Bild: Peter Schwierz
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Xpeng P7 im Wintertest: Der Stromer mit dem vorübergehenden Sprachfehler

In unserem Test im Sommer konnte der Xpeng P7 bereits überzeugen – dank guter Reichweite und hoher Ladeleistung auch auf der Langstrecke. Ihr wahres Gesicht zeigen viele Elektroautos aber im Winter, wenn die Bedingungen nicht optimal sind. Doch auch hier hat uns die chinesische E-Limousine gefallen – trotz oder gerade wegen kleiner Software-Fehlerchen.

„Biegen Sie echts ab und nehmen Sie im Keisverkehr die ditte Ausfahrt in Ichtung Desden!“ Wenn Sie sich an dieser Stelle wundern, warum die Artikel bei electrive nicht mehr ordentlich redigiert werden, müssen wir Ihnen leider sagen: Das hat alles seine Ichtigkeit! Denn genauso hat es unser Testwagen angesagt. Der Xpeng P7 hatte ganz offensichtlich einen niedlichen Sprachfehler. So, wie viele Chinesen kein rollendes R aussprechen können, konnte es auch dieses Elektroauto nicht – bzw. eine seiner beiden Stimmen. Denn bei vielen Gelegenheiten war eine leicht energischere Navi–Stimme zu hören. Und da klappte es auch mit dem rollenden R. Insofern haben wir nicht an jeder „Keuzung“ geschmunzelt, aber bestimmt an jeder „ditten“.

So sympathisch der Sprachfehler, so nervig sind manche Menü-Übersetzungen. Wenn man zum Beispiel die automatische Einparkhilfe nutzen will und es dann wörtlich im Display heißt: „Parken ist abnormal, bitte kontaktieren Sie den Kundenservice.“Diese (mit einem OTA-Update locker auszumerzenden) Details sollen aber nicht den Eindruck erwecken, dass hier kein ordentliches Elektroauto vor uns steht. Das ist es nämlich durchaus!

Und das ist bemerkenswert, schließlich ist die Limousine das überhaupt erst zweite Automobil des chinesischen Herstellers – bei seiner Premiere gab es noch den Xpeng G3, die beiden SUV-Modelle G9 und G6 (hier und hier jeweils unsere Fahrberichte) kamen erst später dazu. Die Produktion der Serienversion begann im Mai 2020 in Zhaoqing. Und erst seit März 2024 wird der Stromer auch in Deutschland angeboten. Jene Performance-Version mit Allradantrieb, die uns Xpeng über die Weihnachtszeit überlassen hat, kostet laut Konfigurator aktuell 59.500 Euro. Die wenigen aufpreispflichtigen Details wie die Farbe Space Grey (900 Euro) sind dabei schon inkludiert. Und für dieses Geld gibt es eine stattliche Oberklasse-Limousine von knapp 4,9 Metern Länge und eine 82,7 kWh große Lithium-Ionen-Batterie (netto), die deutsche Premium-Ansprüche durchaus befriedigen kann. Schon bei unserem Sommertest hat der Xpeng P7 richtig gut abschnitten. Kann er diesen Eindruck auch in der kalten Jahreszeit bestätigen?

Auf die geschmeidige Optik wurden wir auf unseren winterlichen Touren durch Berlin, Brandenburg und bis an die tschechische Grenze im Süden von Sachsen häufiger angesprochen. Das Staunen war groß, wenn wir über die chinesische Herkunft berichtet haben. Die Marke Xpeng kannte kaum jemand. Was nicht weiter überrascht, wurden im Jahr 2024 seit der Markteinführung doch erst 32 Exemplare des P7 in Deutschland zugelassen – und inklusive der beiden SUV 393 Stück.

