E-Lkw-Hersteller: Ohne neue Quellen geht Nikola das Geld aus

Der US-amerikanische E-Lkw-Hersteller Nikola warnt in einer Pflichtmitteilung an die US-Börsenaufsicht, dass er nicht genug Geld habe, um das nächste Quartal zu überstehen. Um gegenzusteuern, entlässt Nikola aktuell im großen Stil Mitarbeiter. Zu einem Turnaround wird das aber wohl nicht reichen.

Bild: Nikola Motors

Wörtlich schreibt Nikola an die US-Börsenaufsicht SEC: „Wir gehen derzeit davon aus, dass unsere vorhandenen finanziellen Mittel nur ausreichen, um unsere prognostizierten Betriebskosten zu finanzieren und unseren Verpflichtungen bis zum ersten Quartal 2025 nachzukommen, aber nicht darüber hinaus.“ Als Reaktion auf die sich zuspitzende finanzielle Notlage entließ Nikola im Oktober bereits 15 Prozent seiner Belegschaft. Im laufenden Monat soll es neue Kündigungen geben – in welchem Umfang ist nicht publik.

Dass Nikola tief in der Verlustzone steckt, offenbaren alle bis dato veröffentlichten Geschäftsberichte. Zum Halbjahr 2024 sah es aber so aus, als könnte sich das Unternehmen etwas berappeln. Offenbar nur ein Intermezzo, denn die Börsenwarnung spricht für sich. Die Kollegen vom US-Portal Electrek schreiben, dass Nikola etwa 200 Millionen Dollar pro Quartal verliere, und grob dieser Betrag nach dem dritten Quartal noch an Liquiditätsreserven vorhanden war. Ohne neue Quellen geht ergo trotz erster nennenswerter Umsätze das Geld bald aus.

Nikola hat einiges hinter sich. Etliche Branchenbeobachter prophezeiten der Firma vor gut zwei Jahren das Aus, als der einstige Gründer und ehemalige CEO Trevor Milton wegen Betrugs verurteilt wurde. Er hatte Aktionäre über die Technologie des Unternehmens belogen. Die Entschädigungssummen spielen aktuell noch immer eine Rolle. So soll Nikola erst 45 Millionen Dollar im Zuge des 125-Millionen-Dollar-Vergleichs beglichen und sich gleichzeitig aber noch nicht die der Firma zustehende Entschädigung in Höhe von 165 Millionen Dollar vom Ex-CEO zurückgeholt haben.

Auch danach ging es chaotisch weiter. 2023 entschied Nikola seinen Anteil am Europa-Joint Venture mit Iveco vollständig an den italienischen Lkw-Hersteller zu verkaufen, was einem Rückzug aus Europa gleichkam. Im selben Jahr musste Nikola alle 209 ausgelieferte Batterie-Lkw zurückrufen. Immerhin: Den Fokus hatte das Unternehmen aber bereits zuvor vermehrt auf den Brennstoffzellen-Lkw gelegt. Aus der kapitalintensive Startphase kam Nikola aber nie hinaus. Neben den akuten Geldsorgen soll sich das Unternehmen auch juristisch eingezingelt fühlen. Laut Electrek sei Nikola „mit einer Reihe von Klagen von Aktionären, Lieferanten und Partnern konfrontiert“.

