Bild: Dachser SE
HintergrundNutzfahrzeug

Brummer Logistik mischt sich unter die E-Lkw-Pioniere im Kühltransport

Brummer Logistik ist ein großer Transportakteur im deutsch-österreichischen Food-Logistikmarkt. Mit rund 300 eigenen Kühlzügen fährt das neuerdings zu Dachser gehörende Unternehmen temperaturempfindliche Lebensmittel aus. Seit Dezember schickt Brummer erstmals auch Elektro-Lkw auf die Strecke: konkret ein Dutzend Mercedes-Benz eActros 600.

Bei Brummer Logistik entwickeln sich die Dinge dynamisch: 2024 übernahm Logistikkonzern Dachser das niederbayerische Familienunternehmen. Gleichzeitig bereitete sich Brummer auf einen ersten eMobility-Vorstoß vor: Im Dezember erreichten zwölf noch gerade so KsNI-geförderte Fernstrecken-Trucks mit Elektroantrieb den Hof des Logistikers in Neuburg am Inn. Damit gehört Brummer zu den ersten Kunden, die den neuen Mercedes-Truck aus der im November gestarteten Produktion erhalten haben.

Wie Brummer diese Elektro-Vorhut in sein Geschäft eingliedert und welche Pläne der Kühltransport-Spezialist bei der E-Lkw-Beschaffung hegt, hat uns Geschäftsführer Max Reih erzählt. Doch zuvor noch ein paar Worte zu Brummer selbst: Die GmbH wurde 1977 in Neuburg am Inn gegründet und verfügt dort über eine 40.000 Quadratmeter große Frische- und Tiefkühlanlage. 2021 kam eine Niederlassung im österreichischen St. Marienkirchen hinzu – inklusive 45.000 Quadratmeter Lagerfläche. Zu deren Betrieb gründete das Unternehmen die Österreich-Tochter Brummer Logistic Solutions GmbH & Co KG. In seinem Kernmarkt Süddeutschland und Österreich beschäftigt Brummer derzeit etwa 1.000 Mitarbeiter – darunter 350 angestellte Fahrer.

Der Fuhrpark umfasst gut 300 eigene Kühlzüge, die innerhalb Deutschlands oder nach Österreich und in angrenzende Länder pendeln. So erstreckt sich das Distributionsnetz des Unternehmens beispielsweise auch auf Slowenien. Dabei deckt die Firma alle Temperaturbereiche, inklusive des Tiefkühlbereichs unter -18 Grad Celsius, ab.

E-Lkw sollen sich auf der Mittelstrecke bewähren

Food-Logistik und E-Lkw? Das geht laut Geschäftsführer Max Reih, indem die Kühlmaschinen der Auflieger unterwegs weiter mit Diesel laufen. Tests zu Elektro-Kühlaufliegern, wie sie bereits im Dachser-Netzwerk stattfinden, sind zwar noch für dieses Jahr angedacht, aber Priorität hat bei Brummer erstmal, dass sich die Arbeit mit den E-Lkw grundsätzlich eingroovt. „Wir wollen die E-Lkw schwerpunktmäßig auf der Mittelstrecke einsetzen. Dabei können hin und zurück schon 600 Kilometer zusammenkommen. Wir laden also auch auf der Strecke“, schildert Reih. Dazu fährt das Unternehmen zurzeit unterwegs stets dieselben Ladepunkte an, von denen die Fahrer wissen, dass die dortigen Gegebenheiten (Platz, Ladeleistung) passen. Auch Fernstrecke traut der Manager den eActros 600 mit ihren bis zu 500 Kilometern Reichweite zu – etwa nach Hamburg, eine reguläre Route, die bisher noch die XXL-Diesel im Fuhrpark erledigen.

