Wie das Münchner Startup FRYTE den Einsatz von E-Lkw auf der Langstrecke optimiert
2024 gründeten Sebastian Wolff und Maximilian Zähringer (im Bild oben von links nach rechts) das Startup FRYTE Mobility, um das E-Lkw-Flottenmanagement „auf ein neues Niveau zu heben“, so der Anspruch des Jungunternehmens. Mit einer eigens entwickelten Software-as-a-Service-Plattform (SaaS) unterstützt FRYTE Logistikunternehmen dabei, ihre elektrischen Nutzfahrzeugflotten ökonomisch und ökologisch optimal zu betreiben, von der Einsatzplanung über die Ladeinfrastruktur bis zur Kosten- und Energieanalyse. Einer der Pilotkunden von FRYTE ist der renommierte Logistiker Duvenbeck.
Doch was genau macht FRYTE? Gründer Maximilian Zähringer erzählt gegenüber electrive, dass das Startup „eine Lösung anbietet, die bei der Routen- und Ladestoppplanung beginnt“. Dabei ist es wichtig, dass es sich bei FRYTE nicht etwa um eine Standalone-Lösung handelt, sondern das die Software in die bestehenden Transportmanagementsysteme von Logistikunternehmen integriert werden kann. Die Lösung von FRYTE ist dabei in der Lage, entsprechend des Fahrzeugtyps, der Batteriekonfiguration und der geplanten Route die Reservierung von Ladepunkten automatisiert vorzunehmen. Zugleich kann FRYTE die Ladepunkte-Reservierung auch automatisch im Hintergrund aktualisieren, wenn das Fahrzeug später oder früher dran ist als geplant. Damit dies funktioniert, muss FRYTE den Energiebedarf der Fahrzeuge bereits im Vorfeld kennen. Maximilian Zähringer geht davon aus, dass FRYTE dadurch künftig die Auslastung von Lkw-Ladepunkten gezielt steuern können wird, wobei dafür eine entsprechend große Nutzerzahl die Voraussetzung ist. Durch eine solche Auslastungssteuerung würden Vorteile für Ladepunkt-Betreiber (CPO) entstehen. Und für die Spediteure erhofft sich FRYTE dadurch geringere Ladepreise.
Bei der Entwicklung von FRYTE gehen Maximilian Zähringer und sein Co-Gründer Sebastian Wolff kundenorientiert vor: „Wir haben eine sehr klare Vision für FRYTE, sprechen jedoch sehr viel mit allen Stakeholdern aus der Logistik und Energiewirtschaft, um wirklich die Kundenanforderungen zu verstehen. In unseren derzeitigen Pilotprojekten stellen wir beispielsweise unsere eTruck Planungssoftware auf den Prüfstand und diskutieren mit den Anwender:innen, wie diese aufgebaut sein müsste“, so Zähringer. Dabei haben sich bereits zwei zentrale Erkenntnisse herauskristallisiert: Die Software von FRYTE muss unbedingt nahtlos in bestehende Systeme eingebunden werden können. Und: FRYTE muss absolut robust sein und zu 100 Prozent funktionieren. Denn 99 Prozent reichen Logistikunternehmen einfach nicht, wie Zähringer sagt: „Wenn ein Lkw liegen bleibt, weil Sie die Reichweite falsch berechnet haben, oder das Fahrzeug nicht gut genug kennen, kostet das mal schnell mehrere Tausend Euro.“
Duvenbeck hält FRYTE für vielversprechend
Einer der ersten Anwender von FRYTE ist die Duvenbeck Unternehmensgruppe, die einer der ersten Anwender des neuen eTGX von MAN ist und insgesamt 120 Exemplare des elektrischen Langstrecken-Lkw bestellt hat. „Die Duvenbeck Unternehmensgruppe setzt sich konsequent für das Ziel Zero Emission bis 2040 ein. Elektro-Lkw nehmen dabei eine zentrale Rolle in unserer Strategie ein“, so Sabrina Welling, Head of Innovation bei Duvenbeck. Zur Kooperation mit FRYTE sagt sie: „Die frühzeitige Zusammenarbeit mit innovativen Partnern ermöglicht es uns, wertvolle Erfahrungen in einem sich dynamisch entwickelnden Bereich zu sammeln. Das Konzept von FRYTE stellt einen vielversprechenden Ansatz dar, der uns bei der effizienten Integration von Elektro-Lkw in unsere bestehenden Prozesse unterstützen kann. Wir sehen großes Potenzial in diesem Ökosystem und beobachten die Entwicklung mit Interesse.“
Aus Forschungsprojekt NEFTON hervorgegangen
Doch wie entstand überhaupt die Idee zu FRYTE? Gründer Maximilian Zähringer erzählt: „Ich bin vor etwa dreieinhalb Jahren zu Elektro-Lkw gekommen und durfte ein großes Forschungsprojekt, NEFTON, leiten. Wir haben uns hier vorrangig mit dem Thema Megawattladen befasst, um die Fahrzeuge fit für die Langstrecke zu machen. Ein zweites Thema war aber auch immer das Thema Netzintegration und Energiewirtschaft bis hin zu V2G-Potentialuntersuchungen. Ich selber habe mich früh mit dem Feld des optimalen Einsatzes von Elektro-Lkw befasst und ab da war es wie Lego bauen. Ein Baustein zum anderen und es entsteht etwas Neues. Und dieses Neue waren die Anfänge von FRYTE vor über eineinhalb Jahren. Seither hat sich zusammen mit meinem Co-Founder viel getan. Wir haben eine klare Vision, die voll und ganz auf die Logistikanwendung zugeschnitten ist.“
FRYTE besteht derzeit aus den beiden Gründern. Für 2025 befindet sich das Startup gerade in einer Finanzierungsrunde, um seine Pilotprojekte realisieren zu können. Zunächst will sich FRYTE auf die DACH-Region, die Benelux-Staaten und Frankreich konzentrieren. Die Technologie funktioniert aber länderunabhängig und die Gründer sind auch für Projekte in anderen Ländern offen.
