Polnische Städte rufen wegen hoher Wasserstoff-Betriebskosten nach dem Staat

In Polen fordern 21 Kommunen in einem gemeinsamen Brief an die Landesregierung hohe Subventionen für Wasserstoff. Ein Teil der Städte hat bereits Verträge für Wasserstoffbusse abgeschlossen – und fürchtet nun offenbar exorbitante Betriebskosten.

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Bild: Solaris

In dem Brief wenden sich die Bürgermeister von Chełm und Wałbrzych in ihrem eigenen Namen und im Namen der Bürgermeister von 19 weiteren Städten an Paulina Hennig-Kloska, Ministerin für Klima und Umwelt im aktuellen Kabinett von Ministerpräsident Donald Tusk. In dem Schreiben bitten sie unter anderem um Subventionen für Wasserstoff als Energieträger: „Wir appellieren, dringend ein finanzielles Unterstützungsprogramm für Nutzer von Wasserstoff zu entwickeln und umzusetzen“, heißt es darin wortwörtlich.

Denn: Nach Recherchen des Portals Clean Technica sollen es verschiedene Verkehrsbetreiber versäumt haben, realistische Kosten für Wasserstoff in ihre Kalkulationen aufzunehmen. Dort, wo schon H2-Busse angekommen sind, könnten sich die Betreiber deren Einsatz nicht leisten (oder zögen den ebenfalls teuren grauen Wasserstoff heran). Dort, wo die Wasserstoffbusse erwartet werden, herrsche wegen der sich abzeichnenden hohen Betriebskosten Nervosität.

Das Schreiben enthält auch ein Berechnungsbeispiel für die Kosten, die der öffentliche Nahverkehr in Chełm für Wasserstoff aufbringen muss. Der Preis für ein Kilogramm Wasserstoff liegt demnach derzeit bei 68,90 Zloty (gut 16 Euro), während die gleiche Menge Diesel 4,93 Zloty (1,16 Euro) koste. Der Preisunterschied soll sich in Chełm im Laufe eines Jahres auf bis zu 2,74 Millionen Zloty (rund 650.000 Euro) summieren können.

Laut Clean Technica gibt es in Polen zurzeit sechs Städte, die Wasserstoffbusse in ihren Flotten haben oder bald haben werden – nämlich Konin, Lublin, Poznan, Walbrzych, Rzeszow und Chełm. In den meisten Fällen ist Polens Bus-Platzhirsch Solaris der Lieferant. In dem Schreiben an die Umweltministerin versuchen die Kommunalpolitiker, ihre Forderung mit der Aussicht zu verknüpfen, dass Polen bei der Wasserstoff-Technologie führend werden könnte. Die Subventionierung „würde sich […] positiv auf die Umwelt, die öffentliche Gesundheit, die wirtschaftliche Entwicklung und die Energieunabhängigkeit auswirken“, heißt es an einer Stelle etwa. Oder: „Die Entwicklung der Wasserstofftechnologie ist in vielen Ländern der Welt eine der wichtigsten Säulen der Klimapolitik.“ Es brauche aber Unterstützungsmechanismen, die die Entwicklung der Infrastruktur, die Senkung der Kosten und die Popularisierung von Wasserstoff bei den Endnutzern ermöglichen.

Als konkreten Vorschlag unterbreiten die Bürgermeister der Ministerin, ein Programm einzuführen, dass die Kostendifferenz zwischen Wasserstoff und traditionellen Kraftstoffen für einen Zeitraum von drei Jahren deckt. Das Programm solle zwischen 2025 und 2027 umgesetzt werden, mit der Möglichkeit einer Verlängerung je nach den Auswirkungen und der Marktsituation. Nach Schätzungen der Kommunalpolitiker würden sich die jährlichen Kosten des Programms auf zunächst 50 bis 100 Millionen Zloty (rund 12 bis 24 Millionen Euro) belaufen, in den Folgejahren – im Falle eines Anstiegs der Zahl von Wasserstoffbussen – auf 200 bis 500 Millionen Zloty (47 bis 118 Millionen Euro).

cleantechnica.com, wydarzenia.interia.pl (auf Polnisch)

