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P3 Charging Index 2024: Porsche Taycan ist der Langstrecken-Meister

Um auf langen Fahrten möglichst schnell voranzukommen, ist nicht nur der Verbrauch eines E-Autos wichtig, sondern auch, wie schnell der Strom nachgeladen werden kann. Genau das bewertet der P3 Charging Index. In der aktuellen Ausgabe liegt wieder ein Modell aus deutscher Produktion vorne.

Bei der damals dritten Ausgabe im Sommer 2022 hatte mit dem Kia EV6 zum ersten Mal ein E-Auto aus Südkorea gewonnen. Bei der zweiten Ausgabe 2021 lag noch der Mercedes EQS vorne. Und der Sieger der aktuellen, vierten Ausgabe ist quasi ein Altbekannter: Der Porsche Taycan hatte schon die erste Ausgabe Ende 2019 gewonnen – fünf Jahre später hat sich das Facelift-Modell in dem Langstrecken-Vergleich durchgesetzt.

Um die Langstrecken-Tauglichkeit zu ermitteln, zieht die auf Elektromobilität spezialisierte Unternehmensberatung P3 vor allem zwei Faktoren heran: den Verbrauch und das Ladeverhalten der E-Autos. Diese beiden Punkte werden als wichtiger angesehen als etwa die reine Akku-Größe, da Elektroautos, die in einem vergleichbaren Segment unterwegs sind, oft auch recht ähnliche Akkus haben. Der reale Verbrauch und die Ladekurve sind dann relevanter für das Vorankommen auf der Langstrecke als der Unterschied zwischen einem Akku mit 77,4 kWh oder 79 kWh – wie sich später im Text noch zeigen wird.

Die Methodik hat P3 für die vierte Ausgabe nicht verändert. Es bleibt also bei der Definition, Strom für 300 Kilometer Reichweite in 20 Minuten nachladen zu können – das entspricht einem Charging Index von 1. Kann ein E-Auto in 20 Minuten sogar mehr Reichweite nachladen, liegt der erreichte Indexwert über 1 – der Kia EV6 war 2022 das erste Auto, das mit 1,03 diesen Idealwert geknackt hat.

300 Kilometer in 20 Minuten sind das Ziel

Genau diesen Indexwert hat der EV6 auch 2024 wieder erreicht – in 20 Minuten konnte Strom für 309 Kilometer nachgeladen werden, was eben einen Charging Index von 1,03 ergibt. Das „Problem“ für den EV6: Die Konkurrenz schläft nicht. So reicht es 2024 sowohl in der Gesamtwertung als auch in der neu zugeschnittenen Mittelklasse nicht für den ersten Platz.

Im Vergleich zur dritten Ausgabe geändert wurde die Einteilung in drei Klassen – 2022 hatte sich P3 noch grob am damals gültigen Umweltbonus orientiert. Da es den Umweltbonus nicht mehr gibt, war auch die Einteilung hinfällig. In der Ausgabe 2024 gibt es nur zwei Klassen, die Mittel- und Oberklasse – getrennt werden diese bei einem Bruttolistenpreis von 62.500 Euro. Auf eine spezielle Kleinwagen-Klasse wurde verzichtet – hier gab es zu wenige Neuheiten, die für den Test schon zur Verfügung standen. In die Klasse kommt aber viel Bewegung, zahlreiche Modelle sind gerade auf den Markt gekommen oder stehen kurz davor – zum Beispiel ein Citroën ë-C3 mit seinen Ablegern von Fiat und Opel, der Hyundai Inster, eventuell ein Kia EV2, der Renault R5 (und R4), E-Kleinwagen aus China wie der Leapmotor T03 und natürlich die lange angekündigten 25.000-Euro-Stromer aus dem VW-Konzern vom ID.2 bis zum Skoda Epiq. Für die nächsten Ausgaben wird also auch dieses Segment wieder interessant!

