Tesla steigert Umsatz leicht – Gewinn jedoch halbiert
Für 2024 wähnte sich Tesla „zwischen zwei Wachstumswellen“ und hatte selbst von Anfang an die Erwartungen gedämpft. Nach Jahresgewinnen von 12,6 und 15,0 Milliarden Dollar in den beiden Vorjahren hat die Boom-Phase tatsächlich ihr Ende erreicht – die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Zwar sind 7,1 Milliarden Dollar Jahresgewinn nach GAAP immer noch ein erwähnenswert hoher Gewinn, wenn man bedenkt, dass Tesla 2020 mit mageren 721 Millionen Dollar seinen ersten Überschuss überhaupt erwirtschaftet hatte. Doch 7,1 Milliarden Dollar sind eben 53 Prozent weniger als im Jahr zuvor.
Was ebenfalls aufhorchen lässt: In der wichtigen Autosparte ist der Umsatz sogar um sechs Prozent auf 77,1 Milliarden Dollar gesunken. Auch hier darf man nicht vergessen, dass es 2020 gerade einmal 27,2 Milliarden Dollar waren. Wer aber schon 82,4 Milliarden Dollar geschafft hat, wird sich in der Börsen-dominierten Wirtschaftswelt nicht mit 77,1 Milliarden Dollar zufriedengeben können. Nur dank der Energie-Sparte (stationäre Speicherbatterien und Solardächer) mit 10,1 Milliarden Dollar Umsatz (+67 Prozent) und dem Service/sonstige Umsätze (10,5 Milliarden Dollar, +27 Prozent) konnte Tesla unternehmensweit gerade so ein Umsatzwachstum von einem Prozent auf 97,7 Milliarden Dollar erzielen. 2023 waren es noch 96,8 Milliarden Dollar – aber eben auch 15 Milliarden Dollar Gewinn.
Blicken wir noch auf das vierte Quartal, wo Tesla einen Rekord bei den Auslieferungen mit 495.570 Fahrzeugen geschafft hatte. Das ging aber offenbar nur mit Rabatten: Der Umsatz aus dem Autogeschäft ging auf Jahressicht um acht Prozent zurück, dabei war das Q4 2023 mit 484.507 Auslieferungen das bis dato beste Quartal für Tesla. Tatsächlich sind die 19,8 Milliarden Dollar Automotive-Umsatz nur der drittbeste Wert des Jahres: Im Q2 konnte Tesla 19,88 Milliarden Dollar im Autogeschäft umsetzen, im Q3 sogar 20,02 Milliarden Dollar – mit jeweils weniger Fahrzeugen. Auch im vierten Quartal hat vor allem das Energiegeschäft mit einem Wachstum von 113 Prozent auf 3,1 Milliarden Dollar dafür gesorgt, dass der gesamte Umsatz im Schlussquartal um zwei Prozent auf 25,7 Milliarden Dollar zugelegt hat. Positiv kann man festhalten, dass Tesla die einstigen Schwankungen abgelegt hat – vier der fünf vorangegangenen Quartale lagen bei etwa 25 Milliarden Dollar. Allerdings hatten Analysten im Schnitt 27,2 Milliarden Dollar Quartalsumsatz erwartet.
2024 war kein einfaches Jahr für Tesla
Deutlich ist auch die Entwicklung beim Quartals-Überschuss: Hier stand im Q4 2023 noch ein Wert von 7,9 Milliarden Dollar. im Q4 2024 hat Tesla zwar mit 2,3 Milliarden Dollar satte 71 Prozent weniger erreicht, dennoch war es der beste Wert des Jahres.
Dass das Jahr 2024 für Tesla kein einfaches war, zeigt alleine schon der Blick auf den Absatz: Von dem Ziel, mittelfristig jedes Jahr 50 Prozent mehr Autos zu verkaufen, musste sich das Unternehmen schon lange verabschieden – und 2024 ging der Absatz zum ersten Mal in der Firmengeschichte leicht zurück. 1,79 Millionen ausgelieferte Elektroautos haben zwar immer noch sehr knapp für den inoffiziellen Titel als größter Elektroautobauer der Welt gereicht, die Dynamik spricht aber für Verfolger BYD. Die Chinesen sind mit einem enormen Wachstum bis auf wenige Tausend E-Autos an Tesla herangekommen. Rechnet man die Plug-in-Hybride dazu, ist BYD schon weit enteilt.
Aber auch bei Tesla ist die Dynamik nicht zu verachten: Es war vor allem ein schwacher Jahresauftakt, der die Bilanz belastet hat. Im Q1 hatten ein Konflikt am Roten Meer, der zu Schiffsumleitungen und somit fehlenden Teilen in den Fabriken führte, sowie der Brandanschlag auf die Gigafactory Berlin die Produktion stark beeinflusst – und in der Folge auch die Geschäftszahlen.
