UK löst Deutschland als europäischer E-Auto-Leitmarkt ab
In Großbritannien brummt der Elektroauto-Markt weiter: Für das vergangene Jahr verzeichnete die Society of Motor Manufacturers and Traders (SMMT) bei Batterie-elektrischen Pkw (BEV) einen Zuwachs von 21,4 Prozent gegenüber 2023. Die 381.970 in den vergangenen zwölf Monaten auf die Straße gekommenen BEV-Autos bedeuten einen Marktanteil von 19,6 Prozent an allen Pkw-Zulassungen in Großbritannien. Ein neuer Bestwert, 2023 lag der Marktanteil noch bei 16,5 Prozent.
In Deutschland war 2024 die umgekehrte Entwicklung zu beobachten. Der Elektroauto-Markt gab um 27,4 Prozent nach, die Kurve fiel von über eine halbe Million BEVs im Jahr 2023 auf nur noch 380.609 Einheiten in 2024. Der Marktanteil verringerte sich vor diesem Hintergrund von 18,4 auf 13,5 Prozent. Davon profitierten vor allem die Hybride.
Auch Frankreich kann Großbritannien beim Marktwachstum nicht folgen. Die E-Auto-Zulassungen stagnierten dort 2024: Die 290.611 zugelassenen BEVs bedeuteten einen minimalen Rückgang um 2,6 Prozent gegenüber 2023. Blickt man auf den Gesamtmarkt, gingen in Frankreich die Pkw-Neuzulassungen generell leicht zurück (-3,2%), in Deutschland gab es kaum Bewegung (-1%), in Großbritannien wuchs der Pkw-Markt über alle Antriebe hinweg leicht (2,6%).
Schaut man sich die Hintergründe dieser unterschiedlichen Entwicklung an, spricht aber vieles dafür, dass das Rennen für 2025 wieder offener sein wird, denn in Großbritannien wurde das Wachstum teils künstlich erzeugt: Dort war 2024 das erste Jahr mit verbindlichen Zielvorgaben für emissionsfreie Neuwagen und die Hersteller mussten sich den steigenden E-Auto-Absatz dabei in den vergangenen zwölf Monaten teils mit hohen Rabatten erkaufen. Gemessen wurden sie an dem politischen Ziel, einen Elektroauto-Anteil an ihren Verkäufen von 22 Prozent zu erreichen. Blickt man über alle Unternehmen hinweg, wurde diese Hürde mit 19,6 Prozent also gerissen.
Die SMMT spricht in ihrer Jahresbilanz denn auch davon, dass ein schwieriges Jahr für die Branche ende, in dessen Verlauf die Hersteller alles versuchten, um die neuen vorgeschriebenen Verkaufsziele zu erreichen: „Die Industrie hat alle Hebel in Bewegung gesetzt […], wobei sich die Preisnachlässe der Hersteller im Jahr 2024 auf insgesamt mehr als 4,5 Milliarden Pfund belaufen – ein Betrag, der auf Dauer nicht tragbar ist.“
Grenzwerte nehmen in der EU erst jetzt verstärkt Einfluss
In der EU könnte ein solches Szenario 2025 bevorstehen, denn in der Union gibt es zwar keine vorgeschriebenen Verkaufsquoten, aber die CO2-Flottengrenzwerte für Hersteller ziehen 2025 deutlich an. Bisher lag dieser Wert bei 115,1 Gramm CO2 pro Kilometer pro Fahrzeug, im laufenden Jahr sinkt er auf 93,6 Gramm und 2030 auf 49,5 Gramm. Der Sprung von 2024 zu 2025 ist dabei relativ groß und kann nur mit einem deutlich steigenden Absatz von emissionsfreien Fahrzeugen erreicht werden.
Doch zurück zur Zulassungsstatistik aus Großbritannien. Dort bleiben die Benziner mit einem Marktanteil von 52 Prozent die beliebteste Antriebsart, auch wenn die Verkäufe gegenüber 2023 leicht nachließen (-4,4%). Diesel-Pkw verlieren in Großbritannien deutlich (-13,6%) und bilden nur noch jedes 15. neu zugelassene Auto. Zum Vergleich: In Deutschland sind zwar Benziner weniger beliebt als in Großbritannien (Marktanteil: 35%), aber der Diesel-Anteil am Verkaufsmix ist noch wesentlich höher (Marktanteil: 17%).
Und bei den elektrifizierten Antrieben? Zu den 381.970 neuen BEVs gesellten sich im UK 2024 noch 167.178 Plug-in-Hybride (PHEVs, +18,3% YoY), die 8,6 Prozent Marktanteil auf sich vereinen. Zusammengerechnet hatten im Vereinigten Königreich in den vergangenen zwölf Monaten demnach 28,2 Prozent aller neuen Pkw einen Stecker – also gut jeder vierte Wagen. Hybride ohne externe Lademöglichkeit machten weitere 13,4 Prozent des Pkw-Markts aus. Diese Antriebsart wuchs moderat um 9,6 Prozent gegenüber 2023.
Beliebtestes BEV-Modell war in Großbritannien übrigens das Tesla Model Y mit 32.862 Verkäufen, im Modell-Ranking über alle Antriebe hinweg belegte das Fahrzeug damit den fünften Platz. Blickt man rein auf das BEV-Ranking folgen dem Model Y in den Top-5 die Stromer Audi Q4 e-tron (17.622 Zulassungen), Tesla Model 3 (17.425), MG4 (15.651) und BMW i4 (12.953).
UK verdankt Wachstum den Gewerbetreibenden
Interessant ist in der SMMT-Statistik noch der Blick auf die Käufer. In Neuwagen investiert haben den Zahlen zufolge nämlich überdurchschnittlich gewerbliche Kunden: Sechs von zehn Neuzulassungen (59,6 %) gingen 2024 auf Firmen zurück, private Käufer griffen weniger zu (-8,7%). Zoomt man auf die BEV-Verkäufe wird der Unterschied noch eklatanter: Die SMMT schreibt, dass sich im vergangenen Jahr nur jeder zehnte Privatkäufer für ein Elektrofahrzeug entschieden hat. Dagegen griffen 61 Prozent zum Benziner. Das E-Auto-Marktwachstum in Großbritannien ist also vor allem den Gewerbekunden zu verdanken, die zu einem Viertel (25,4 %) BEVs zuließen. Dadurch seien 64.000 BEVs mehr in Unternehmen und Flotten integriert worden als 2023, heißt es.
Als Ausblick für 2025 sei festgehalten, dass die Einhaltung der BEV-Verkaufsquoten für das laufende Jahr in Großbritannien noch schwieriger wird als 2024. Denn das Ziel steigt auf 28 Prozent, was laut SMMT ein Wachstum des E-Fahrzeugmarkts um nochmals knapp 50 Prozent voraussetzt. Allerdings wird in der von Labour angeführten Regierung aktuell diskutiert, ob die Zwischenziele bis zum angestrebten Verbrenner-Aus für Neuwagen im Jahr 2030 so bestehen bleiben oder gelockert werden.
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