Daimler Truck unterzieht den eActros 600 letzten Wintertests

Den schweren E-Lkw eActros 600 baut Daimler Truck seit November schon in Serie. Dennoch hat der Hersteller zwei Exemplare auf eine Winter-Testfahrt quer durch Skandinavien geschickt – und einige interessante Messwerte zum Energieverbrauch auf Eis und Schnee mitgebracht.

Bild: Daimler Truck

Die „European Testing Tour Winter 2025“ über 6.500 Kilometer fand im Januar und Februar statt. Zwei Fahrzeuge mit jeweils 40 Tonnen Gesamtzuggewicht folgten dabei etwa zur Hälfte dem im vergangenen Sommer gefahrenen Nordteil der European Testing Tour 2024. Damals ging es nach einer Fahrt bis zum Nordkapp über das Baltikum bis zum südlichsten Punkt in Europa im spanischen Tarifa und später wieder nach Deutschland zurück.

Ganz so weit sind die Entwickler dieses Mal nicht gefahren, denn es stand die Wintererprobung im Vordergrund – „in einem repräsentativen Wintereinsatz in Nordeuropa auf unterschiedlichen Strecken und Topografien sowie in verschiedenen Klimazonen“ wollte Daimler Truck nach eigenen Angaben „wichtige Erkenntnisse über die Auswirkung der winterlichen Temperaturen und Straßenverhältnisse auf den Energieverbrauch des eActros 600“ gewinnen.

Auf ihrer Fahrt durch zehn Länder Nordeuropas waren die E-Trucks – tatsächlich handelte es sich laut den Kennzeichen um exakt die beiden Exemplare der Sommer-Tour – teils bei Extremtemperaturen von -18 bis 9 Grad Celsius unterwegs. Die täglichen Durchschnittsgeschwindigkeiten lagen zwischen 64 und 77 Stundenkilometern. Genaue Verbrauchswerte nennt das Unternehmen in der Mitteilung zwar nicht, dafür aber die Veränderungen zu identischen Abschnitten der Sommer-Tour.

Auf einem „repräsentativen Streckenabschnitt“, der nach Kaltstart bei einer Durchschnittstemperatur von -2 Grad Celsius und auf Reifen der Energieeffizienzklasse B auf schneefreier Fahrbahn absolviert wurde, haben die Mess-Ingenieure einen Mehrverbrauch von rund 25 Prozent ermittelt – im Sommer waren die beiden eActros 600 mit Reifen der Effizienzklasse A ausgerüstet. 15 Prozent des Mehrverbrauchs gingen auf den erhöhten Roll- und Luftwiderstand zurück. Fünf Prozent sind demnach auf die Klimatisierung der Kabine auf 21 Grad zurückzuführen. „Unter ein Prozent“ wurde verwendet, um die Batterie zu heizen und „deutlich unter ein Prozent“ entfiel laut Daimler Truck auf sonstige Nebenverbraucher. Die ausstehenden vier Prozent „wurden durch eine gegenüber dem Sommer geringere Rekuperationsleistung verursacht, die zu einem großen Teil im erhöhten Roll- und Luftwiderstand begründet ist“.

Wenig überraschend fiel der Mehrverbrauch auf „besonders anspruchsvollen Strecken mit überwiegend schneebedeckter und teilweise vereister Straße“ höher aus. Hier gibt das Unternehmen einen Mehrverbrauch von 50 Prozent zu der Sommer-Fahrt an, allerdings waren auf diesen Abschnitten auch für diese extremen Winterbedingungen ausgelegte „Scandinavian“-Reifen der Energieeffizienzklasse D montiert. Auf diese Reifen sind die „deutlich erhöhten Fahrwiderstände“ zurückzuführen. Beim Mehrverbrauch durch die Heizung (Kabine und Batterie) oder die weiteren Nebenverbraucher gab es jedoch kaum einen Unterschied.

Legt man den Verbrauch von 106 kWh/100km zugrunde, den wir bei der Sommer-Tour auf einem bergigen Abschnitt quer durch Norwegen gesehen hatten, ergeben sich so bei 25 bis 50 Prozent Mehrverbrauch hochgerechnet (nicht gemessen) Verbräuche von 132 bis 159 kWh/100km. Selbst unter den extremsten Winter-Bedingungen bleiben so etwa 390 Kilometer Reichweite übrig – also immer noch genug für die maximale Fahrzeit von vier Stunden. Mit 25 Prozent Mehrverbrauch dürfte die Reichweite um die 470 Kilometer liegen.

Daher folgert Daimler Truck, dass Fahrerinnen und Fahrer auch im Winter im eActros 600 nicht „frieren oder an Heizung sparen“ müssen. Auf der Winter-Tour haben die vier Ingenieure etwa in den ersten fünf Tagen knapp 3.000 Kilometer zurückgelegt, nur an öffentlichen Ladestationen geladen und auch in den Fahrzeugen geschlafen. „Tagsüber haben wir uns die Temperatur auf 21 Grad Celsius und nachts zum Schlafen auf 19 Grad Celsius eingestellt – bei Außentemperaturen zwischen -7 und 4 Grad Celsius“, erklärt Werner Kempfle, Entwicklungsingenieur und Co-Projektleiter des eActros 600, der ebenfalls mit auf der Tour dabei war. Das habe lediglich zu einer Reichweitenreduktion von zwei bis fünf Prozent geführt. Mit Blick auf den Gesamtverbrauch falle der sogenannte „Hoteling“-Anteil somit kaum ins Gewicht.

Den Abschnitt durch Norwegen, den electrive 2024 begleiten konnte, hat Daimler Truck dieses Mal ausgelassen. Die Route verlief zunächst durch Deutschland, Dänemark, Schweden und Finnland bis zum Polarkreis. Weiter ging es anschließend über Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien und Österreich wieder zurück nach Stuttgart beziehungsweise Wörth. 

Dabei wurde die 621 kWh große Batterie wie erwähnt nur an öffentlichen Ladestationen geladen. Von der Sommer-Tour gab es dazu teilweise schon Erfahrungswerte. „Auch wenn es weiterhin herausfordernd ist, speziell für Lkw ausgelegte Lademöglichkeiten zu finden, so haben wir insbesondere in Skandinavien einige hochmoderne Ladeparks vorgefunden, an denen wir unsere Trailer nicht absatteln mussten und ausreichend Ladeleistung und eine gute Infrastruktur für die Lenkzeitpausen vorhanden war“, sagt Jochen Gottstein, Manager Testing Energy Consumption & Range bei Daimler Truck, der auf der gesamten Tour dabei war. Dass man teilweise nicht Absatteln musste, war bei den kalten Winter-Temperaturen eine Erleichterung, so Gottstein. Aber: „Grundsätzlich müssen wir auch eingestehen, dass das eher die Ausnahme war und die Ladeinfrastruktur in den meisten Fällen, die wir gesehen haben, noch ausbaufähig ist.“

daimlertruck.com

1 Kommentar

zu „Daimler Truck unterzieht den eActros 600 letzten Wintertests“
Peter Knoblauch
26.02.2025 um 09:19
Das ist wohl ein großes Problem :Der Platzbedarf der LKW ist halt riesig, die Infrastruktur ist einfach noch nicht vorhanden, die Ladestationen brauchen den Platz ja zusätzlich. Die Ladesäulen werden kräftig ausgebaut, das ist ja gut. Die Parkplätze reichen ja jetzt schon nicht aus.

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