Letzter Punkt bei der Vorrede ist die Datenbasis. Beim Stromverbrauch handelt es sich für alle Modelle um den ADAC EcoTest, da dieser Test unter den immer gleichen Bedingungen auf dem Prüfstand ermittelt wird und nur so echte Vergleichbarkeit zwischen den Modellen gewährleistet ist. Daher ist zum Beispiel auch der Lotus Emeya, der in diesem Mai den ersten P3 Charging Index Asia eindrucksvoll gewonnen hat, nicht in dieser Auswertung dabei: Für den Emeya gibt es keinen ADAC EcoTest und somit keine Vergleichsbasis zu den anderen Modellen. Für die Asien-Ausgabe hatte P3 die WLTP-Verbräuche genutzt. Das ist zwar einfacher für internationale Vergleiche, der EcoTest bildet aber realistischere Verbräuche ab – und ergibt damit einen besseren Charging Index. Sämtliche Ladekurven hat P3 selbst gemessen.

In der Oberklasse sind Fahrzeuge wie der BMW i5 in seiner reichweitenstärksten Variante eDrive40, der Xpeng G9 Performance, der Mercedes EQS 450+ als Sieger von 2021, aber auch E-Autos von Genesis, der Kia EV9 oder der Nio ET5 Touring enthalten – und der Taycan, den Porsche Anfang des Jahres optisch (und hier relevant) technisch überarbeitet hat. Anstatt bei der Modellpflege die nach wie vor konkurrenzfähige Technik außen vor zu lassen, haben die Zuffenhausener optimierte E-Antriebe und eine neue Batterie-Generation verbaut, die eine höhere Energiedichte und eine nochmals verbesserte Ladekurve bietet. Die Akkus im Oberklasse-Teilnehmerfeld sind zwischen 77,4 und 107,8 kWh groß (netto), die Preise für die Fahrzeuge liegen zwischen 68.500 Euro (Nio ET5 Touring) und 139.000 Euro für den BMW i7 xDrive60.

Im Vergleich der Ladekurven glänzt der Taycan nicht nur mit der höchsten Peak-Ladeleistung, sondern auch mit einem extrem langen Plateau: Der Porsche kann bis über 60 Prozent Ladestand die Leistung bei mehr als 300 kW halten – danach fällt er bis ca. 75 Prozent auf etwa 200 kW, bevor die Ladeleistung dann schnell abfällt. Nur im Bereich zwischen zehn und 20 und knapp vor den 80 Prozent hat tatsächlich der Xpeng G9 eine höhere Ladeleistung – auch in unserem Test hat der G9 mit einer Spitzen-Ladeleistung von 320 kW überrascht. Das E-SUV aus China hat aber im Gegensatz zum Taycan mehrere Stufen, bei denen die Ladeleistung abgeregelt wird. Dennoch sind 233 kW im Schnitt das zweitbeste Ergebnis – an die 282 kW des Porsches kommt kein anderer Stromer heran.

Kombination aus Lade-Performance und Verbrauch

Auffällig sind auch weitere Modelle aus Asien, etwa der Kia EV9 und der Genesis Electrified G80, die beide eine konstant hohe Ladeleistung über einen breiten Bereich bieten. Und der Nio ET5 Touring führt das Feld der 400-Volt-Modelle an. Mit der neuen Generation des Long-Range-Akkus kommt er im Peak zwar nicht an die über 200 oder 300 kW der 800-Volt-Modelle heran. Aber mit 175 kW im Schnitt ist seine Ladekurve extrem flach, bei Ladeständen ab 65 Prozent schlägt er sogar so manches 800-Volt-Modell. Die 400-Volt-Modelle der deutschen Autobauer müssen hingegen deutlich früher die Ladeleistung abregeln. Der BMW i5 und der Mercedes EQS schaffen zwar anfangs die 200 kW, schon ab 40 Prozent geht die Ladekurve aber deutlich nach unten.

Aber: Der Charging Index ist ja kein Vergleich der Ladekurven, sondern der Langstrecken-Tauglichkeit. Eine niedrigere Ladeleistung bei hohem Ladestand kann aber die nachgeladene Reichweite in den zweiten zehn Minuten negativ beeinflussen. Blicken wir aber zunächst auf die Verbrauchsdaten. Hier liegen mit dem i5 eDrive40 und dem Mercedes Benz EQE SUV 350+ zwei Modelle ganz vorne, die bei der Ladeleistung mit 155 bzw. 146 kW im Schnitt nur auf den hinteren Plätzen lagen. Mit 19,1 kWh/100km ist der i5 das effizienteste Auto im Oberklasse-Feld, auch wenn der Aufschlag des EcoTests auf den WLTP-Wert bei immerhin 17 Prozent liegt. Der EQE SUV ist mit 19,2 kWh/100km das effizienteste SUV, hier liegt der EcoTest-Aufschlag zum WLTP bei nur acht Prozent. Auf Rang drei folgt mit 19,7 kWh/100km der Porsche Taycan – und es wird absehbar, dass der Porsche mit der überlegenen Ladeleistung und dem drittbesten Verbrauch nur schwer zu schlagen sein wird.

