EU erwägt Plug-in-Hybrid-Neuzulassungen nach 2035

Nachdem die EU-Kommission Ende Januar den strategischen Dialog zur Zukunft der Automobilindustrie gestartet hat, gibt es erste Anzeichen, dass Lobbyisten der Autobranche bei ihrem Kampf gegen CO2-Strafen der EU erfolgreich sein und sogar das Verbrenner-Aus 2035 zum Kippen bringen könnten.

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Bild: BMW

Erstmals hätten EU-Vertreter den Verkauf von Plug-in-Hybriden nach 2035 nicht ausgeschlossen, schreibt der „Spiegel“ unter Berufung auf Verhandlungskreise. Das bestätigt die Kommission indirekt in einem kürzlich veröffentlichten EU-Strategiepapier. Man wolle „mögliche Flexibilitäten prüfen, um sicherzustellen, dass unsere Industrie wettbewerbsfähig bleibt, ohne die Gesamtambitionen der Ziele für 2025 zu senken“. Zudem werde „das Erreichen des Klimaneutralitätsziels für Autos bis 2035 einen technologieneutralen Ansatz erfordern, bei dem E-Fuels durch eine gezielte Änderung der Verordnung im Rahmen der vorgesehenen Überprüfung eine Rolle spielen werden“.

Bei dem EU-Strategiedialog zur Zukunft der europäischen Autobranche hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einem Treffen mit Vertretern von Autobauern und Zulieferern angekündigt, „zügig“ zu handeln – Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas wurde beauftragt, einen Aktionsplan für den Sektor auszuarbeiten und diesen am 5. März vorzulegen.

Mercedes lobbyiert für PHEV und Range Extender

Hinter den Kulissen gehen die Verhandlungen natürlich weiter, um diesen Aktionsplan zu beeinflussen. Der „Spiegel“ hat für seinen Artikel unter anderem mit Eckart von Klaeden, Cheflobbyist von Mercedes-Benz, gesprochen, der sich dafür einsetzt, dass der Weg künftig „vom Markt“ bestimmt werden müssen, „nicht von Strafen“. Mercedes bekenne sich zur Dekarbonisierung und wolle „nicht zurück in die Vergangenheit“. „Die Regulierung muss dauerhaft so technologieoffen sein, dass sie die Zulassung von klimafreundlichen Produkten wie Plug-in Hybriden und Range Extendern weiter ermöglicht“, wird der Mercedes-Lobbyist zitiert.

Genau das könnte auf informeller Ebene bereits gelungen sein. Der „Spiegel“ macht das an einem Satz aus besagtem Strategiepapier fest: „Im Rahmen des Dialogs werden wir sofortige Lösungen finden, um die Investitionsfähigkeit der Industrie zu sichern, indem wir mögliche Flexibilitäten prüfen.“ Noch wird also nur eine Prüfung möglicher Flexibilitäten versprochen – bei den strengen Abläufen der EU-Politik ist aber klar, welches Potenzial dieser Satz bietet. Denn bei einer Prüfung ist alles möglich – von keiner Änderung der Beschlusslage über leichte Anpassungen bis hin zur Aufgabe einiger Ziele. Denn nichts anderes wäre eine Neuzulassung von Plug-in-Hybriden und Range Extendern nach 2035.

Dass ab diesem Jahr nur noch neue Autos zugelassen werden dürfen, die lokal kein CO2 ausstoßen, war einer der zentralen Punkte im „Green Deal“ von Ursula von der Leyen, damit der Verkehrssektor seinen Teil zur Klimaneutralität der EU bis 2050 beitragen kann. Und die Industrie hatte ein klares Datum, mit dem sie für ihre Produkte und Werke planen konnte.

Dass es nicht nur in Teilen der Politik, sondern auch seitens der Industrie Widerstand dagegen geben wird, war abzusehen. Alleine schon die Verschärfung der CO2-Flottengrenzwerte ab 2025, die seit Jahren feststeht, hat kräftig Gegenwind bekommen und wird oft als hinderlich angesehen. Das Geld, das man als Strafen an die EU zahlen müsse, fehle dann für die wichtigen Investitionen in die Zukunft, so das Argument. Werksschließungen, Stellenabbau, Wohlstandsverluste seinen die Folge. Weshalb man aufgrund der CO2-Grenzwerte kein Mitleid mit den Autobauern haben muss, hat ICCT-Experte Peter Mock bereits vor einigen Monaten in unserem Podcast eMobility Insights erklärt.

Mögliche Szenarien, die in Brüssel diskutiert werden, reichen von einer Stundung der CO2-Strafen über eine Verrechnung mit einer künftigen Unterschreitung der Grenzwerte oder eben dem Aufweichen des „Verbrenner-Aus“ mit der Neuzulassung von Plug-in-Hybriden nach 2035. Klar ist, dass es dauerhaft nur möglich ist, die künftig noch strengeren CO2-Grenzwerte zu erreichen, wenn man auch günstige Elektroautos anbietet.