Doch der Reihe nach. Der Brummer-Geschäftsführer erzählt, dass sein Team bei der Ankunft der E-Trucks erstmal kollektiv die Reifen gewechselt hat – von den speziellen E-Lkw-Reifen auf Pneus, die dem bayerischen und österreichischen Winter trotzen. Ein Muss bei den dortigen Bedingungen mit Schnee, Eis und Glätte. „Trotzdem sind wir schon 480 Kilometer gefahren. Im Winter. Und mit 15 Prozent Restreichweite!“, betont Reih, der davon ausgeht, dass im Sommer und mit den speziellen Reifen von Hersteller Mercedes Benz Trucks noch einiges mehr geht.

Effizienz und Reichweite kann der eActros 600 den ersten Erfahrungen aus Niederbayern zufolge also. Ein Aber gibt’s dennoch: Reih erzählt, dass das elektrische Lkw-Dutzend aus Fördergründen noch im Dezember ausgeliefert wurde, dass es aber erst nach einem Software-Update im April auch in Gänze einsatzfähig sein wird. „Aktuell laufen deshalb durchschnittlich nur acht der zwölf E-Lkw. Aber das wussten wir vorher“, so Reih. Bewähren sich die Elektro-Trucks im Anschluss, könnten 2026/2027 weitere strombetriebene Fahrzeuge folgen. Denn laut Reih scheiden nach regulärem Turnus 250 Dieselzüge aus der Flotte aus.

Nur schwer kalkulierbare TCO

Reih betont mit Blick auf die Zukunftspläne, dass freilich die Rahmenbedingungen stimmen müssen. Seinem Unternehmen ist der Umweltgedanken wichtig, aber ohne eine aufgehende Rechnung – sprich die TCO – geht es nicht. „Wir fragen uns natürlich schon wie sich die Rahmenbedingungen entwickeln – etwa ob die Maut-Befreiung bleibt, ob wir in Österreich weiter mit einer Förderung rechnen können, inwiefern der Diesel durch die CO2-Besteuerung teurer und die Stromkosten konstant bleiben“, so Reih. Es sei schwer zu prognostizieren, bis wann sich die Anschaffung der teureren E-Lkw amortisieren lässt.

Durch die großen Kühlhäuser ist Brummer grundsätzlich „Strom-affin“, wie es der Geschäftsführer ausdrückt. Im Zuge der eMobility-Pläne hat das Unternehmen bereits seinen Stromanschluss massiv ausgebaut, „was richtig Geld gekostet hat“. Laut Reih muss solch ein Anschluss erstmal verfügbar sein. Für das Energie- und Lademanagement am Stammsitz, das den Strom an die Immobilien und die Ladeanlage verteilt, hat sich Brummer den Technikpartner IO-Dynamics dazugeholt. Auch selbsterzeugter Strom per Photovoltaik und ein zugehöriger stationärer Speicher sind dabei integriert.

Der interne Ladepark wächst mit

Zurzeit betreibt Brummer am deutschen Stammsitz elf (noch geförderte) HPC-Lader mit 400 kW und zwei mobile Lader – quasi als Grundausstattung für das E-Lkw-Dutzend. Errichtet wurden die Kempower-Geräte von Ladeinfrastrukturspezialist SPL Powerlines. Derzeit wird geprüft, das Angebot noch dieses Jahr auf 32 Ladepunkte zu erhöhen, plus weitere Ladeanschlüsse 2026. Am österreichischen Standort ist ebenfalls die Installation weiterer Ladepunkte in der Planung. Ein Vorteil von Brummer ist, dass die 300 Firmen-Lkw nachts in der Regel auf den eignen Geländen parken, und nicht außerhalb. So müssen „nur“ die konventionellen Parkplätze elektrifiziert werden. In der ersten Ausbaustufe gibt es eine Eins-zu-Eins-Zuordnung von E-Lkw und Ladesäule, bei steigenden Zulassungszahlen dann aber wohl nicht mehr.

