milence je neben einem gesicherten Lkw-Parkplatz mit Angeboten für die Fahrer wie einen Loungebereich, Duschen und Toiletten. Wie bei den bisher realisierten oder geplanten Ladehubs kündigt das Joint Venture auch bei den deutschen Standorten einen zweiphasigen Aufbau an: erst nur CCS-Lader, später ergänzt um MCS-Lader zum Megawattladen.
CEO Anja van Niersen ging bei ihrer Eröffnungsrede eher auf die allgemeine Bedeutung der beiden ersten deutschen Hubs ein: „Die Eröffnung […] verdeutlicht, dass wir mit der wachsenden Nachfrage des Marktes nach zuverlässiger und zugänglicher Ladeinfrastruktur für Elektro-Nutzfahrzeuge Schritt halten. Als zentraler Markt in Europa ist Deutschland entscheidend für den Übergang zum emissionsfreien Straßengüterverkehr. Wir wollen die aufkommende Dynamik begleiten und eng mit lokalen Partnern zusammenarbeiten, um den Infrastrukturausbau voranzutreiben und der steigenden Nachfrage gerecht zu werden.“
Sechs weitere Ladeparks in Planung
Das Joint Venture ist sich ergo bewusst, dass über 30 Prozent des europäischen Straßengüterverkehrs durch Deutschland führen – und betrachtet die Bundesrepublik als einen seiner „wichtigen strategischen Eckpfeiler“. Daher sollen die zwei neuen Ladeparks „bald“ durch weitere in Lohfelden (nahe Kassel),
Koblenz, Himmelkron, Hüttenberg, Kirchberg an der Jagst und Recklinghausen
ergänzt werden. International sind zudem weitere Ladeparks in zehn europäischen Märkten geplant.
Ein erster Nutzer für den Ladepark am Hermsdorfer Kreuz ist Milence derweil schon sicher: Die Spedition Logistik Schmitt aus dem badischen Bietigheim gibt bekannt, dort ab dem Frühjahr regelmäßig mit zwei Batterie-elektrischen Mercedes-Benz eActros 600 laden zu wollen. Denn: Im Auftrag von Daimler Buses pendelt Logistik Schmitt regulär auf einer rund 480 Kilometer langen Strecke zwischen dem Daimler-Buses-Standort Mannheim und einem Lieferanten in der Nähe von Leipzig.
Rainer Schmitt, geschäftsführender Gesellschafter von Logistik Schmitt, kommentiert: „Aufgrund der im Werk Mannheim von Daimler Buses vorhandenen Ladepunkte können die eActros 600 ohne Zwischenladung ihren Zielort in der Nähe von Leipzig erreichen. Um die Lkw nach erfolgreicher Be-
und Entladung für die Fahrt zurück nach Süddeutschland mit ausreichend neuer Energie zu versorgen, kommt der Milence-Ladepark am Hermsdorfer Kreuz für uns genau zum richtigen Zeitpunkt.“
Bund schätzt die Privatinitiative
Bei der Eröffnung des Ladeparks zu Gast war am Donnerstag übrigens auch Hartmut Höppner, Staatsekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr, der die Bedeutung der Milence-Standorte in Zusammenspiel mit dem geplanten initialen Lkw-Ladenetz des Bundes hervorhob: „Ohne Ladeinfrastruktur keine Elektro-Lkws. […] Wir schätzen den Beitrag von Milence, der unsere eigenen Bemühungen um ein flächendeckendes, bedarfsgerechtes und zuverlässiges Schnellladenetz für Lkw entlang der Bundesautobahnen sinnvoll ergänzt“, so Höppner. „Unser Ziel muss es sein, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Elektro-Lkw in der Transportbranche wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden können. Das Engagement von Milence ist dabei ein wichtiger Beitrag.“
Mit den im September rund um die IAA Transportation publik gemachten Ausbauplänen des Bundes und von Milence ist das kommende öffentliche Ladenetz für Lkw in Deutschland in der Tat ein Stück greifbarer geworden: Das vom Bund geförderte, initiale Lkw-Ladenetz soll bis 2030 rund 350 Standorte umfassen – allein in Deutschland. Milence will bis 2025 insgesamt 70 Standorte eröffnen. Ein Fokus liegt dabei auf Deutschland. Hierzulande sind 25 Standorte geplant (wobei diese laut Milence nicht allesamt bis Ende 2025 fertig sein werden).
Kurz zur Einordnung. Bei Milence steht seit Aufnahme des Geschäftsbetriebs 2022 das Ziel von 1.700 öffentlichen Lkw-Ladepunkten für Europa innerhalb von fünf Jahren (also bis 2027) fest. Präzisiert hat das Joint Venture inzwischen, dass 570 davon bis 2025 entstehen sollen – verteilt auf die genannten 70 Standorte. Das sind fast genau ein Drittel der bis 2027 avisierten Ladepunkte. Die Aufbau-Aktivitäten konzentrieren sich derzeit auf zehn Länder, im Einzelnen: Niederlande, Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien, Schweden, Großbritannien, Dänemark, Polen und Spanien.
Privatanbieter sind die ersten am Markt
Da beim initialen Lkw-Ladenetz des Bundes die Zuschläge für die ersten 130 Ladeparks erst in der zweiten Jahreshälfte 2025 erfolgen werden (und diese dann auch erst einmal installiert werden müssen), sind die Milence-Hubs in Kombination mit Ladeparks anderer privater Anbieter bis auf Weiteres die einzigen Anlaufstellen für E-Lkw auf der Fernstrecke. Neben Milence haben sich als private Akteure, die im öffentlichen Lkw-Ladegeschäft aktiv sind oder werden wollen, bisher unter anderem das Duo E.ON und MAN, Shell, Aral oder das Duo TST und EWR in Stellung gebracht. Neben der reinen Anzahl und geografischen Verteilung der Ladeparks werden die künftigen Nutzer dabei natürlich auch die vor Ort bereitgestellten Ladeleistungen scannen. Stichwort: Megawattladen.
Dazu teilte Milence im September mit, dass die Einführung nun kurz bevorstehe: „In den kommenden Monaten“ soll die MCS-Technologie an zunächst fünf der Milence-Ladeparks ausgerollt werden. Dabei setzt das Unternehmen auf eine Megawatt-Ladelösung von Power Electronics. Bei einem publik gemachten Test im Juli sprach Milence von einer erfolgreich übertragenen Leistung von 1.100 Kilowatt bzw. 1,1 Megawatt. Grundsätzlich möglich sein sollen mit der Lösung von Power Electronics bis zu 1,44 MW (1.500 A bei 960 V). Zum künftigen Verhältnis von MCS- zu CCS-Ladern an seinen Standorten und im gesamten Netz hat sich Milence bisher aber noch nicht geäußert.
Quelle: Info per E-Mail
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