Genau das bemängelt der „Spiegel“ in seinem Fazit: „Für die Verbraucher wäre dieser Deal eine schlechte Nachricht, vor allem wenn sie überlegen, ein E-Auto zu kaufen. Fällt der Druck der Strafen weg, können die Hersteller weiter hohe Preise verlangen. Dabei ist genau das der Hauptgrund für den schleppenden Absatz.“ Und dass der Druck wirkt, sei beim VW ID.3 zu sehen – der wie berichtet im Rahmen einer Leasing-Aktion derzeit deutlich günstiger angeboten wird als ein Golf.

spiegel.de, europa.eu (Strategiepapier)

14 Kommentare

zu „EU erwägt Plug-in-Hybrid-Neuzulassungen nach 2035“
anonymous writer
05.02.2025 um 16:19
Engaging in discussions does not equate to conducting a review. Neither Der Spiegel’s article nor the strategy paper provide any indication that an explicit review is taking place. Unfortunately, the reporting is misleading. Statements from lobbyists, particularly those in the automotive industry, should be treated with caution. They have a tendency to stretch the boundaries of what is considered conceivable.
Gregor
05.02.2025 um 17:45
Na klar, CO2 ist geduldig, bevor die Welt wie wir sie brauchen unbewohnbar wird. Warum sollte man sich bemühen den eigenen Lebensraum zu erhalten.
Christian
05.02.2025 um 21:49
Das war ja klar. Gesetze lassen sich immer ändern. Wer vertraut darauf? Electrive Scheibe noch das "Verbrenner Aus" steht. Die Konservativen hätten das entschieden. Was ein Witz. Spielt keine Rolle die Erde wird dann eh zu vielen Teilen unbewohnbar sein.
Ralph
06.02.2025 um 07:13
Wie lange wollen wir uns noch vor 3. und 4. klassigen CEO der Automobilindustrie beugen, die einzig und allein noch das Lied der Bedrohung beherrschen, bevor diese die gesamte Automobilindustrie in Grund und Boden gerichtet haben ?! Die einzige Frage die es nur noch zu stellen gibt, was verschwindet dann doch zuerst, der Verbrenner oder unsere Autoindustrie !!
Oliver
06.02.2025 um 08:07
Es wundert, dass die Industrie so darauf aus ist, ihr Portfolio mit PHEV und REX groß zu halten und damit deutlich mehr investieren zu müssen in jeweils kleinere Stückzahlen mit schlechterer Amortisation! Mit der Zunahme von emissionsfreien Zonen hängen dann dauernd die kurzatmigen PHEV an den Ladesäulen, was den Anspannungsgrad beim Ladenetz erhöht. BEV only wäre so easy!
Frank
06.02.2025 um 08:23
Geld > Lebensraum. War ja klar, was wieder gewinnt.
Richard
06.02.2025 um 08:25
Inventionen die die Industrie von den großen OEM‘s in Europa seit Jahren verschlafen haben, werden so auch nicht getätigt werden.
Jürgen Baumann
06.02.2025 um 08:53
Man nehme: einen kleinen Stecker und einen kleinen Akku und fertig ist das Elektromobil. Das es dann elektrisch unterwegs ist, ist ja augenfällig: elektrischer Starter, elektrische Fensterheber, elektrischer Zigarettenanzünder, elektrisches Licht, elektrische Hupe, elektrische Scheibenwischer, elektrische Blinker, elektrisches Radio.
Peter
06.02.2025 um 09:46
Es wird höchste Zeit, dass wir uns von dem Ziel "Net-Zero" verabschieden. Es ist nicht notwendig, dass die Menschheit kein CO2 ausstösst. Denn die Hälfte des ausgestossenen CO2 kann die Biomasse verarbeiten, ohne dass sich der CO2 Gehalt in der Atmosphäre erhöht. Damit sind sämtliche radikale Maßnahmen unnötig und sinnlos.
Hans-Peter
06.02.2025 um 11:45
https://www.swr.de/wissen/1000-antworten/foerdert-mehr-co2-das-pflanzenwachstum-106.html
sig
06.02.2025 um 10:12
25 Jahre nach Opel ampera, Mitsubishi iMIEV,...das innovative, fortschrittliche Europa....na gute Nacht. Wie beim EV1 und grossformatigen NiMH Zellen..wer gut schmiert, der gut fährt. Danke Big Oil und CDUcsu
Martin
06.02.2025 um 11:24
Auch der Spiegel buhlt mit neugierig machenden Schlagzeilen um seine Leserschaft, insofern wäre ich erstmal vorsichtig mit voreiligen Schlüssen. Zuzutrauen ist der EU-Kommission ein Einknicken aber allemal, auch wenn die Argumentation der Autolobbyisten ziemlich billig klingt. Z.B. frage ich mich, was an einem Range-Extender umweltfreundlich sein soll. Ein Mazda MX-30 verbraucht im reinen REX-Betrieb 10 Liter Benzin auf 100 km. Mit einem reinen Verbrenner käme er vermutlich mit 6 Litern aus. In den kommenden 10 Jahren wird sich in der Batterieentwicklung noch viel bewegen, so dass immer weniger Argumente gg. E-Autos sprechen werden und sich der erhoffte Erfolg mit PHEV und REX möglicherweise in Luft auflösen wird. Fehlinvestitionen inkl.
Rainer Spahl
06.02.2025 um 16:54
Ich hoffe inständig, daß die EU nicht einknickt! Es käme einem Skandal erster Güte gleich, wenn der Lobbyismus (in Verbindung mit nicht gemachten Hausaufgaben in den Unternehmensführungen) die Oberhand gewänne über den Willen der Bürger der EU.
Thomas
06.02.2025 um 19:27
Während die europäischen Automobilbauer denken, sie könnten mit Verbrenner plus Batterie ihr krankes Dasein verlängern, werden chinesische und anderen reinen BEV-Herstellern ihnen bald den Rang ablaufen und sie vor vollendete Tatsachen stellen. In naher Zukunft werden die Vorteile von BEVs so deutlich werden, dass alles mit Verbrennermotor wie eine Antiquität aus der Vergangenheit erscheint. Sehr ärgerlich, wenn die EU-Komission einknickt. Aber tatsächlich wäre es für das Klima vielleicht gar nicht so schlimm, der Markt wird das dennoch richten. Einzig den europäischen blinden Automobilbauer fehlt dann gänzlich die Orientierung.

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