Schon im dritten Quartal hatte Tesla wieder eine zweistellige Marge erreicht und es standen 25,2 Milliarden Dollar Quartalsumsatz und 2,17 Milliarden Dollar Gewinn in der Bilanz. Mit der Ausgangslage von 72 Milliarden Dollar Umsatz und 4,78 Milliarden Euro Gewinn nach drei Quartalen ist Tesla also in des Schlussquartal gegangen. Beim Umsatz lag der Wert des Jahres 2023 also noch in Reichweite, beim Gewinn hätte es aber einen kaum darstellbaren Sprung auf über zehn Milliarden Dollar benötigt, um 2023 zu toppen. Das ist nicht eingetreten.
Herstellungskosten pro Fahrzeug sinken auf 35.000 Dollar
In dem Geschäftsbericht hält Tesla aber auch die Erfolge fest. So geht das Unternehmen davon aus, dass auch 2024 das Model Y das meistverkaufte Auto der Welt sein wird – allerdings gibt es noch keine Bestätigung dafür. Mit dem überarbeiteten Model Y Juniper sollen auch 2025 die Stückzahlen hoch bleiben. „Im Jahr 2024 haben wir erhebliche Investitionen in die Infrastruktur getätigt, die die nächste Wachstumswelle des Unternehmens ankurbeln werden, darunter Fahrzeugfertigungskapazitäten für neue Modelle, KI-Trainingscomputer und Fertigungskapazitäten für Energiespeicher“, so Tesla. „Die Erschwinglichkeit steht für die Kunden nach wie vor an erster Stelle, und wir überprüfen weiterhin jeden Aspekt unserer Herstellungskosten pro Fahrzeug, um diese Sorge zu zerstreuen. Im vierten Quartal erreichten die Herstellungskosten pro Fahrzeug mit 35.000 Dollar den niedrigsten Stand aller Zeiten, was vor allem auf die Verbesserung der Rohstoffkosten zurückzuführen ist und uns hilft, unsere Investitionen in attraktive Finanzierungs- und Leasingoptionen teilweise auszugleichen.“
Wichtig sind hier zwei Punkte: Zum einen geht es um die Fertigungskapazitäten, die Tesla anspricht. Denn die günstigeren Modelle, die der Autobauer vor rund einem Jahr angekündigt hat, sollen im ersten Halbjahr in Produktion gehen. „Die Pläne für neue Fahrzeuge, darunter auch erschwinglichere Modelle, sind weiterhin für den Produktionsbeginn in der ersten Hälfte des Jahres 2025 vorgesehen“, schreibt Tesla. „Diese Fahrzeuge werden sowohl Aspekte der Plattform der nächsten Generation als auch Aspekte unserer aktuellen Plattformen nutzen und auf denselben Fertigungsstraßen wie unsere aktuelle Fahrzeugpalette produziert werden.“
Produktions-Revolution dann 2026?
Die lange erwartete „Unboxed“-Fertigungsstrategie wird erst mit dem Cybercab kommen – also mit einer geplanten Serienproduktion in 2026. Die Modelle, die in diesem Jahr debütieren sollen, werden also noch konventioneller gebaut. Das führt laut Tesla zu geringeren Kostensenkungen als erwartet, „ermöglicht uns aber in unsicheren Zeiten ein vorsichtiges und investitionsfreundliches Wachstum unserer Fahrzeugvolumina“. Damit will das Unternehmen die vorhandene Produktionskapazität von fast drei Millionen Fahrzeugen „voll ausschöpfen“, bevor man in neue Produktionslinien investiere. Konkret soll die Produktion um 60 Prozent zu 2024 wachsen. Gemessen an den 1,77 Millionen Einheiten aus dem Vorjahr wären das knapp 2,84 Millionen Autos – und eine Rückkehr auf den Wachstumspfad.
Zu den neuen Modellen für 2025 gibt sich Tesla aber ansonsten bedeckt. Selbst in der üblichen Auflistung der einzelnen Werks-Kapazitäten lässt sich das Unternehmen nicht in die Karten blicken, wo die Fahrzeuge gebaut werden sollen. Das nach wie vor größte Tesla-Werk ist die Giga Shanghai mit über 950.000 Fahrzeugen Kapazität, gefolgt von Fremont (100.000 Model S/X und über 550.000 Model 3/Y) und der Giga Berlin mit über 375.000 Model Y gleichauf mit der Giga Texas – dort teilt sich die Produktionskapazität aber auf 250.000 Model Y und 125.000 Cybertruck auf.
In der Giga Texas laufen die Vorbereitungen für ein drittes Modell, dort soll 2026 mit dem Cybercab die „Unboxed“-Fertigung anlaufen. Im kommenden Jahr soll dann auch die Fertigung des E-Lkw Semi in Nevada skalieren: Die eigene Lkw-Fabrik soll Ende diesen Jahres mit der Produktion beginnen, zuletzt wurden die Arbeiten an Dach und Wänden vollendet.
