Flugtaxi-Entwickler Lilium könnte erneut Insolvenz anmelden
Dass die vermeintliche Rettung von Lilium mit einer versprochenen Geldspritze von 200 Millionen Euro noch längst nicht über die Bühne gegangen ist, zeigte sich vergangene Woche, denn die Angestellten warten noch immer auf ihre Januar-Gehälter. Wie die „Wirtschaftswoche“ nun berichtet, hat das Management des bayrischen Flugtaxi-Entwicklers Ende vergangener Woche beschlossen, den Betrieb so lange einzustellen, bis die Gehälter gezahlt werden können. „Lilium braucht mehr als zehn Millionen Euro im Monat für Miete, Zulieferer und Gehalt“, rechnet Gesellschafter Frank Thelen in dem Bericht vor.
Thelen hat gemeinsam mit den Unternehmern Christian Reber, Jan Beckers und Niklas Zennström Anfang Januar fünf Millionen Euro an Lilium überwiesen, doch die waren als Überbrückung gedacht und reichen entsprechend nicht einmal für einen Monat. Vielmehr wartet das Unternehmen vor allem auf Geld des neuen Hauptinvestors Marian Boček, Gründer des slowakischen Batterieherstellers Inobat, der wiederum ein Partner von Lilium ist. Von Boček sollen 150 Millionen Euro kommen – die würden genügen, um den Betrieb einige Monate aufrecht zu erhalten.
Doch das Geld war bis gestern immer noch nicht eingetroffen. Deshalb soll das Management gestern dem Personal in einem dramatischen Online-Meeting mitgeteilt haben, Lilium werde vermutlich erneut Insolvenz anmelden müssen, wenn es keine Fortschritte bei der Transaktion gebe. Aktuell ist unklar, warum die dringend benötigte Überweisung bislang nicht stattgefunden hat. Via „Bild“ behauptete Investor Boček am Dienstag: „Die Rettung ist in vollem Gange.“ Weiter sagte er: „Die ersten Mittel sind unmittelbar nach Unterzeichnung der Verträge eingegangen.“ Für weitere Tranchen müssten noch „Verwaltungs- und Abschlussmodalitäten geklärt“ werden. Und weiter sagte er: „Wir gehen davon aus, dass wir die Finanzierung erfolgreich abschließen, die Transaktion beenden und die Umstrukturierung bis zum ersten Quartal 2025 abschließen können.“
Doch auch wenn die Rettung noch zustande kommt, so könnte sie doch zu spät erfolgen: „Das Vertrauen ist zu sehr zerstört“, zitiert „Gründerszene“ einen Insider. Ein nicht geringer Teil der Belegschaft hat sich demnach bereits neue Arbeitgeber gesucht. Dass Lilium bislang keinen erfolgreichen bemannten Flug zeigen konnte, verkompliziert die Situation zusätzlich.
Wurde die Innovationsstärke deutscher Flugtaxi-Entwickler einst gehypt, so hat längst der Winterblues eingesetzt. Denn nicht nur Lilium hat Probleme: Der deutsche Konkurrent Volocopter ist insolvent und sucht einen Retter und Airbus pausiert sein in Bayern angesiedeltes Flugtaxi-Projekt. Derweil legen internationale Wettbewerber ein hohes Tempo vor: Ehang aus China hat bereits autonome Testflüge mit Passagieren an Bord durchgeführt, während Archer aus den USA innerhalb weniger Wochen 730 Millionen Dollar Risikokapital erhalten hat.
Update 17.02.2025: Zwar hat das Unternehmen laut „Handelsblatt“ bisher nicht wie befürchtet eine erneute Insolvenz anmelden müssen, aber die Zitterpartie sei noch nicht ausgestanden. Der slowakische Unternehmer Marian Boček soll die kurzfristige Zahlung der dringend erwarteten 150 Millionen Euro in Aussicht gestellt haben, aber auf dem Konto sei das Geld weiterhin nicht. Bis es soweit ist, arbeitet Lilium laut unternehmensnahen Quellen des „Handelsblatt“ an Übergangslösungen.
Die „Gründerszene“ berichtet parallel, dass auch die Lilium-Mitarbeitenden inzwischen per E-Mail informiert wurden, dass die Firma „nicht Insolvenz beantragt, da es immer noch einen Weg nach vorn“ für den Flugtaxihersteller gebe. Sobald es „mehr Klarheit gebe“, spätestens aber bis Montag sollen weitere Informationen bereitgestellt werden.
wiwo.de, bild.de, gruenderszene.de, handelsblatt.com, businessinsider.de (beide Update)
3 Kommentare