Herausforderungen für Reservierungsfunktion
Eines der Elemente, mit dem FRYTE punkten will, ist eine Reservierungsfunktion für Ladesäulen. Dies ist für Logistikunternehmen wichtig, um ihre Routen zuverlässig planen zu können. Dafür reicht es nämlich nicht aus, nur zu wissen, wo sich die bislang noch rar gesäten Ladesäulen für Lkw befinden, sondern es ist auch wichtig, dass diese auch frei und nutzbar sind.
Für solche eine Reservierungsfunktion sieht FRYTE zwei verschiedene Herausforderungen. Zähringer: „Zum einen kann eine standardisierte Schnittstelle zu einzelnen Reservierungssystemen sinnvoll sein. Ähnlich wie es heute Roaming-Netzwerke für Ladekarten- und Ladeparkbetreiber gibt. Ob das wirklich erforderlich ist, wird sich zeigen. Initiativen, wie die EV Roaming Foundation, arbeiten an einer Erweiterung von OCPI zur Übermittlung von Reservierungen an Charge Point Management Systeme.“ Dies löse aber nur einen kleinen Teil des Problems. Die aktuell deutlich spannendere Herausforderung sei der Weg, bis eine Reservierung ausgelöst wird. „Wer reserviert die Säule wann? Macht der Fahrer das kurz vor Ankunft, oder die Disposition schon Tage im Voraus? Vermutlich beides. Und wie gehen CPOs mit dieser Dynamik um? Das ist eine deutlich größere Herausforderung, die wir zusammen mit den CPOs angehen“, sagt Zähringer.
Spannend werde zudem das Thema, wie ein CPO ein Reservierungssystem aufbaut. Aktuell sieht FRYTE hier noch eine Lücke von einer Reservierungsanfrage bis zur reservierten Ladesäule. „OCPP als Protokoll für die Kommunikation mit der Ladesäule bietet nicht die ausreichende Funktionalität. Wir sind dafür aber mit einem starken Entwicklungspartner im Austausch, der solche Backend-Lösungen für Ladeparkbetreiber entwickelt. Vielleicht schaffen wir unseren eigenen Standard, der die gesamte Kette vom Logistiksystem bis zu einem Reservierungsbackend des Ladeparkbetreibers abdeckt“, sagt Zähringer. „Für uns geht es darum, den CPO wenig zusätzlichen Aufwand für die Reservierung zu generieren, und dafür stimmen wir die eleganteste Schnittstelle ab.“
Auch wenn die Lösung von FRYTE auf elektrische Lkw abzielt, so klingt sie auch spannend für andere Fahrzeugkategorien, etwa für E-Transporter, die längere Strecken bewältigen müssen wie etwa bei Rhenus Home Delivery. und tatsächlich sagt Zähringer: „Wir sehen auch im Van-Bereich aufgrund der steigenden Anzahl solcher Fahrzeuge den Need der reservierbaren Ladesäule. Im ersten Ansatz würden wir die Fahrzeuge zu reservierbaren Truck-Ladepunkten schicken, auch wenn die Fahrzeuge natürlich auch an Pkw-Ladepunkten laden könnten. Dies wird den Druck auf Pkw-Ladepunktbetreiber erhöhen zumindest einzelne Standorte reservierbar zu gestalten.“ Der FRYTE-Gründer sagt aber auch klar: „Trucks sind für uns die Königsdisziplin, die wir beherrschen müssen, da wir in der Regel immer mit einer Mischflotte konfrontiert werden. Da geht es um die zentrale Themen der passenden Ladesäulen und Lenk- und Ruhezeiten.“
Viel Potenzial bis 2030
Für die Zukunft sieht Maximilian Zähringer viel Potenzial für FRYTE: „Wir rechnen bis 2030 damit, dass die Hälfte der neuzugelassenen Trucks bereits Elektro-Lkw sind. Im Van-Bereich sogar mehr. Die geltenden Emissionsziele, die Ausrichtung der Hersteller, die Initiativen des Ladeinfrastrukturausbaus sprechen alle dafür, dass wir eine zügige Transformation sehen werden. Es wird sicher eine Herausforderung für die Logistik, und wer hier früh Erfahrung sammeln kann, wird sicher in ein bis zwei Jahren entscheidende Vorteile haben. Möglicherweise sehen wir eine Konsolidierung der heute noch sehr stark klein- und mittelständisch geprägten Unternehmen.“
Ausgehend vom heute bereits verfügbaren eTruck Planning Modul verfolgt FRYTE eine Drei-Schritte-Strategie, die an den vom Startup angenommen Markthochlauf von E-Lkw und Ladeinfrastruktur gekoppelt ist. FRYTE will im zweiten Quartal 2025 eine Plattform launchen, die das Laden innerhalb von Logistiknetzwerken ermöglicht. Die zwei weiteren Schritte, die FRYTE bislang nicht weiter erläutern will, sollen dann öffentliche Ladepunkte integrieren und alle reservierbaren Lademöglichkeiten in eine Plattform bringen.
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