Im Verbrauchs-Kapitel erwähnenswert ist zum Beispiel noch der Nio ET5, der sich mit nur vier Prozent Aufschlag und 20,1 kWh/100km beachtlich schlägt. Ungewöhnlich ist auch das Ergebnis des Kia EV9, der mit 22,2 kWh/100km im EcoTest sogar drei Prozent unter seinem WLTP-Verbrauch (22,8 kWh/100km) liegt. Und beim Xpeng G9, der im Lade-Kapitel noch fast mit dem Taycan mithalten konnte, wird deutlich, weshalb es im Charging Index am Ende doch für keine Spitzenplatzierung reicht: Mit 24,5 kWh/100km liegt der Verbrauch sogar noch über dem Audi Q8 e-tron.

In Kombination dieser beiden Faktoren kann es in der Oberklasse (und auch im Gesamt-Ranking) nur einen Sieger geben: den Porsche Taycan. Mit seinem niedrigen Verbrauch und dem langen Lade-Plateau von über 300 kW kann der Taycan in den ersten zehn Minuten Strom für 262 Kilometer nachladen! Zum Vergleich: Der i5 schafft in 20 Minuten 261 Kilometer, der i7 247 Kilometer und der in die Jahre gekommene Q8 e-tron sogar nur 213 Kilometer – letzteres entspricht einem Charging Index von 0,71, während der 2024er Taycan mit 1,28 einen neuen Bestwert setzt. Zur Verteidigung des Audis sollte aber erwähnt werden: Im ersten Charging Index 2019 kam der Taycan nur auf einen Wert von 0,72. Damals der Gesamtsieg, fünf Jahre später der letzte Platz in der Oberklasse. Das zeigt, wie dynamisch die Entwicklung ist.

Das wird auch bei den Plätzen zwei bis vier klar: Sowohl der Nio ET5 Touring als auch der Kia EV9 erreichen einen Indexwert von 0,98, knapp gefolgt vom Xpeng G9 mit 0,96. Der Nio und Kia profitieren von ihrer konstanten Ladeleistung, sie können in der zweiten Hälfte des 20-minütigen Ladevorgangs mit 147 bzw. 146 Kilometern mehr Reichweite nachladen als der Taycan. Nach 20 Minuten stehen 294 bzw. 293 Kilometer als Ergebnis. Der Xpeng kann zwar in der ersten Hälfte mit 175 Kilometern den Nio und Kia toppen, sein Verbrauch ist aber zu hoch, um mit fallender Ladeleistung in der zweiten Hälfte genügend Reichweite nachladen zu können. Hier wäre es interessant zu sehen, wenn dieser Antrieb in einem flacheren und effizienteren Auto eingesetzt würde.

Verbrauch alleine reicht nicht für Top-Ergebnis

Dass Effizienz aber nicht alles ist, zeigt der BMW i5 eDrive40 mit dem geringsten Verbrauch der Oberklasse-Auswertung. Mit einem Charging Index von 0,87 landet die Business-Limousine der Münchner auf Rang acht. Mit 81,2 kWh hat der i5 eine der kleineren Batterien in diesem Konkurrenz-Umfeld. Mit einem größeren Akku ist es einfacher, auch bei hohem Ladestand eine gute Ladeleistung zu erzielen, ohne die Langlebigkeit zu beeinflussen – mehr zur Haltbarkeit von Batterien können Sie hier nachlesen. Zudem setzt der i5 auf ein 400-Volt-System, bei BMW steht 2025 mit der Neuen Klasse ebenfalls der Wechsel auf 800 Volt an – wir sind schon auf die nächste Ausgabe des Charging Index gespannt. Aber die Ausgabe von 2024 zeigt auch, dass 800 Volt kein Selbstzweck sind: Der Genesis Electrified G80 liegt nur einen Platz vor dem i5, der Electrified GV70 direkt dahinter. Es kommt auch auf den Verbrauch an.