5 Kommentare

zu „Polnische Städte rufen wegen hoher Wasserstoff-Betriebskosten nach dem Staat“
Gregor
21.01.2025 um 17:09
Vollkommen unerwartet!!!!
EdgarW
21.01.2025 um 18:26
Ist doch immer wieder erstaunlich, mit wie viel Naivität die Entscheider hier vorgehen - oder zumindest vrgegangen sind. In letzter Zeit hab ich (meine ich) jedenfalls nicht mehr viel von neuen H2-Bus-Flotten-Planungen gelesen.
Mark Müller
21.01.2025 um 22:28
Ich kann ihre Einschätzung bestätigen. In deutschen BEV-Foren nimmt man tatsächlich kaum was von Zuwächsen bei H2-Flotten wahr. Wenn man etwas von H2-Bussen hört, dann sind es schlechte Nachrichten.Leider widerspiegelt das nicht die Realität. Die Hersteller von H2-Bussen (u.a. Caetano/Toyota, Foton, Hyzon, Irizar, Iveco/Hyundai, Kamaz, Karsan, Mercedes benz, NewFlyer, Safra/Symbio, Skoda, Soaris TataMotors, WrightBus) verkaufen jedes Jahr mehr solche Busse.
Energisch Joe
21.01.2025 um 19:39
Ab 18 oder 21 Jahren pflegt man volljährig zu sein und haftet für unterschriebene Verträge. Entweder sind diese Politiker verschlagen genug gewesen und haben Leute der Verwaltung unterschreiben lassen oder sie haben selbst unterschrieben und wollen den Kopf aus der Schlinge ziehen weil es langsam doch um sich greift dass die so oft strapazierte schwere Verantwortung auch finanzielle Haftung bedeutet. Wenn ich an den bescheuerten deutschen Verkehrsminister Scheuer denke zweifle ich, der hat mit seinem Maut-Wahlzirkus einen vorhersehbaren Schaden von MINDESTENS 500 Millionen Euro verursacht und reisst im deutschen Bundestag immer noch sein Maul auf als wäre das eine positive Leistung gewesen, vielleicht bekommt er glatt noch das Bundesverdienstkreuz für seine Verdienste. Satire Off ;o)). Seit Jahren, eher Jahrzehnten, sagen ALLE seriösen, noch aktiven Wissenschaftler dass Wasserstoff zwar geht für Fahrzeuge aber um die vielfachen Kosten der Akkulösung, leider haben da gewisse (vor allem blaue, schwarze und bräunliche, vor allem aber reaktionäre) Politiker bewusst gelogen und gebogen um ihre fossilen Freunde und Sponsoren/Förderer bei Laune zu halten. Motto: Es zahlt eh der Staat, also wir alle!Nicht umsonst setzt sich gerade bei Speditionen der Akku für den LKW durch weil die mit jedem Cent beinhart rechnen müssen (Geiz ist geil...) und die politischen Freunde, die Milliarden unterm Hintern schieben für die Wasserstoffschiene grade aussterben.Dass das bei Fahrdienstleistern keinesfalls anders ist fliegt langsam auf: Wer nicht gerade Abfallwasserstoff aus der Industrie bekommt (sozusagen: Sondermüllverwertung) der bestellt Akkubusse und Akkuzüge: Die Schweizer Firma Stadler (Zughersteller) sagt offen dass der Akkuzug auf Dauer günstiger ist als der Wasserstoffzug. Sie liefern aber, wenn die Politik darauf besteht, auch noch H2-Züge. Der Steuerzahler (also wir alle!) darf sich daher nicht verarschen lassen und muss darauf bestehen dass die Entscheider die Haftung für langjährige Betriebs-Mehrkosten tragen! Wenn wir das nicht tun sind wir die gelackten...Fun-Fact: Wasserstoff kostet in Kalifornien derzeit ca. 36 Dollar pro kg, das dürfte ein kostendeckender Marktpreis sein, in Deutschland kostet er im Jänner 2025 19,25 EUR (h2.live Preisanzeige vom 21.Jänner 2025) und in Österreich kostet er 23,99 EUR/kg (h2.live Preisanzeige der OMV Asten bei Linz). Wer zahlt da die Differenz, naaa meine lieben Steuerzahler, klingelt es? Weil dass in Europa mit den viel höheren Energiepreisen als in Amerika die Erzeugung subventioniert sein muss wird einleuchten.Wenn Du entdeckst dass Du ein totes Pferd reitest, dann steige ab! Dass alle anderen mit dem lebenden Pferd Dir schon ausser Sichtweite voraus sind und Du keine Idee hast wie diese einzuholen sind ist eine traurige Gewissheit. Bestes Beispiel, leider zu unser aller Schaden: Die Europäische, vor allem deutsche, Autoindustrie die vor lauter arroganter Freude über die wunderbare, phantastische Verbrennertechnik die Akkuforschung viel zu lange behindert hat und der Politik mit Technologieoffenheitsgeschwurbel Augen und Ohren verkleisterte. Jetzt bauen sie zwar tolle Elektroautos, zugegeben, die Software ist noch recht bananig, aber die lebenswichtige Wertschöpfung aus den Akku fehlt, das wird noch sehr lange so sein wenn man die letzten drei Jahre anschaut: Da war das Kriegführen viel, viel wichtiger und eine Zeitenwende wert, bei der Fahrzeug- und Akkutechnik habe ich solche Frohbotschaften nicht gehört, eher schon angesprochenes technologieoffenes Geschwurbel. Letztens war sogar zu hören dass Akkuforschung totgespart werden soll, so geht Zukunft NICHT! Wenn da hoffentlich schleunigst umgelenkt wird, wir müssen uns auf einen langen Marathon im Sprinttempo gefasst machen um Asien wieder einzuholen!
Mark Müller
21.01.2025 um 22:23
"Der Preis für ein Kilogramm Wasserstoff liegt demnach derzeit bei 68,90 Zloty (gut 16 Euro), während die gleiche Menge Diesel 4,93 Zloty (1,16 Euro) koste. "Dieser Vergleich deutet entweder auf unverzeihliche Wissenslücken oder auf Irreführung des Lesers hin.

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