VW erwägt Europa-Joint-Venture mit chinesischem Hersteller
Zunächst aber nach Deutschland: Bereits vor einigen Tagen hatte Reuters berichtet, dass chinesische Behörden und Hersteller ein Auge auf deutsche VW-Standorte geworfen haben sollen. Dabei ging es aber offenbar noch um eine Übernahme der angezählten Standorte wie etwa Dresden oder Osnabrück. Auf chinesischer Seite wurde aber schon mit Widerstand gegen eine solche Übernahme gerechnet, wenn VW als Industrie-Symbol Deutschlands eine Fabrik an einen der aufstrebenden Hersteller aus Fernost abtreten würde.
Das Szenario, das jetzt im „Manager Magazin“ ausgeführt wird, könnte solche Bedenken umgehen – indem Volkswagen mit an Bord bleibt. Konkret wird laut dem Bericht geprüft, mit einem chinesischen Autobauer in Deutschland zu gründen. Die „Logik der China-Freunde im Konzern“: VW könnte in dem Werk wieder zusätzliche Schichten laufen lassen, also die niedrige Auslastung mit chinesischen Modellen verbessern. Und gleichzeitig könnte man vom „Elektro-Know-how der Chinesen in Europa“ profitieren. Und die chinesischen Hersteller umgehen die EU-Sonderzölle.
Damit würde es genau andersherum laufen wie einst in China, wo VW beim dortigen Start 1983 ein Joint Venture mit SAIC eingehen musste. Die Chinesen brachten Werke und Arbeitskräfte ein, VW das Fachwissen im Autobau. So konnten die heimischen Hersteller lernen, wie man nach europäischen Standards Verbrenner-Autos baut. Jetzt könnte VW lernen, wie chinesische Hersteller schnell und günstig E-Autos bauen.
Kosten in Emden passen China-Partnern nicht
Verhandlungen gab es dem Bericht zufolge schon, aber noch keinen Abschluss. Konkret wurde angeblich über eine gemeinsame Produktion im VW-Werk Emden gesprochen, wo die Wolfsburger den ID.4 und ID.7 bauen. Allerdings habe den chinesischen Partnern die Kostenstruktur nicht gepasst, zitiert das „Manager Magazin“ einen Vertreter der Konzernspitze. Aber: Auch eine Übernahme eines Werks oder eine andere Form der Kooperation schloss der namentlich nicht genannte Top-Manager nicht aus.
Ein solcher Schritt wäre ökonomisch und auch geopolitisch zweifelsohne heikel. Und auch VW-intern, denn es würde nach innen wie außen eine enorme Symbolwirkung entfalten. Bei anderen Autobauern geht es deutlich pragmatischer zu, wenn auch genauso politisch: Stellantis und Leapmotor haben das Joint Venture Leapmotor International gegründet, um in europäischen Stellantis-Werken E-Autos des chinesischen Herstellers zu bauen – etwa den Kleinwagen T03 in Polen. Da sich die polnische Regierung aber für die EU-Sonderzölle ausgesprochen hat, schaut sich Leapmotor wie berichtet nach einem anderen Werk um, um den B10 in Europa zu bauen.
Angesichts dieser Überlegungen schreibt das „Manager Magazin“ von einer „Verzweiflungstat“: „Radikale Gedankenspiele, noch. Aber je zäher sich die Sanierung gestaltet, desto wahrscheinlicher werden sie.“
Klar ist: VW muss Milliarden einsparen, um auch nur annähernd die (bescheidenen) Rendite-Ziele zu schaffen. Die Tarifeinigung aus dem Dezember 2024 (in dem Artikel auch „Scheinfrieden“ genannt) sieht den Abbau von bis zu 35.000 Stellen vor. Viele im Konzern zweifeln aber an der Umsetzung. Das Investitionsbudget wurde schon gekürzt – VW muss also genau schauen, in welche Technologien man für welche Märkte investiert.
Dabei geht es auch um das Thema Range Extender. In Europa haben einst der Opel Ampera und optional der BMW i3 einen solchen Doppel-Antrieb genutzt, bei dem ein kleiner Verbrennungsmotor als Generator fungiert, aber (anders als beim Plug-in-Hybrid) nie die Räder direkt antreibt – das geschieht nur rein elektrisch. In China sind solche EREV-Antriebe („Extended Range Electric Vehicle“) inzwischen sehr gefragt, auch reine Elektro-Hersteller nehmen sie teilweise mit ins Angebot. Marken wie Li Auto, die sich auf EREV spezialisiert haben, erzielen gute Verkäufe. VW hat solche Antriebe in China nicht im Angebot, die reinen Elektroautos verkaufen sich schleppend und auch bei den Verbrennern sinkt die Nachfrage.
Range Extender in VW-Volumenmodellen?
Bereits fest steht, dass VW den Range Extender in den USA erproben wird – und zwar in den angekündigten Modellen der Marke Scout. VW-Chef Oliver Blume schwebt offenbar der Einsatz in weiteren Modellen vor, er hat anderen Berichten zufolge die Prüfung für Volumenmodelle angeordnet. „Der Range Extender ist ein gutes Argument, um den Kunden in der Übergangsphase zur E-Mobilität die Reichweitenangst zu nehmen und ihnen den Einstieg zu erleichtern“, wird Blume zitiert.
Ob es so kommt, ist aber noch offen. Denn das „Manager Magazin“ schreibt, dass man in Wolfsburg seit dem vergangenen März über Range Extender diskutiert habe, auch für europäische Modelle. Blume soll es aber nicht geschafft haben, eine Einigung herbeizuführen.
Nicht nur der Range Extender soll VW dabei helfen, die Marktanteile in den USA bis 2030 zu verdoppeln. VW-Finanzvorstand Arno Antlitz kündigte in seiner Rede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos „weitere Initiativen“ für den US-Markt an. „Wenn man den Marktanteil verdoppeln will, muss man noch mehr lokal tun“, so Antlitz.
manager-magazin.de (Paywall), heise.de (Range Extender), handelsblatt.com (Antlitz)
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