Noch kurz ein paar Sätze zum Nio ET5 Touring. Mit einem Charging Index von 0,98 ist der China-Kombi das beste 400-Volt-Modell, das jemals für den P3 Charging Index gemessen wurde. Allerdings wird nicht jeder ET5, der in Deutschland unterwegs ist, die nahezu konstante Ladeleistung von 175 kW erreichen – hier kommt es darauf an, welche Generation des Long-Range-Akkus verbaut ist. Mit der älteren Generation liegt der Peak bei etwa 130 kW, im Bereich zwischen zehn und 80 Prozent wären es nur rund 90 kW im Schnitt. Das wäre mit Abstand der letzte Platz in der Oberklasse. Mit der neuen Akku-Generation sind aber die Ladeleistungen möglich, die P3 gemessen hat. Der Haken: Nutzt man den Nio-typischen Batterietausch, weiß man nicht, welche 100-kWh-Batterie dabei in den Unterboden geschraubt wird. Das Ladeverhalten kann sich also nach jedem Batteriewechsel ändern. Andererseits: Nutzt man den Batteriewechsel und bekommt in nur fünf Minuten einen zu zehn Prozent gefüllten Akku gegen einen mit 90 Prozent Ladestand ausgetauscht, ergibt das rechnerisch einen Charging Index von 4,23! Wie sich der Nio Power Swap mit derzeit 31 Stationen in Deutschland schlägt, haben wir kürzlich mit einem EL6 getestet. Dieser basiert auf der gleichen Plattform wie der ET5, hat als SUV aber einen höheren Verbrauch.

In der Mittelklasse bis 62.500 Euro sind nicht die Technologie-Aushängeschilder wie eben der Taycan oder der Xpeng G9 dabei, auch wenn letztgenannter mit dem kleineren Standard-Range-Akku und einem Preis von 59.600 Euro auch in der Mittelklasse antreten könnte – dann aber nicht mit über 300 kW Ladeleistung. Dass es aber auch unterhalb der Oberklasse auf der Langstrecke nicht gerade langsam zugehen muss, hat schon der Charging Index von 2022 gezeigt, als der Kia EV6 die teure Premium-Konkurrenz schlagen konnte. Und auch in diesem Jahr kann das beste Mittelklasse-Modell viele teurere E-Autos ausstechen.

Im Feld sind Modelle wie der Smart #1 Pro+, der MG4 Luxury oder der Opel Astra Sports Tourer GS enthalten, die alle mit nur knapp über 40.000 Euro gelistet sind. Der Astra hat zwar mit 51 kWh die mit Abstand kleinste Batterie im Feld, Opel hat aber viel Wert auf die Effizienz gelegt. Dazu kommen mehrere Business- und Familien-Limousinen vom Tesla Model 3 in der reichweitenstärksten Variante „Maximale Reichweite Hinterradantrieb“, der VW ID.7 Pro, BMW i4 oder Hyundai Ioniq 6. Der i4 eDrive40 ist mit 60.500 Euro der teuerste Vertreter der Mittelklasse, gemessen am Basispreis. Mit ihren langen Aufpreislisten lassen sich die BMWs im Test (mit dabei ist noch der iX1 xDrive30) und etwa der Audi Q4 40 e-tron noch in ganz andere Preis-Bereiche bringen. Bei Tesla, dem Polestar 2 oder dem Hyundai Ioniq 6 ist die Konfiguration deutlich einfacher.