Das Fahren

So viel vorweg: Der Xpeng P7 fährt sich richtig gut! Die verschiedenen Fahrwerksabstimmungen, die je nach Fahrmodi (Eco, Standard, Sport) variieren, sind vollmundig ausformuliert. Generell ist das Fahrgefühl nicht so chinesisch weich, wie man vermuten könnte. Die Härten eines Tesla-Model-3-Fahrwerks, das mit dem Highland-Update immerhin deutlich besser geworden ist, kennt der P7 aber auch nicht. Manch‘ kaputtgesparte Schlaglochpiste Ostdeutschlands schluckt das Fahrwerk mühelos weg. Hier wird der Wagen seinem Premium-Anspruch gerecht. Auch die Verarbeitung (Aber die Spaltmaße!) und der Innenraum (Aber das Plastik!) können sich sehen lassen.

Einzig die Ergonomie haben die Entwickler nicht recht berücksichtigt. Das zentrale Display, über das alle Funktionen gesteuert werden, ist schnurgerade im Armaturenbrett verbaut – und es ist zu weit weg. Ein europäisch gebauter Fahrer von 1,80 Metern Größe muss sich leicht eindrehen und mit dem Handballen abstützen, um das 10,25 Zoll große Touch-Display gut bedienen zu können. Davon erholen kann man sich dann allerdings nach der Fahrt – bei einer Dankbarkeitsübung oder einer Tiefenentspannung, die über eine Meditationsapp im System aktiviert werden kann. Dass man dafür den Fahrer- und Beifahrersitz bis in die Waagerechte zurückstellen kann, versöhnt den Rücken nach winterlichen 400 Autobahn-Kilometern ohne Ladestopp wieder mit dem P7. Von „den Chinesen“ kennt man dieses Feature inzwischen.

Das Laden

Bei der Strombeschaffung macht der Xpeng P7 seine Sache auch im Winter solide. AC-seitig (die häufigste Ladeart in unserem Testzeitraum) fließen laut Display 10,4 kW. Vorausplanungen oder Ladefenster mit günstigen Strompreisen können eingestellt werden, wenn man sich ein wenig in das intuitiv gestaltete Menü einarbeitet  – und alle Übersetzungen richtig interpretiert.

Beim Gleichstrom sieht die Sache etwas anders aus. Beim ersten Anlauf sind wir etwas unvorbereitet – also trotz 100 Kilometer Fahrt (bei Außentemperaturen um den Gefrierpunkt) ohne Vortemperierung der Batterie – an einen Ionity-Ladepunkt gefahren. Trotz eines niedrigen SoC von knapp unter 20 Prozent flossen anfangs nur 85 kW. Beim kurz nach uns kommenden VW ID.7 nebenan – und damit einem direkten Wettbewerber – zeigte sich ein deutlich besserer Wert. Beim zweiten Versuch mit 30-minütiger Vortemperierung klappte es besser: Bei unter 20Prozent SoC gestartet, ging der Ladevorgang mit 140 kW los und erreichte nach wenigen Minuten bei 44 Prozent einen Peak von 184 kW. Das ist fast das gleiche Bild wie bei unserem letzten Test bei sommerlichen Temperaturen, wo in der Spitze 189 kW erreicht wurden.

Wer den Xpeng P7 also im Winter bewegt, kann eine sehr gute Performance erwarten, muss aber ans Vortemperieren denken. Ist ein Ladestopp auf der Route eingeplant, macht das Auto dies selbst. Händisch geht’s im Menübereich „Laden/Entladen“ mit einem Tipp auf den Button „Batterietemperatur jetzt halten“ – und spätestens da wären wir wieder bei ungünstigen Übersetzungen. Denn wir wollen nicht halten, sondern heizen!