electrek.co, sec.gov, nikolamotor.com

10 Kommentare

zu „E-Lkw-Hersteller: Ohne neue Quellen geht Nikola das Geld aus“
Hoppe 63
13.12.2024 um 12:49
Die kommen aktuell gegen MB oder MAN nicht an,da wird sich auch nix mehr dran ändern. Das gleiche Schicksal blüht auch dem Semitruck von Tesla, nur das da ein anderer finanzieller Background herrscht....
Dixi K
14.12.2024 um 10:03
Der war gut, lol
Alex D.
13.12.2024 um 16:48
Das ist dann wohl bald das unrühmliche Ende dieser Firma, die schon von Anfang an aufs falsche Pferd gesetzt hatte. Deshalb kann ich den Satz - " Immerhin: Den Fokus hatte das Unternehmen aber bereits zuvor vermehrt auf den Brennstoffzellen-Lkw gelegt." -nicht verstehen.Genau das ist doch das Problem, an dem das Unternehmen letztendlich scheitern wird. Für H2-LKW fehlt in Europa wie auch den USA die Infrastruktur und batterieelektrische LKW haben sich zwischenzeitlich immer mehr weiterentwickelt, können mittlerweile auch auf der Langstrecke eingesetzt werden (der Vorteil von H2 fällt also weg) und können vielfach die schon bestehende Ladeinfrastruktur mitnutzen - speziell für LKW ausgelegte Ladeparks sind zudem in der Entstehung.
Horst65
14.12.2024 um 11:08
Hmm, rein rational betrachtet brauchen wir H2 LKW (Dekarbonisierung, Energiespeicher für grünen Strom, leistungsstarke Antriebe auch in problematischen Regionen wie Bergpässe oder kalte Regionen, Batterien sind für LKW noch zu schwer und haben bei Kälte erhebliche Kapazitätseinbußen + Energiemehraufwand für Heizung).Nur leider ist die ökonomische Lehre nicht am Wohl der Ökologie, die zum menschlichen Dasein gehört wie das Wasser für die Fische, ausgerichtet. Insofern kann man davon ausgehen das die menschliche Rasse alle Voraussetzungen hat sich selbst zu erledigen ... dann kann die Ökologie sich wieder erholen.Hinterher zu sagen: "unrühmliche Ende dieser Firma, die schon von Anfang an aufs falsche Pferd gesetzt hatte ... " ist keine Kunst.Die Kosten für die Umstellung auf nicht fossile Energieträger sind halt da und Nikola hat sich das Wissen und die Fähigkeit nicht zum Spaß angeeignet. Trevor Milton (ehemaliger Gründer), ein verurteilter Betrüger in der Reihe der Superreichen, ist eine andere Sache ... der hat damit sogar jeden einzelnen Mitarbeiter betrogen. Das er für den Betrug nicht gerade steht und seine 165 Mio $ Schadensersatz an Nikola nicht zahlt, ist dabei nur eine Randnotiz des liberalen Finanzkaptialismus. Dieser Art von Staats- und Wirtschaftsystem erlaubt es sogar das Straftäter der Sorte Trevor Milton Präsident der USA werden.Eine Chance vertan, ... die Frage ist, wie viel Chancen bekommen wir noch? Denn die Schwellen- und Entwicklungsländer stehen kurze vor einem kometenhaften Aufstieg und wenn die das mit unserer CO2 Bilanz hin bekommen, was Ihnen zusteht, dann gute Nacht Marie.Die Hoffnung stirbt zuletzt.
WH
16.12.2024 um 12:07
Liebherr bietet jetzt den T-264 als Elektrischen LKW an. Wenn selbst schwerste Bergbaumaschinen wie dieser LKW (Zuladung 240 t) elektrisch möglich sind (Produktion schon ausverkauft für die nächsten Jahre), dann hat wirklich keiner mehr eine Ausrede oder Wirtschaftlichkeit für Brennstoffzellen-LKW.
Dixi K
15.12.2024 um 07:30
Vielleicht einfach mal den Elektrotrucker bei Youtube anschauen und vom Gegenteil überzeugen lassen. Wer hoch fährt kommt auch wieder runter und rekuperiert sehr viel der Energie zurück. Wieso soll ein H2 Antrieb leistungsstärker sein als ein reiner e Antrieb? Mittlerweile gibt es Bergbau Maschinen rein elektrisch.
Alex D.
15.12.2024 um 01:54
"Hmm, rein rational betrachtet brauchen wir H2 LKW" -> Nein, das sehe ich fundamental anders. Schon heute können akkubetriebene LKW alles, was auch dieselbetrieben können - einzig die Kosten müssen noch runter, aber das wird in den nächsten Jahren passieren so wie es jetzt schon bei PKW sichtbar ist, die Zellpreise gehen immer weiter runter. Ich sage das mit dem "unrühmlichen Ende" von H2 im PKW/LKW-Bereich zudem nicht erst hinterher, sondern schon immer. Wir brauchen zukünftig H2 in der Industrie und in der Luft- sowie Seefahrt, aber nicht auf der Straße.
Udo
13.12.2024 um 19:16
Die Innovation von Nikola ist seit jeher gleich null, insofern war es lange absehbar! Worin sollte denn eine vermeintliche Innovation hier liegen? Einen BEV- oder FCEV-Truck aus nur zugekauften Teilen anderer Firmen können auch alle etablierten LKW-Hersteller bauen, wenn sie das denn wollen - aber wegen bereits vorhandener Strukturen und Mitarbeiter eben nur viel kostengünstiger...
Egon Kohler
16.12.2024 um 18:36
"Immerhin: Den Fokus hatte das Unternehmen aber bereits zuvor vermehrt auf den Brennstoffzellen-Lkw gelegt." Das hat darum seine Richtigkeit, weil das diejenige (einzige) Nische ist, in der Nikola ev. noch einen Blumentopf gewinnen kann. Denn die Grossen konzentrieren sich richtigerweise auf BEV, in dem Bereich sterben gerade reihenweise Startups, weil nicht (mehr) konkurrenzfähig.
Peter Kass
17.12.2024 um 00:29
Hmm, der Iveco S-eWay scheint ja derzeit einer der besten, wenn nicht der beste Fernverkehrs-LKW zu sein - Nikola inside. Warum kann Nikola davon nivht profitieren ? Stattdessen auf die Brennstoffzelle gesetzt ? Leute von Nikola, habt ihr sie noch alle ? Kein Wunder, dass ihr den Bach runtergeht ...

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