800-Volt-Systeme bieten bessere Lade-Performance

Doch darum soll es nicht gehen, sondern um den Charging Index. Blicken wir auch hier wieder zunächst auf die Lade-Performance. Die höchste Peak-Leistung mit 255 kW erreicht das Tesla Model 3 mit dem umfangreichen Highland-Facelift. Diese maximale Ladeleistung wird allerdings nur an Teslas eigenen Superchargern erreicht. Diese Ladesäulen laden das Model 3 mit mehr als 600 Ampere – was nötig ist, um mit der 400-Volt-Architektur mehr als 200 kW Ladeleistung zu erreichen. Mit den beim CCS üblichen 500 Ampere wäre nämlich bei 200 kW Schluss. Somit sind es die beiden 800-Volt-Stromer auf Hyundais E-GMP-Plattform, die mit rund 235 kW im Peak die insgesamt bessere Lade-Performance bieten. Denn auch mit dem Highland-Facelift kann Tesla den Peak nur sehr kurz halten, danach fällt die Ladeleistung rapide ab – mit 135 kW im Schnitt reicht es nur zu einem Platz im Mittelfeld. Das gilt aber natürlich nur, wenn wie hier das Ladefenster von zehn bis 80 Prozent betrachtet wird. Muss man im Alltag kurz vor dem Ziel noch ein paar Kilometer nachladen, kann das Model 3 richtig punkten. Will man aber viel Strom laden, weil es danach 250 oder 300 Kilometer ohne Pause weitergehen soll, wird es oben heraus bei vielen Autos der Mittelklasse eher zäh – das Model 3 liegt ab etwa 60 Prozent Ladestand bei weniger als 100 kW.

In diese Bereiche fallen der Kia EV6 und Hyundai Ioniq 6 selbst bei 80 Prozent Ladestand noch nicht. Obwohl beide Modelle die 77,4-kWh-Batterie hatten (für die nächste Ausgabe steht die Version mit 84 kWh an), haben sie leicht unterschiedliche Ladekurven. Beim EV6 macht das 203 kW im Schnitt, beim Ioniq 6 immerhin noch 193 kW. Es folgt ein dichtes Mittelfeld mit dem überarbeiteten Polestar 2 Long Range Single Motor (141 kW), dem ID.7 Pro (138 kW), dem i4 (136 kW), dem erwähnten Model 3 (135 kW) und dem Audi Q4 e-tron (125 kW). Selbst der MG4 ist mit 118 kW nicht weit entfernt. Eher schwach schneidet der iX1 mit 106 kW im Schnitt ab. Der Opel Astra muss gleich mit dem Verbrauch punkten, denn seine Ladeleistung liegt nur im Peak bei 100 kW – und 83 kW im Schnitt.

Ioniq 6 kombiniert guten Verbrauch und Ladeleistung

Tatsächlich zählt der Astra mit dem drittbesten Verbrauch im EcoTest von 17,4 kWh/100km zu den effizienteren Autos. Geschlagen wird er nur knapp vom Model 3 mit 17,2 kWh/100km – im WLTP-Wert ist der Tesla zwar deutlich besser, satte 23 Prozent Aufschlag im EcoTest kosten das Model 3 aber den ersten Platz. Tesla-Bashing sollte man dem ADAC aber nicht unterstellen: Der VW ID.7 Pro hat ebenfalls einen extrem guten WLTP-Verbrauch, im EcoTest aber mit 22 Prozent Aufschlag ebenfalls deutlich mehr verbraucht – macht 18,1 kWh/100km in der Auswertung. Ähnlich ergeht es dem Polestar 2. Eine sehr geringe Abweichung (acht Prozent) mit einem sehr guten WLTP-Wert hat der Hyundai Ioniq 6: Der Koreaner wurde vom ADAC mit 15,5 kWh/100km getestet, was ein ausgesprochen guter Wert ist – und das effizienteste E-Auto der Oberklasse, den BMW i5 mit 19,1 kWh/100km, deutlich unterbietet.

P3 betont bei den Ergebnissen auch die Weiterentwicklung des MEB von Volkswagen: 2021 kam der ID.4 Pro noch auf einen EcoTest-Verbrauch von 22,8 kWh/100km. Mit dem deutlich effizienteren Elektromotor APP550 und der aerodynamischen Limousinen-Form schafft der ID.7 mit 18,1 kWh/100km einen guten Wert. Der Audi Q4 40 e-tron belegt mit 20,4 kWh/100km hingegen nur den vorletzten Platz – 0,1 kWh vor dem Smart #1 Pro+.