Der Verbrauch

Ergänzend sei noch erwähnt, dass das Laden angesichts der guten Effizienz des Antriebs nicht oft erforderlich ist. Wie beschrieben, sind 400-Kilometer-Sprünge bei moderater Fahrweise (selten über Richtgeschwindigkeit) selbst im Winter problemlos möglich. Punktabzug gibt es für den Ladeplaner, der bei einer mal versuchsweise geplanten Tour nach München auch einen Supercharger von Tesla ansteuern möchte. Wer hier nicht weiß, dass er dazu einen Tesla-Account und die entsprechende App braucht, fährt in die Falle. Der Hersteller kommuniziert übrigens eine WLTP-Reichweite von 505 Kilometern und einen Verbrauch von 19,2 kWh auf 100 Kilometer. Bei uns waren es bei angenehmer Innenraum-Temperierung zwischen 20,6 kWh im Eco-Modus und 22,6 kWh im Standard-Modus. Im Sport-Modus waren wir nicht unterwegs. Dafür war es uns irgendwie zu kalt.

Apropos Temperatur: Die ist im Winter so eine Sache. Bis der Wagen wohlig warm ist, dauert es. Insbesondere in der zweiten Sitzreihe. Fix geht eigentlich nur die Lenkrad-Heizung. Selbst die Sitzheizung wärmt träge. Auch ist die Bedienung der Klimaanlage – wenn neben der Automatik mehr eingestellt werden soll als Temperatur und Luftstrom-Intensität – ein komplexes Unterfangen am Display. Gerade hier wäre Einfachheit erstrebenswert. Die harte Arbeit dokumentiert die Klimaanlage denn auch hörbar, was aber nur dem Fußvolk im Umfeld auffällt.

Auch erscheint uns der Stromverbrauch bei vielen Kurzstrecken im Alltag sehr hoch, weil offensichtlich die Heizung den Akku sehr beansprucht. Die Reichweite purzelt hier munter, ohne dass man Kilometer macht. Erfreulich ist dagegen, wie schnell der Wagen startklar ist: Der Computer fährt sofort hoch, kennt keine Verzögerung. Generell reagiert die Software stets flüssig und ohne Aussetzer. China lässt grüßen!

Was noch? 

Beim Xpeng P7 wollten die Entwickler vieles richtig machen, haben sich erkennbar bei Tesla, aber auch deutschen Premium-Herstellern inspirieren lassen. Allerdings ist nicht jedes Detail bis zu Ende gedacht. Zieht man beispielsweise den CCS-Stecker nach dem Ladevorgang aus der Buchse, schließt die Ladeklappe bereits nach wenigen Augenblicken automatisch. Was wir erst durch ein eigenartiges Klappern bei der Weiterfahrt bemerken: Die Abdeckung der DC-Anschlüsse hängt noch heraus. Das war uns in der Dunkelheit nicht aufgefallen.

Noch so ein Detail ist der Kofferraum – oder besser gesagt dessen händische Öffnung. Tagelang haben wir keine Taste dafür gefunden. Bis die Tochter des Testfahrers intuitiv auf einen mittig platzierten Knopf in der Stoßstange gedrückt hat. Wir hatten dort einen der vielen Radarsensoren vermutet.

An solchen Kleinigkeiten merkt man, dass Xpeng ein Newcomer ist und noch nicht Jahrzehnte lang Autos baut. Wir gehen aber davon aus, dass die chinesischen Entwickler hier schnell lernen und noch schneller besser werden. Um so erfreuter waren wir über die Soft-Close-Funktion bei allen vier Türen. So geht Premium! Und damit ist zu dieser voll alltagstauglichen Oberklasse-Limousine der elektrischen Art eigentlich alles gesagt. Wirkich gefehlt hat uns eigentlich nur ein Frunk – und vielleicht etwas mehr Platz im Kofferraum. 

Am Ende hat der Xpeng P7 übrigens auch noch seinen Sprachfehler verloren. Mit dem Start des Jahres 2025 kam ein Update durch die Neujahrswinde geflogen. Und siehe da: Das rollende R beherrscht der Stromer seitdem immer. Was wir dann irgendwie fast ein bisschen schade fanden…

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