Mexiko will günstige E-Autos in Eigenregie bauen
Der jetzt vorgestellte Zeitplan ist straff: Das erste Modell soll beim Eröffnungsspiel der Fußball-WM 2026 im Aztekenstadion vorgestellt werden, also am 11. Juni 2026. Die Produktion soll noch im gleichen Jahr anlaufen. Geplant ist aber nicht ein zentrales Werk, sondern eine regionale Fertigung, wie aus der Mitteilung der mexikanischen Regierung hervorgeht.
Politisch ist das Projekt ganz oben im Staatsapparat angesiedelt, denn Olinia, was laut mexikanischen Medien in der indigenen Sprache Náhuatl „Bewegung“ bedeutet, wurde von Präsidentin Claudia Sheinbaum persönlich vorgestellt. „Dieser Kleinwagen muss die Eigenschaften haben, sicher zu sein, elektrisch zu sein, an jede Steckdose angeschlossen werden zu können und die meisten seiner Komponenten sind mexikanisch“, sagt Sheinbaum. „So werden wir nach und nach diese Produktionskette aufbauen.“
Die Regierung will das Projekt aber nur anstoßen, später sollen private Unternehmen Olinia vorantreiben. „Die Idee ist, dass die Regierung das Sekretariat bei der Erstellung dieses Entwurfs unterstützt und dass beim Bau der Fahrzeuge die Teile an verschiedenen Orten gebaut und an verschiedenen Orten zusammengebaut werden können“, wird die Präsidentin in der Mitteilung weiter zitiert. Mit dem „Sekreteriat“ ist das kürzlich geschaffene Sekretariats für Wissenschaft, Geisteswissenschaften, Technologie und Innovation gemeint, das als neues Ministerium unter Sheinbaum etabliert wurde. So sollen die Transportkosten gering gehalten werden. Ob daher mit niedrigeren Stückzahlen je Standort die fehlenden Skaleneffekte die Vorteile bei den Transportkosten wieder auffressen, muss sich noch zeigen.
Laut der Zeitung „Mexico Now“ soll einer der Produktionsbetriebe im im nordwestlichen Bundesstaat Sonora angesiedelt werden. Auch die Präsidentin erwähnte Sonora in einem einfachen Beispiel, bestätigte aber nicht direkt, dass dort auch ein Betreib entstehen soll. „Da die Fahrt mit dem Auto von Sonora nach Yucatán mit Kosten verbunden ist, erhöhen sich die Kosten für das Fahrzeug. Wenn wir eine Montagefirma in Yucatán und eine in Sonora haben könnten, wäre es sehr gut, regionale Montagefirmen zu haben, die es uns ermöglichen, das Fahrzeug zu geringeren Kosten bereitzustellen“, sagt Sheinbaum im Konjunktiv.
Allerdings überrascht das Budget vor allem mit Blick auf den ambitionierten Zeitplan: Die Regierung hat das National Polytechnic Institute (IPN) und das National Technological Institute of Mexico (TecNM) für die Entwicklung der Minifahrzeugtechnologie ausgewählt und für 2025 eine Summe von 25 Millionen Pesos bereitgestellt – also umgerechnet rund 1,2 Millionen Euro.
Es muss dabei aber auch erwähnt werden, dass es sich bei den drei Modellen nicht um vollwertige Kleinwagen, sondern eher um elektrische Leichtfahrzeuge handeln soll – es sind zwar noch keine genauen Daten bekannt, aber in Europa dürften diese Fahrzeuge am ehesten in der Klasse L7e zugelassen werden. Bei zwei Modellen handelt es sich um Mini-Fahrzeuge für junge Leute und Familien, die in städtischen Gebieten leben – also einen Drei- und Fünftürer mit ähnlichem Grundkonzept. Das dritte Modell ist als kleiner Lieferwagen für die Logistik auf der letzten Meile gedacht. Alle drei Fahrzeuge sollen auf einer gemeinsamen Mehrzweck-Plattform aufbauen. Chassis, Motor und Batterie sollen jeweils identisch sein. Die Renderings, die Sheinbaum während der Pressekonferenz gezeigt hat, sollen aber eher illustrativen Charakter haben und keinen unmittelbaren Ausblick auf die tatsächlichen Produkte geben.
Mit dem niedrigen Preis von maximal 150.000 Pesos wären die Fahrzeuge tatsächlich deutlich erschwinglicher als die bisher in Mexiko erhältlichen E-Pkw. Laut „Mexico News Daily“ starten die Fahrzeuge von JAC, Renault und BYD derzeit bei etwa 350.000 Pesos oder etwas über 17.000 Euro. Auch die Betriebskosten sollen niedriger sein, der CO2-Ausstoß ohnehin.
Zudem hat die mexikanische Regierung die Verkehrssicherheit im Blick: Zwar sind elektrische Kleinstfahrzeuge bisher nicht gerade für ihre hohen Sicherheitsstandards bekannt, die E-Fahrzeuge von Olinia sollen aber als Alternative zu Motorrädern etabliert werden. „Motorräder sind beliebt, aber auch riskant“, sagt Sheinbaum. „Die Zahl der Verkehrsunfälle, an denen sie beteiligt sind, ist erheblich gestiegen … daher muss dieses kleine Fahrzeug die folgenden Eigenschaften haben: sicher, elektrisch und hauptsächlich in Mexiko hergestellt.“
In Mexiko produzieren Autobauer wie General Motors, Ford, Volkswagen, Audi, BMW und Mercedes-Benz, teilweise sogar schon Elektroautos – im Falle des Ford Mustang Mach-E für den Weltmarkt, GM importiert den Chevrolet Equinox EV und Blazer EV in die USA und Audi verlagert bekanntlich die Produktion des Q8 e-tron aus Brüssel nach San José Chiappa. Die geplante und bereits im Bau befindliche Giga Mexico von Tesla im Bundesstaat Nuevo Leon liegt derzeit hingegen auf Eis.
spiegel.de, mexiconewsdaily.com, mexico-now.com, gob.mx (auf Spanisch)
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