Kombiniert man den Verbrauch mit der Lade-Performance, ist der klare Sieger der Mittelklasse der Hyundai Ioniq 6 RWD! Die E-GMP-Limousine bringt den geringen Verbrauch und die Ladeleistung so gut zusammen wie kein anderes Modell seiner Preisklasse. Der EV6 lädt zwar minimal besser, hat aber mit 18,6 kWh/100km einen deutlich höheren Verbrauch – nur Platz 7 im Segment. Wer aber den deutlich größeren Kofferraum des EV6 im Vergleich zu den flachen E-Limousinen benötigt, kann im Kia mit einem Indexwert von 1,03 sehr gut reisen – und das Upgrade mit 84 kWh im Unterboden steht in den Startlöchern. Aber um schon die aktuelle Langstrecken-Performance zu veranschaulichen: Der Ioniq 6 lädt in zehn Minuten so viel Reichweite nach wie der BMW i4 in 20 Minuten, der EV6 schlägt in zehn Minuten den BMW iX1 nach 20 Minuten. Das ist deutlich!

Hinter den beiden Koreanern schneidet der Polestar 2 als bestes 400-Volt-Modell ab. Polestar hat es verstanden, sein Mittelklasse-Modell mit stetigen (Software-)Updates fit und konkurrenzfähig zu halten. Ein Charging Index von 0,93 schlägt zum Beispiel den teuren Mercedes EQS bei der Langstrecken-Performance, obwohl dieser einen deutlich größeren Akku hat. Mit 0,86 und 0,84 liegen der ID.7 und das Model 3 sehr nahe beisammen – nach 20 Minuten Ladezeit trennen sie nur vier Kilometer. Bei einem so knappen Ergebnis macht das persönliche Fahrverhalten mit dem Verbrauch wohl mehr aus als kleine Details an der Lade-Performance – gut reisen kann man in beiden Autos.

Auch für wenig Geld ist ein guter Charging Index möglich

Am Ende der Mittelklasse werden der Smart #1 Pro+ und der Opel Astra Electric Sports Tourer gewertet. Beim Smart sind sowohl Ladeleistung als auch Verbrauch nur mittelmäßig (Charging Index: 0,59), der MG4 Luxury kostet etwa nur 500 Euro mehr, bietet aber mit 0,71 den deutlich besseren Charging Index. Und zur Erinnerung: 2019 hat ein Charging Index von 0,72 noch zum Sieg gereicht! Der Opel kann zwar beim Verbrauch punkten, die Ladeleistung kostet aber Plätze: In 20 Minuten kann der Astra nur 169 Kilometer nachladen.

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Fasst man die Ober- und Mittelklasse zusammen, ragt natürlich der Taycan mit 383 nachgeladenen Kilometern in 20 Minuten heraus. Für knapp die Hälfte gibt es mit dem Ioniq 6 aber eine gute Langstrecken-Alternative – mit 346 Kilometern in 20 Minuten. Der EV6 als Sieger von 2022 rutscht auf Rang drei ab, hier steht aber das Facelift-Modell für das nächste Jahr an.

Mit dem Taycan hat zwar ein deutscher Autobauer den Spitzenplatz im Charging Index zurück erobert, in den Top Ten sind die Deutschen aber in der Minderheit: Neben dem Taycan schafft es der Mercedes EQS (0,92) auf Rang acht, der BMW i5 komplettiert mit 0,87 die Top Ten. Die anderen sieben Autos werden in Asien gebaut – vier in Südkorea und mit dem Polestar 2, Nio ET5 Touring und Xpeng G9 drei in China.

Lade-Performance: Vorteil für Asien?

Doch was lernen wir aus all diesen Daten? 800-Volt-Systeme erlauben eine gute Lade-Performance, sind aber kein Garant für eine gute Platzierung – auch der Verbrauch muss stimmen. Aber 800 Volt sind zu einer Voraussetzung geworden, um im P3 Charging Index – und auch auf der Straße – gut abschneiden zu können

Auf der anderen Seite können 400-Volt-Autos mit guter Effizienz und Ladekurve durchaus konkurrenzfähig sein – noch. Denn hier ist ein Limit in der Entwicklung zu sehen, da die Effizienz nicht im gleichen Maß steigt wie die Ladekurven bei so manch 800-Volt-Modellen. Eine über 100 kWh große Batterie (wie in einem EQS) mit maximal 200 kW laden zu können, dauert einfach – nach der derzeitigen Marktentwicklung zu lange.

