IEA-Analyse: Batterienachfrage übertrifft erstmals eine Terawattstunde
„Die Batterieindustrie ist in eine neue Phase eingetreten“, lautet die These der Internationalen Energieagentur (IEA). Mit dem Anstieg der Elektroauto-Verkäufe um 25 Prozent auf 17 Millionen im Jahr 2024 lag die jährliche Batterienachfrage im vergangenen Jahr erstmals über der Marke von einer Terawattstunde. Dabei zählt die Internationalen Energieagentur zwar Batterien aller Art zusammen. Aber da die in Elektrofahrzeugen verbauten Akkus aktuell 85 Prozent des globalen Batteriemarktes ausmachen, wertet sie den Anstieg über die TWh-Grenze vor allem als Folge des wachsenden E-Auto-Akkumarkts.
Gleichzeitig ist der Durchschnittspreis eines Batteriepakets für E-Autos laut den Studienmachern im vergangenen Jahr auf unter 100 US-Dollar pro Kilowattstunde gesunken – „was gemeinhin als wichtige Schwelle für den Kostenwettbewerb mit konventionellen Modellen gilt“, schreibt die IEA. Günstigere Batteriemineralien seien dabei ein wichtiger Treiber gewesen. „Insbesondere die Lithiumpreise sind seit ihrem Höchststand im Jahr 2022 um mehr als 85 Prozent gefallen“. Aber auch die rasanten Fortschritte in der Batterieindustrie selbst tragen laut den Analysten zum Preisverfall bei.
Produktionsseitig erreichte die weltweite Batteriefertigungskapazität der Studie zufolge im Jahr 2024 bereits 3 TWh. Dabei handelt es sich um einen theoretischen Wert, den die Hersteller bei Vollauslastung ihrer derzeitigen Anlagen erreichten könnten. Und nach Prognose der IEA könnte sich diese Produktionskapazität in den nächsten fünf Jahren noch einmal verdreifachen – „wenn alle angekündigten Projekte umgesetzt werden“.
Neben dem Produktionsvolumen hat sich auch der Batteriemarkt in seiner Struktur verändert: „Während die Märkte früher regionalisiert und klein waren, sind sie heute global und sehr groß, und eine Reihe von technologischen Ansätzen weicht einer Standardisierung“, konstatieren die Analysten. „In Zukunft werden Größenvorteile, Partnerschaften entlang der Lieferkette, Fertigungseffizienz und die Fähigkeit, Innovationen schnell auf den Markt zu bringen, entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit sein.“ Dies werde wahrscheinlich zu einer stärkeren Konsolidierung in der gesamten Branche führen, schätzen die IEA-Experten. Gleichzeitig werde die Branche durch die von der Regierung vorangetriebenen Bemühungen um eine geografische Diversifizierung der Batterielieferketten umgestaltet.



Dominanter Akteur auf dem Batteriemarkt ist und bleibt China: Mehr als drei Viertel der weltweit verkauften Batterien wurden 2024 in China hergestellt und nirgendwo sonst fielen die Durchschnittspreise im vergangenen Jahr schneller als dort, „nämlich um fast 30 Prozent“. Batterien sind laut der IEA in China um über 30 Prozent bzw. 20 Prozent billiger als in Europa und Nordamerika. Der Preisvorteil der chinesischen Hersteller lässt sich der Studie zufolge auf vier Hauptfaktoren zurückführen:
- China hat ein umfangreiches Fertigungs-Knowhow, denn mehr als 70 Prozent aller jemals hergestellten Elektroauto-Batterien wurden in China produziert.
- Die Integration der Lieferkette als Ergebnis von Übernahmen durch einige wenige Unternehmen. Das chinesische Batterie-Ökosystem reicht vom Mineralienabbau und der Raffination bis hin zur Endproduktion von Batterien und Elektrofahrzeugen.
- Chinesische Hersteller haben die günstigere Lithium-Eisen-Phosphat (LFP) -Chemie in den Vordergrund gestellt. Ursprünglich hielt man sie aufgrund ihrer geringeren Energiedichte für Elektroautos für ungeeignet. Dank jahrelanger F&E-Arbeit chinesischer Hersteller decken LFP-Batterien heute fast die Hälfte des weltweiten Marktes für Elektroautos ab, nachdem sich ihr Anteil binnen fünf Jahre mehr als verdreifacht hat. Heute sind sie laut IEA etwa 30 Prozent billiger als Nickel-Kobalt-Mangan-(NMC)-Batterien.
- Der chinesische Batteriemarkt, auf dem fast 100 Hersteller tätig sind, ist von einem harten inländischen Wettbewerb geprägt. Um Marktanteile zu halten oder zu gewinnen, haben diese Firmen ihre Gewinnspannen reduziert, um Batterien zu niedrigeren Preisen zu verkaufen.
