München startet Ladeinfrastruktur-Ausschreibung
Kurzer Rückblick, weshalb die erneute Ausschreibung überhaupt nötig ist: Die Vergabekammer Südbayern hatte im November 2023 entschieden, dass die Stadt ein Vergabeverfahren für 2.700 neue Ladesäulen, das damals schon seit drei Jahren lief, wegen eines Formfehlers von vorne beginnen muss. Der formale Knackpunkt war, dass die Stadt einen Dienstleistungsauftrag ausgeschrieben hatte, aber eine Konzession hätte ausschreiben müssen. Im April 2024 wurden dann erste Informationen zu der Neuplanung bekannt.
Wie die Landeshauptstadt jetzt in ihrer „Rathaus Umschau“ mitteilt, soll der Ausbau der Ladeinfrastruktur in München Fahrt aufnehmen. „Nachdem der Stadtrat die Sondernutzungsrichtlinie und die Sondernutzungsgebühren angepasst und so den Rahmen für die Genehmigung von Ladeeinrichtungen auf öffentlichem Grund verbindlich festgelegt hatte, können ab heute ladepunktbetreibende Unternehmen (Charge Point Operator) Anträge auf die Errichtung von Ladeeinrichtungen in München stellen“, heißt es dort.
Ausgeschrieben werden insgesamt acht laut der Stadt „gleichwertige“ Flächenkontingente, welche sich aus drei beziehungsweise in einem Fall aus vier Stadtbezirken zusammensetzen. CPO können sich auf eine oder mehrere Kontingente bewerben. Der Betreiber, der den Zuschlag erhält, bekommt innerhalb seiner Fläche eine Art Exklusiv-Recht, muss aber eigenständig die konkreten Standorte vorschlagen. Zu den Kontingentbereichen und möglichen Standorten wurde eine Karte im Geoportal der Stadt eingerichtet – dort sind auch Standort-Vorschläge von Bürgern aus den vergangenen Jahren verzeichnet. „Falls mehr als eine vollständige und qualifizierte Bewerbung pro Flächenkontingent eingeht, entscheidet das Los“, so die Stadt.
Ein Betreiber je Flächenkontingent
Damit hat man sich in München für ein anderes Konzept entschieden als etwa in Hamburg. Auch dort wurde 2024 eine Ausschreibung abgeschlossen, um mehrere Betreiber von AC-Ladepunkten in der Stadt zu erhalten. Allerdings wurden in der Hansestadt viele kleinere Suchräume, die über das Stadtgebiet verteilt sind, als gewünschter Lade-Standort zu Losen zusammengefasst. Mit diesem Ansatz sollen lokale Monopole eines Betreibers unterbunden und der Wettbewerb gefördert werden. Während also theoretisch die Preise aufgrund des Wettbewerbs niedriger sind, kann es für die Endkunden mit diesem Ansatz auch komplizierter sein, da sie unter Umständen mehrere Lade-Angebote nutzen müssen, um an der Säule des jeweiligen Betreibers den besten Preis zu erhalten. Im Münchner Modell kann im Zweifel auch eine Ladekarte ausreichen, die zum Beispiel das beste Angebot beim Betreiber rund um die eigene Wohnung oder Arbeitsstätte bietet.
Zurück zu den Details der Ausschreibung: Die Unterlagen sind online abrufbar, den Link finden Sie am Ende des Artikels. Die Antragsfrist endet mit Ablauf des 6. März. Laut der Stadt soll die Umsetzungsphase „unmittelbar mit Abschluss des wettbewerblichen Verfahrens“ beginnen. „Hier wird zunächst durch das Mobilitätsreferat sowie über das sogenannte Erinnerungsverfahren geprüft, ob die vorgeschlagenen Standorte umsetzbar sind, zudem werden die zuständigen Bezirksausschüsse einbezogen. Anschließend kann die Genehmigung für einen Standort durch das Mobilitätsreferat erteilt werden“, heißt es dort. Und ganz konkret: Im zweiten Halbjahr 2025 können dann voraussichtlich erste Ladesäulen errichtet und in Betrieb genommen werden. Das gesamte Kontingent soll nach Möglichkeit bis zum Jahr 2027 errichtet werden.
Eine Besonderheit in München: Die Ausschreibung beinhaltet nicht konkrete Ziele bei der reinen Anzahl der Ladepunkte oder Ladesäulen, sondern rund um die Anschlussleistung. Es soll „möglichst schnell eine Verdoppelung der heutigen Anschlussleistung auf rund 55 MW im öffentlichen Raum“ erreicht werden. „Der CPO muss nach Zuschlag auf eines oder mehrere Kontingente die Ladeinfrastruktur bis zur ermittelten Anschlussleistung – entsprechend den Anschlussleistungen der beinhalteten Stadtbezirke – errichten“, heißt es auf der Website des Mobilitätsreferats. Ein Beispiel: Für das Kontingent A sind 1.997 kW Ladebedarf festgelegt, nochmals aufgeteilt in die drei Stadtbezirke Schwanthalerhöhe (125 kW), Ramersdorf-Perlach (1.393 kW) und Hadern (479 kW). Die anderen Kontingente sind ebenfalls in die jeweiligen Stadtbezirke aufgeschlüsselt.
Sprich: Es kann derzeit gar nicht genau gesagt werden, wie viele Ladepunkte über die Ausschreibung tatsächlich entstehen werden. In der Übersicht wird ein Beispiel gegeben: 387 kW Anschlussleistung im Stadtbezirk 1 ergeben wahlweise 36 Ladepunkte mit 11 kW, 18 Ladepunkte mit 22 kW oder eine beliebige Kombination dieser.
Ausbau auf Privatgrund soll parallel laufen
Das Mobilitätsreferat fordert die Unternehmen ausdrücklich auf, möglichst den Anforderungen einer barrierefreien Ladeinfrastruktur Rechnung zu tragen. Bei der Standortwahl sollte zudem auf eine möglichst flächendeckende Verteilung in den Stadtbezirken geachtet und im Betrieb zertifizierter Grünstrom verkauft werden. Auch Bewerbungen aus dem Ausland sind laut Informationen von electrive gerne gesehen.
„Der Aufbau weiterer Normalladeinfrastruktur ist ein Meilenstein in den Bemühungen der Landeshauptstadt, die Antriebswende voranzubringen. Das Mobilitätsreferat freut sich auf zahlreiche Anträge“, sagt Mobilitätsreferent Georg Dunkel. „Aufgrund des knappen öffentlichen Raumes muss parallel auch Ladeinfrastruktur auf Privatgrund weiter ausgebaut werden – etwa in Tiefgaragen. Mit der anstehenden Novelle der Bayerischen Bauordnung soll der Aufbau von Ladeinfrastruktur künftig leichter werden.“
muenchen.de (PDF, S. 8), muenchenunterwegs.de (Website der Ausschreibung), muenchenunterwegs.de (PDF mit Karte und Kontingenten in der Übersicht), geoportal.muenchen.de
0 Kommentare