p3 charging index grafiken 2024 extra
Bild: P3

Doch wie kommen die immer höheren Ladeleistungen zustande? Für die Ladeleistung sind zum einen die Batteriespannung und zum anderen die Stromstärke relevant. Die Spannung steigt mit dem Ladestand während des Schnellladens an, der Ladestrom sinkt aber. Wie hoch genau die Batteriespannung ist und welche Stromstärken die Zellen vertragen, hängt von der Zellchemie und auch der Verschaltung innerhalb der Batterie ab. „Hier sind klare Vorteile der asiatischen Hersteller zu erwarten, die in Kooperation mit den asiatischen Batterieherstellern früher auf innovative und auch performante Technologien zugreifen können“, schreibt P3.

Ein Beispiel ist hier der Lotus Emeya, der auf eine Ladeleistung von über 400 kW kommt. Seine Batteriespannung liegt im Ladefenster von zehn auf 80 Prozent zwischen 720 und 800 Volt. Während sich ein Hyundai Ioniq 6 mit einem ganz ähnlichen Spannungsverlauf mit maximal 300 Ampere zufrieden gibt, kann Geely beim Lotus Emeya bis zu 550 Ampere in den Akku jagen. Also selbst bei 800-Volt-Modellen ist die 500-Ampere-Grenze des CCS bereits gefallen – und wird es in Zukunft wohl in weiteren Modellen tun!

Bei den 800 Volt sind die deutschen Hersteller nicht ganz vorne mit dabei, sie haben den Weg aber erkannt: Aus Basis der PPE gibt es erste Modelle von Porsche und Audi, BMW schwenkt mit der Neuen Klasse ebenfalls auf 800 Volt um und Mercedes bringt diese Spannungslage auch in den kommenden CLA. Während Porsche, Audi und BMW aber zuerst auf SUV-Modelle setzen, spielt Mercedes mit dem CLA die Effizienz-Karte. Wie das ausgeht, wird dann der nächste Charging Index zeigen!