Die Internationale Energieagentur geht aber davon aus, dass sich der Preisverfall in China in naher Zukunft verlangsamt. Denn durch die Konsolidierung dürften einige Hersteller „mehr Einfluss und Preismacht erlangen“. Andernorts stellt der Wettbewerbsvorteil der chinesischen Elektroauto- und Batterieindustrie freilich eine große Herausforderung dar. „Viele Batteriehersteller in Europa verschieben oder stornieren ihre Expansionspläne aufgrund der Unsicherheit über die zukünftige Rentabilität“, so die IEA. Die Produktionskosten in der Region seien etwa 50 Prozent höher als in China, das Ökosystem der Batterielieferkette sei nach wie vor relativ schwach und es mangele an Fachkräften. „Der Konkurs von Northvolt – Europas größte Investition in einen einheimischen Batteriehersteller – unterstreicht die Schwierigkeiten, mit asiatischen Herstellern zu konkurrieren“, so die Studienmacher.
Europa kann aber aufholen, so die positive Botschaft der IEA. Wenn die Binnennachfrage verlässlich wächst und die Hersteller Zeit bekommen, ihre Produktionsprozesse zu optimieren und starke regionale industrielle Ökosysteme zu entwickeln. „In dieser Hinsicht ist eine klare Politik, die ein anhaltendes Nachfragewachstum signalisiert und Investitionsrisiken verringert, von entscheidender Bedeutung“, betont die Internationale Energieagentur.
Bereits messbar ist laut den Analysten, dass Europa die Bemühungen steigert, in der Region billigere LFP-Batterien zu produzieren. Grundsätzlich haben koreanische Hersteller – traditionell die größten Batteriehersteller in Europa – in den vergangenen zwei Jahren fast ein Viertel ihres Marktanteils in der Europäischen Union verloren (von fast 80 % im Jahr 2022 auf 60 % im Jahr 2024), was die IEA teils auf den zunehmenden Erfolg der in China hergestellten LFP-Batterien zurückführt. Einige koreanische Unternehmen hätten inzwischen ebenfalls begonnen, in die Herstellung von LFP-Batterien in Europa zu investieren. China macht aber weiter Druck: „Projekte wie das Joint Venture zwischen Stellantis und CATL könnten die Verbreitung von LFP-Batterien in Europa beschleunigen, das europäische Batterie-Ökosystem verbessern und möglicherweise die Kostenlücke zu China verringern“.
Für 2030 prognostiziert die IEA für den Batteriemarkt der Europäische Union einen Marktanteil von 38 Prozent in der Hand chinesischer Unternehmen, nur noch 21 Prozent koreanische Hersteller, 27 Prozent eigene Produktion aus der EU sowie 9 Prozent US-Unternehmen und 5 Prozent aus anderweitiger Herstellung.
Für Korea und Japan stehen ergo große Umwälzungen bevor. Sie beherbergen zurzeit wichtige Batteriehersteller und spezialisierte Zulieferer mit großem Fachwissen im Bereich NMC-Batterien – und sind vor allem international sehr präsent: „Die koreanischen Unternehmen sind mit fast 400 Gigawattstunden (GWh) führend bei den Produktionskapazitäten in Übersee und übertreffen damit bei weitem die 60 GWh in Japan und die 30 GWh in China“, konstatiert die IEA. „Die koreanischen Hersteller deckten 2024 mehr als ein Fünftel des weltweiten Bedarfs an Elektroauto-Batterien, während die japanischen Hersteller fast 7 % abdeckten.“ Nun sei aber die Frage, inwieweit sie billigere LFP-Designs übernehmen.
In den Vereinigten Staaten hat sich die Produktionskapazität für Batterien nach der Einführung von Steuergutschriften für Hersteller seit 2022 verdoppelt und wird im Jahr 2024 über 200 GWh erreichen. Nahezu 700 GWh zusätzlicher Produktionskapazitäten befinden sich laut IEA im Bau. Der Aufbau inländischer Kapazitäten für die Herstellung von Batteriekomponenten ist der Studie zufolge aber langsamer vorangeschritten, „so dass der größte Teil der Nachfrage nach Anoden und Kathoden immer noch durch Importe gedeckt wird“. In der Zwischenzeit entwickelten sich Südostasien und Marokko als potenzielle Produktionsstandorte für Batterien und deren Komponenten.
iea.org
Grafik 1: IEA (2025), Share of electric vehicle sales by battery chemistry in selected regions, 2022-2024, IEA, Paris https://www.iea.org/data-and-statistics/charts/share-of-electric-vehicle-sales-by-battery-chemistry-in-selected-regions-2022-2024, Licence: CC BY 4.0
Grafik 2: IEA (2025), Share of electric car battery sales by manufacturer’s domicile, 2022-2024, IEA, Paris https://www.iea.org/data-and-statistics/charts/share-of-electric-car-battery-sales-by-manufacturer-s-domicile-2022-2024, Licence: CC BY 4.0
Grafik 3: IEA (2025), Share of manufacturing capacity by battery producer’s domicile, 2024-2030, IEA, Paris https://www.iea.org/data-and-statistics/charts/share-of-manufacturing-capacity-by-battery-producer-s-domicile-2024-2030, Licence: CC BY 4.0
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