Nicht rein elektrisch: BVG weicht E-Bus-Ziele auf

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) stellen sukzessive auf E-Busse um. Lange war von 2030 als Zieljahr die Rede, um eine emissionsfreie Busflotte zu betreiben. Doch zu halten ist das nicht: Inzwischen ist von den 2030ern die Rede, außerdem soll übergangsweise auch HVO als Kraftstoff eingesetzt werden.

Bild: BVG

Henrik Falk, Chef der Berliner Verkehrsbetriebe, geht davon aus, dass Batterie-elektrische Busse im Berliner Mobilitätssystem 2035 eine Mehrheit von 80 oder 90 Prozent stellen werden, für die verbleibenden zehn bis 20 Prozent sieht Falk den Kraftstoff HVO100 aus Abfall- und Reststoffen als Option. Das äußerte der BVG-Vorstandsvorsitzende in einem Interview mit „Tagesspiegel Background“. Damit rückt die BVG von früheren, ambitionierteren Zielen ab. Eine ähnliche Aufweichung der E-Bus-Ziele – jedenfalls was die zeitliche Dimension angeht – hat es jüngst auch in Hamburg gegeben.

Zum Hintergrund: 227 der rund 1.500 Busse der BVG sind aktuell rein elektrisch unterwegs, 17 davon sind Gelenkbusse. Dieses Jahr kommen 50 weitere Exemplare von Solaris hinzu (der erste kam vor wenigen Wochen an). Lange galt, dass die BVG bis 2030 die vollständige Elektrifizierung ihrer Flotte anstrebt. Der „Tagesspiegel“ schrieb aber bereits vergangenen Sommer, dass dieses Ziel innerhalb der BVG als wenig realistisch angesehen werde. „Wir wissen alle, dass es nicht funktionieren wird, die Busflotte bis 2030 auf Elektroantrieb umzustellen“, zitierte das Blatt seinerzeit einen Insider.

Henrik Falk äußert sich nun zu diesem Punkt. Gegenüber „Tagesspiegel Background“ gibt er an, dass die BVG in den Jahren ab 2030 ungefähr 1.700 emissionsfreie Busse brauche. „Der Hauptschwerpunkt wird die Batterie sein. Ich kann aber noch nicht sagen, ob sie am Ende einen Anteil von 90 oder 80 Prozent haben wird“, so Falk in dem Interview. Für die verbleibenden zehn bis 20 Prozent erwägt Falk den Kraftstoff HVO100 als Übergangslösung, mit dem Verbrenner betankt werden können. Umweltverbände sehen den Kraftstoff kritisch. Falk gib an, sich die Diskussion „natürlich sehr genau anzuschauen“, betont aber, im Vergleich zum Diesel mit HVO100 „heute schon eine deutliche Emissionsminderung zu bekommen“.

Die angestrebte Diversifikation der Antriebsarten begründet der BVG-Chef in dem Interview u.a. mit Lerneffekten aus der Corona-Pandemie – Stichwort: Resilienz: „Deshalb werde ich aus meiner unternehmerischen Verantwortung heraus eines nicht tun: die Flotte zu 100 Prozent auf eine Technologie umstellen. Das ist nicht sinnvoll. Sehr sinnvoll ist es dagegen, die ganze Flotte fossil- und emissionsfrei zu machen.“

Ergo muss man beim Wording aufpassen. Fossilfrei – ja, nur noch Busse mit reinen Elektroantrieben – nein, so lautet nun das Credo, das die BVG auch auf ihrer Webseite ausgibt. Dort heißt es etwa: „Unser Ziel ist es, in den 2030er Jahren komplett fossilfrei unterwegs zu sein.“

Was die weiteren Etappen angeht, strebt die BVG mindestens 500 Elektrobusse bis 2027 an, die im Depot, aber auch teil während des Linienbetriebs an insgesamt 36 Endhaltestellen zwischengeladen werden sollen. Neue E-Bus-Betriebshöfe entstehen zurzeit an der Säntisstraße (Berlin-Marienfelde) und an der Köpenicker Landstraße (Niederschöneweide).

Mit Blick auf die sehr stark zurückgefahrene Bundesförderung für Busse mit alternativen Antrieben äußert Falk in dem Interview, dass es wichtiger werde, Ladeinfrastruktur zu bezuschussen als Fahrzeuge. „Ich würde den Förderschwerpunkt auf die Infrastruktur legen.“ Dies sei die eigentliche Herausforderung. Die Preisdifferenz zwischen Diesel- und Elektrobussen müssen in Falks Augen die Hersteller verkleinern, die inzwischen von Skaleneffekte profitieren dürften. Die Serienreife sei da, die Mengen auch. „Aber die Preissenkung sehen wir noch nicht. Das liegt sicher auch daran, dass die Bushersteller schauen, wo Förderung aktuell hinfließt und wie die Verkehrsunternehmen kalkulieren“, so Falk.

Quelle: „Tagesspiegel Background Verkehr & Smart Mobility“ vom 10.01.2025

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