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15 Kommentare

zu „P3 Charging Index 2024: Porsche Taycan ist der Langstrecken-Meister“
Heinz Horch
11.12.2024 um 07:16
Warum ist der Ioniq 5 nicht dabei?
Sebastian Schaal
11.12.2024 um 10:05
Hallo Herr Horch,der Ioniq 5 war 2022 zuletzt dabei. Für den Test stand die überarbeitete Version mit 84 kWh noch nicht zur Verfügung. Daher wurde in der aktuellen Ausgabe nur der Kia EV6 auf der gleichen Plattform berücksichtigt. Das Ergebnis des Ioniq 5 von 2022 ist aber nach wie vor gültig mit einem Charging Index von 0,91, womit er sich auf Platz 4 in der Mittelklasse einordnen würde.Viele Grüße Sebastian Schaal
Thorsten G.
11.12.2024 um 09:00
Weil er baugleich mit dem EV6 ist?
erFahrer
11.12.2024 um 08:22
Vielen Dank - eine einzigartige, gute Leistung- ihr seid der Meister um am effektivsten BEV-Wissen „nachzuladen“..
MeisterEV
11.12.2024 um 08:41
Spannend wie jedes Jahr!
Manfred
11.12.2024 um 08:57
In der Praxis kommt es oft anders als man plant. Die Ladsäule gibt trotz eigentlich optimaler Bedingungen nicht die versprochenen 300KWH ab. Oder man muss sich notgedrungen eine Ladestation mit einem anderen Fahrzeug teilen und der Porsche Taycan saugt weniger als der zuerst angeschlossene BMW I4, weil der als erster an der Säule war und somit höher priorisert wurde. Ich kann mir vorstellen, dass wenn man das oben beschriebene Starterfeld von Hamburg nach München geschickt hätte, dann wäre die Reihenfolge , bedingt duch diverse Faktoren, vielleicht etwas anders.
Thomas
11.12.2024 um 10:20
Das sehe ich auch so. Ich finde diese Auswertungen aus technischer Sicht sehr interessant, aber nicht praxisnah. Weitere Ladeleistungserhöhungen sind für mich (50.000 km/a elektrisch bisher mit Q8 (2 Jahre) und Model Y (1 Jahr) gefahren) nicht notwendig. Wichtiger sind wirtschaftliche und preiswerte Lösungen, um die Mobilität in die Allgemeinheit zu bringen sowie eine gute Ladeleistung auch im "Kaltstart".
MWF
11.12.2024 um 10:04
100%
Simon
11.12.2024 um 10:06
Der ADAC Eco Test beinhaltet größtenteils langsames fahren. Besser wäre ein reiner Autobahnverbrauch, denn auf der Langstrecke fährt man nun mal schnell. Außerdem beinhaltet er die AC-Ladeverluste, was absolut unsinnig ist auf der Langstrecke. Die Verbrauchswerte haben also absolut gar keine Aussagekraft. Des Weiteren stellt sich noch die Frage, wie die Ladeleistungen ermittelt werden. Ein Ablesen von der Ladesäule würde bedeuten, dass Autos, die extrem viel Energie für die Konditionierung während des Ladens aufbringen, bevorzugt werden, da bei Ihnen die vermeintliche Ladeleistung höher ist als die tatsächliche. Außerdem wurde nicht berücksichtigt, wie viel Energie für das Aufwärmen des Akkus vor und das Abkühlen nach dem Ladevorgang aufgebracht werden muss. Diese Energie kommt nämlich aus dem Akku, wodurch die tatsächliche Reichweite verringert wird.
Peter
11.12.2024 um 12:27
Eine Ausrichtung auf die Langstrecke wäre allerdings deutlich irrelavanter, wenn man sich die üblichen Entfernungen pro Tag aus großen Mobilitätssstudien wie der "Mobilität in Deutschland" anschaut. Langstrecke spielt für den Großteil im Alltag einfach keine Rolle. Und dann kommen in den seltenen Fällen der Langstreckenfahrten eben solche anderen Faktoren zum Tragen, wie hier in anderen Kommentaren beschrieben (Ladesäulen teilen usw.). Bei solchen Forschungsdesigns gibt es kein richtig und falsch in der Auswahl der Methodik. Hier ist die Wahl für mich aber schlüssig getroffen worden.
MWF
11.12.2024 um 10:27
Der Test ist klasse und nice to know aber in der Praxis nicht kaufentscheidend. Solange wir hier in good old Germany mit einer zerstückelten Ladeinfrastruktur arbeiten bringt dieser Vorteil der 800V Systeme nichts entscheidendes. Ob der Fahrer bei seinen seltenen Langstreckenfahrten nun 16 Minuten oder 23 Minuten laden muss, ist bei einer Tagesfahrleistung der Bürger von 40km nicht relevant. Die deutschen OEM`s brauchen Nachhilfe im Erkennen der relevanten Kaufmotive in China und USA. Wie erfolgreich ist noch gleich der Taycan im größten Elektroautomarkt der Welt?
Aztasu
11.12.2024 um 11:50
Lol was für ein inhaltloser Kommentar. Hier geht es um die technischen Fähigkeiten des Fahrzeugs. Und GERADE in Deutschland gibt es bereits ein hervorragendes 800V Ladenetz was jedes Quartal deutlich erweitert wird.
Simon
11.12.2024 um 11:25
Insgesamt ist die Vorgehensweise schon gut, wenngleich ich mit einem simplen Dreisatz aus Verbrauch, Ladeleistung und Ladekurve in meiner "Nächste Auto - Excel" sehr ähnliche Ergebnisse habe. Da es hier allerdings um Langstrecke geht, würde ich vorschlagen den Autobahn Verbrauch zu nehmen statt den Eco-Mix. Und auch da eher den von 130km/h bei 10 °C statt irgend ein Mittel.
C. Brinker
11.12.2024 um 12:10
Also das gute Verhältnis von Verbrauch und Ladeleistung beim Ioniq6 kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, das kennt man, dafür hat er im Alltag paar andere Schwächen... mich hat sehr positiv das Ergebnis des NIO überrascht... da ist eine ganze Menge passiert, sehr erstaunlich, eine so flache und hohe Ladekurve zu zaubern. Zeigt deren Potential, Hut ab.
Dani_BlueSky
11.12.2024 um 22:11
Hallo, bevor man eine Zahl von PSS in Deutschland bekannt gibt, sollte man besser noch mal recherchieren. Denn stand heute sind es leider nur 19. Es ist mir schleierhaft, wie die Zahl 31 zustande kommt.

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