P3-Report: Die wichtigsten Learnings der E-Lkw-Pioniere
Basis des 42-seitigen „P3 Energy Excellence @Trucks Report“ sind Interviews mit Brancheninsidern, die in ihren Logistikbetrieben bereits erste Schritte in der Batterie-elektrischen Mobilität gegangen sind. Dabei liegt der Fokus des Dokuments explizit auf schweren Lkw der Fahrzeugklasse N3. Interviewt wurden Sascha Hähnke (Remondis) sowie Vertreter der Elflein Holding GmbH, Hermes Germany GmbH, Hugelshofer Logistik AG und der NOSTA Group. Die Studienmacher verdichten die Praxis-Schilderungen mit Informationen zu den jeweiligen Flotteneigenschaften der Unternehmen, ihren Betriebsprofilen und der bestehenden Ladeinfrastruktur – und ziehen daraus verallgemeinerbare Learnings, „um die Flottenelektrifizierung in der breiten Masse noch schneller voranzutreiben“, wie sie schreiben.
Den Interview-Ansatz bezeichnet P3 dabei als explorative Methode, um dem noch jungen Markt auf die Spur zu kommen. Insofern hat der Report auch nicht den Anspruch, die Ist- und Soll-Situation der Elektrifizierung zu beleuchten, sondern er nimmt die Logistiker-Perspektive ein, soll eher einen Marktspiegel zu aktuellen Trends und Herausforderungen der E-Mobilität im Logistiksektor bieten – und weiteren Unternehmen Wege aufzeigen, um die Transformation zu einer CO2-freien Logistik anzupacken.
Report identifiziert Push- und Pull-Faktoren
Auf den ersten Seiten des Dokuments liefert ein Gespräch mit Remondis-Geschäftsführer Sascha Hähnke Einblicke in die Entwicklung der E-Mobilität im Straßentransportsektor. Hähnke gehört auch zu den electrive-LIVE-Speakern mit den eindrücklichsten Vorträgen in der Geschichte unserer Online-Konferenz. Ein Mann, der Klartext spricht. Bei P3 bilden seine Schilderungen zu den Hürden und Katalysatoren der Elektrifizierung die Grundlage, um anschließend die Perspektiven von vier Logistikunternehmen mit unterschiedlichen Betriebsprofilen zu beleuchten.
Als Quintessenz extrahiert P3 daraus sogenannte Push- und Pull-Faktoren – also bestimmte Anreize für Logistikvorreiter, ihre Flotte zu elektrifizieren. Push-Faktoren entstehen dabei durch äußeren Druck oder regulatorische Vorgaben, Pull-Faktoren sind dagegen Anreize und wirtschaftliche Vorteile, die die Umstellung auf elektrische Antriebe von innen heraus fördern.
Als wichtigste Push-Faktoren identifizieren die Studienmacher dabei die firmeninternen Nachhaltigkeitsziele, EU-Emissionsregularien, die Maut oder die Besteuerung. Auf der Seite der Pull-Faktoren stehen vor allem Ausschreibungs- und Kundenvorgaben, das Unternehmensimage sowie die geringeren Gesamtbetriebskosten der E-Lkw. Interessant: Die Interviewpartner empfanden staatliche Unterstützungsleistungen nicht als ausschlaggebend für die Entscheidung zur Elektrifizierung. Gleichwohl wurde die abrupte Einstellung von Förderprogrammen „als negativ empfunden, da dadurch Vertrauen in eine verlässliche politische Planungssicherheit verloren ging“, heißt es in dem P3-Bericht. Bekanntlich wurde die Bundesförderung für E-Lkw (KsNI) vor rund einem Jahr ad-hoc gekappt.
Als größten Schmerzpunkt hat P3 denn auch die fehlende Planungssicherheit ermittelt – vor allem mit Blick auf die politischen Rahmenbedingungen und die Maut. Dies „erschwert Investitionen“. Hähnke hatte schon bei electrive LIVE den Satz geprägt: „Wir fahren nicht mal auf Sicht, wir fahren im Nebel.“ Es könne kein Zustand bleiben, sich von Jahr zu Jahr hangeln zu müssen. Ebenso bestehen laut der P3-Analyse Schwierigkeiten beim Aufbau von Ladeinfrastruktur im Depot, „beginnend mit bürokratischen Prozessen bis hin zu langen Lieferzeiten“.
Wandel ist nicht nur eine Frage des äußeren Drucks
Als Fazit hält die eMobility-Unternehmensberatung fest, dass die Elektrifizierung der Lkw-Flotten in der Logistikbranche sowohl durch regulatorische Anforderungen als auch durch wirtschaftliche und kundenseitige Anreize angetrieben wird. „Während Nachhaltigkeitsziele und Emissionsvorgaben derzeit die stärksten Push-Faktoren darstellen, gewinnen Pull-Faktoren wie die Total Cost of Ownership und spezifische Kundenanforderungen zunehmend an Bedeutung. Der Wandel hin zur emissionsfreien Logistik ist daher nicht nur eine Frage des äußeren Drucks, sondern auch eine strategische Entscheidung mit langfristigen wirtschaftlichen Vorteilen.“
Eine der bemerkenswerten Aussagen des Reports ist, dass Logistiker bestenfalls ein Stück weit in die Rolle des Energiemanagers und Ladesäulenbetreibers im Depot schlüpfen sollten. Dies sei „ein zentraler Hebel zur Kostenreduktion, idealerweise in Verbindung mit der Eigenerzeugung von Strom, insbesondere durch Photovoltaikanlagen“, schreibt P3. Durch die Kombination von Eigenerzeugung, intelligenten Energiemanagementsystemen und flexiblem Stromeinkauf könnten die Energiekosten im Depot stark gesenkt werden. Ergänzend könnten Batteriepufferspeicher dazu beitragen, den selbst erzeugten oder günstig eingekauften Strom auch außerhalb der Produktions- und Tourenzeiten, etwa nachts, nutzbar zu machen.
Wer noch am Strang mitziehen muss
Die Branche muss sich aber freilich als Ganzes bewegen – mitsamt der Hersteller und unterstützt durch die Politik und weitere Akteure, etwa die Netzbetreiber. Der Truck-Report fasst daher auch die in den Interviews formulierten Anforderungen der Logistiker an verschiedene Stakeholder zusammen. An die Politik gerichtet, fordern die Interviewpartner wenig überraschend, klare und langfristige Rahmenbedingungen zu schaffen. Aber auch Netzbetreiber, Fahrzeug-OEMs, Ladehardware-Hersteller und Logistikkunden müssen aus Sicht der Logistiker ihre Hausaufgaben machen, um den Wandel auf breiter Basis einzuleiten.
Sebastian Gieschen, P3-Experte und Co-Autor des Reports, resümiert: „Die Pioniere des Reports zeigen auf, wie Energy Excellence aussehen kann. Alle haben verstanden, dass es zukünftig wichtig ist Energieflüsse selbst zu managen. Der Logistiker wird also über seine eigentlichen Kernkompetenzen hinaus auch zum Energiemanager, also zum Betreiber von Ladeinfrastruktur für eigene, aber auch externe Fahrzeuge.“ Der dadurch entstehende Wettbewerbsvorteil basiere nicht nur auf Hardware und Fahrzeugen, sondern immer mehr auch auf intelligenter Software. „So arbeiten die Pioniere bereits an der Zusammenführung von Daten […] und ermöglichen damit die intelligente Ladeplanung, die Optimierung von Stromeinkäufen und die Vergabe von Lade-Slots an Spediteure oder Partner mittels Reservierungssystem.“
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