Allerdings ist der große Standort in Texas nicht nur für die Produktion von Tesla relevant. Im vierten Quartal hat das Unternehmen dort den Aufbau von Cortex abgeschlossen, einem Trainings-Cluster für Künstliche Intelligenz. „Cortex trug dazu bei, die Version 13 von FSD (Supervised) zu ermöglichen, die dank einer 4,2-fachen Steigerung der Datenmenge, höher aufgelöster Videoeingänge, einer 2-fachen Verringerung der Latenzzeit zwischen Photonen und Steuerung sowie eines neu gestalteten Controllers erhebliche Verbesserungen in Bezug auf Sicherheit und Komfort bietet“, so Tesla. Insgesamt hat das Unternehmen das KI-Training im Laufe des vergangenen Jahres um 400 Prozent ausgebaut.
FSD (Supervised) soll nach Europa kommen
Und genau das ist der zweite wichtige Punkt, bei dem Tesla sogar von einem „zukunftsträchtigen Jahr in der Unternehmensgeschichte“ spricht. Das „Full Self Driving“ werden weiterhin schnell verbessert mit dem Ziel, das menschliche Sicherheitsniveau zu übertreffen: „Dies wird schließlich eine unbeaufsichtigte FSD-Option für unsere Kunden und das Robotaxi-Geschäft freischalten, die wir voraussichtlich noch in diesem Jahr in Teilen der USA einführen werden. Wir arbeiten auch weiterhin an der Einführung von FSD (beaufsichtigt) in Europa und China im Jahr 2025.“ Das war nicht nur eine im Affekt getroffene Aussage von Elon Musk, sondern eine wohl überlegte Formulierung auf der Übersichtsseite des Geschäftsberichts.
Noch bringt die Arbeit an den unbeaufsichtigten FSD-Systemen aber keinen Umsatz, auch die Investitionen in die KI machen sich kurzfristig nur in einem Punkt in der Bilanz bemerkbar: Die „Operating expenses“ sind weiter um 18 Prozent gestiegen, von 8,77 auf 10,37 Milliarden Dollar. 2020 kam Tesla hier noch mit 4,6 Milliarden Dollar aus.
Dafür frisst ein einstiges Sorgenkind kein Geld mehr, im Gegenteil: Mit 31,4 GWh installierter Speicherkapazität (davon alleine 11,0 GWh im Q4) hat das Energie-Geschäft Gewinne abgeworfen, da gleichzeitig auch in der US-Fabrik die Kosten gesunken sind. Der Bau der Megafactory für stationäre Speicher in Shanghai ist abgeschlossen, die Produktion soll im laufenden Quartal hochgefahren werden. Die Zeichen in dieser Sparte stehen also weiter auf Wachstum.
Tesla verarbeitet jetzt auch Lithium
Das gilt auch für die Supercharger, die mit der Öffnung für Fremdmarken ebenfalls zu einer größeren Einkommensquelle werden. Ende 2024 gab es weltweit 6.975 Supercharger-Standorte mit 65.495 Ladepunkten – 17 bzw. 19 Prozent mehr als Ende 2023. An diesen Ladepunkten wurden im vergangenen Jahr 5,2 TWh Energie abgegeben. Und mit dem neuen V4-Schaltschrank werden die Weichen für die Zukunft mit 800-Volt-Fahrzeugen gestellt. Es sollen für Pkw bis zu 500 kW Ladeleistung möglich sein, für den E-Lkw Semi sogar 1,2 Megawatt.
Fast beiläufig auf Seite zehn des Berichts erwähnt Tesla übrigens, dass man in der eigenen Lithium-Raffinerie das erste Spodumen verarbeitet hat. Das ist nur 18 Monate nach dem Baubeginn passiert – „viel schneller als jede uns bekannte Fabrik außerhalb Asiens“. Das dort hergestellte Zwischenprodukt hat die Erwartungen erfüllt und man werde die Fabrik in Corpus Christi 2025 in Betrieb nehmen.
Bis sich das eigene Lithium zu einem echten Wettbewerbsvorteil entwickelt, wird es aber wohl noch etwas dauern. Denn bisher kommen die von Tesla selbst gefertigten 4680-Zellen nur im Cybertruck zum Einsatz – hier kann Tesla Zellen für 2.500 Fahrzeuge pro Woche selbst herstellen. Bei den Modellen läuft der E-Pickup aber nur unter „Sonstigen“. Die großen Volumina machen das Model 3 und Model Y – und später in diesem Jahr womöglich die preiswerteren Modelle.
Trotz der neuen Modelle will Tesla aber keine genaue Wachstumsprognose abgeben. „Mit den Fortschritten bei der Fahrzeugautonomie und der Einführung neuer Produkte erwarten wir, dass das Fahrzeuggeschäft im Jahr 2025 wieder wachsen wird“, heißt es in dem Geschäftsbericht. „Die Wachstumsrate wird von einer Reihe von Faktoren abhängen, unter anderem von der Beschleunigung unserer Bestrebungen zum autonomen Fahren, dem Produktionshochlauf in unseren Fabriken und dem breiteren makroökonomischen Umfeld.“ Bei einem anderen Punkt wird Tesla aber doch konkret: „Wir gehen davon aus, dass der Einsatz von Energiespeichern im Jahr 2025 im Vergleich zum Vorjahr um mindestens 50 Prozent zunehmen wird.“
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