Für die künftigen E-Lkw erwägt Reih übrigens auch andere Herstellermarken – etwa Volvo. Denn die Schweden waren mit ihrer Elektro-Sattelzugmaschine gewissermaßen die Inspiration. „Da haben wir hier das erste Mal über dieses Thema nachgedacht, und das Modell auch getestet. Aber die 300 Kilometer Normreichweite, die dann bei den Tests noch kürzer ausfiel, hat uns noch nicht überzeugen können. Wir haben ja damals noch ausschließlich mit Depotladen kalkuliert“, schildert Reih. Auch mit anderen Partnern im sogenannten European Food Network, zu dem Brummer seit der Gründung 2013 gehört, haben sich die Niederbayern besprochen. Als dann der Daimler-Truck-Konzern seinen 500-Kilometer-Lkw ankündigte, war für Brummer klar: Das kann funktionieren!

Wartung der E-Lkw wirft noch Fragen auf

Danach folgte viel Papierkram, viel Lösungssuche im Großen und Kleinen und auch Überzeugungsarbeit bei den Lkw-Fahrern, doch nun ist der Regelbetrieb eingeläutet. Ein Fragezeichen steht zurzeit allerdings noch hinter der künftigen Wartung der E-Lkw. Brummer betreibt eine eigene Werkstatt. Für die ersten Elektro-Trucks setzt das Unternehmen nun aber zunächst auf die externe Betreuung des Herstellers über einen Wartungs- und Servicevertrag. „Von den Kosten bin ich allerdings überrascht. Es wird ja immer gesagt, dass E-Lkw wartungsarm und im Unterhalt günstig sind – das spiegelt sich in dem Vertrag nicht wider.“ Ob Brummer die E-Lkw wie die Diesel künftig selbst wartet, vor allem bei steigenden Zulassungszahlen, muss sich noch zeigen.

Und Dachser? Der Logistikkonzern mit Sitz im Allgäu sieht nach der Übernahme des kompletten operativen Geschäfts der Brummer-Gruppe sein Netz für den Transport und die Lagerung von Lebensmitteln in Europa gestärkt. Und: Auch bei Dachser befassen sich viele Köpfe mit der zunehmenden Elektrifizierung der Transportwege. An das Thema herangetastet hat sich die Firma vor allem im Nahverkehr – daher auch das bereits in vielen Städten angewandte Konzept der emissionsfreien Lieferzone mit eher kleinen bis mittelgroßen Elektro-Lkw. Die emissionsfreie City-Belieferung hat Dachser inzwischen auf 16 Städte ausgedehnt. Und erst dieser Tage ist bei dem Logistikdienstleister der 100. Elektro-Lkw mit einem Gesamtgewicht über 3,5 Tonnen in den Praxiseinsatz gegangen. Das Jubiläumsfahrzeug: Ein 16-Tonner vom Typ Volvo FL Electric mit Kühlaufbau, der nun Hamburg und das dortige Umland mit Lebensmitteln beliefert.

Dachser sammelt aber durchaus auch Erfahrung beim Fern- und Mittelstrecken-Einsatz von E-Lkw – und das nicht nur über Brummer. Seit 2023 setzt der Logistikkonzern mit Sitz in Kempten beispielsweise einen Volvo FH Electric mit zwei Wechselbrücken auf einer 180 Kilometer lange Strecke in Tschechien ein. Das Tandemgespann hat ein Gesamtgewicht von 44 Tonnen und im Praxiseinsatz laut Dachser eine Reichweite von rund 300 Kilometern. Grundsätzlich unterhält Dachser in seinem Netzwerk drei eMobility-Sites. An diesen spezialisierten Standorten testet der Logistikdienstleister schwerpunktmäßig emissionsfreie Lkw für die Stückgutlogistik und das Zusammenspiel von Photovoltaikanlagen, Batteriespeichern, intelligenten Lastmanagementsystemen und Ladeinfrastruktur. Das wiederum zahlt sich für Brummer aus: Das Know-how der neuen Mutter können die Niederbayern wiederum beim Aufbau ihres eMobility-Ökosystems abrufen – vom Lastmanagement, der Integration von Photovoltaik, den Anforderungen an das Facility Management bis hin zum möglichst effizienten Einsatz der Fahrzeuge.

dachser.de, brummer-logistik.de (Übernahme durch Dachser, PDF)

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