UK-Regierung rückt wohl von strengen Elektroauto-Quoten ab

In Großbritannien zeichnet sich eine Lockerung des ZEV-Mandats („zero emission vehicle mandate“) ab, das Herstellern jährlich steigende Verkaufsquoten für E-Autos auferlegt. Eine gewisse Parallele zur EU ist nicht von der Hand zu weisen: Vor wenigen Tagen hatte erst die EU-Kommission angekündigt, den Druck auf die Autobauer reduzieren zu wollen.

nissan sunderland 2024 01 min
Bild: Nissan

In Großbritannien hat Nissan Bewegung in die Sache gebracht. Der japanische Autobauer gehört zu den ganz großen Arbeitgebern in Großbritannien und betreibt in Sunderland das größte Fahrzeugwerk der Insel. Nissan hatte jüngst gewarnt, dass zu strikte Vorgaben für die E-Autoproduktion ein Risiko für die Fertigung des Unternehmens im britischen Sunderland darstelle. Daraufhin erklärte der britische Wirtschaftsminister Jonathan Reynolds jetzt gegenüber der „Times“, dass man sich auf „eine wesentliche Änderung der Politik“ geeinigt habe: „Wir werden alles tun, was wir können, um sicherzustellen, dass Nissan diese sichere langfristige Zukunft in Großbritannien hat, und dafür sorgen, dass das Geschäfts- und Regulierungsumfeld dies widerspiegelt.“ Die gesamte Regierung sei „absolut der Ansicht, dass wir die von uns angestrebten Fortschritte in Bezug auf Netto-Null und die Energiewende nicht erreichen werden, wenn wir britische Arbeitsplätze und die britische Industrie schließen“.

Diese Aussagen wertet die „Times“ als starken Hinweis darauf, dass die Labour-Regierung das ZEV-Mandat lockern wird. Nach den aktuellen Regeln müssen OEMs im laufenden Jahr zu 28 Prozent Elektroautos absetzen. Wer das nicht hinbekommt, dem drohen hohe Geldstrafen.

Den jetzt von Reynolds getätigten Aussagen ging im UK eine mehrwöchige Konsultationsphase voraus, die sich mit dem in Großbritannien geplanten Verbrenner-Ausstieg 2030 sowie mit dem ZEV-Mandat beschäftigte. Vor allem die britische Automobilindustrie wollte die Labour-Regierung auf diese Weise bei der Frage mit einbeziehen, wie die schrittweise Abschaffung neuer Benzin- und Dieselfahrzeuge bis 2030 realisiert werden kann. Das Verkehrsministerium ließ im Vorfeld offiziell verlautbaren, dass die Konsultation „Klarheit für die Fahrzeughersteller und die Ladeindustrie schaffen“ werde, so dass diese „das Vertrauen haben, langfristig in Großbritannien zu investieren und das Wachstum der britischen Automobilindustrie zu fördern“.

Vertrauen zu schaffen ist bei dem Zickzack-Kurs in Großbritannien auch angezeigt: Im Jahr 2020 war es die Regierung unter Boris Johnson, die das Ziel beschloss, bereits ab 2030 keine Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zuzulassen. Im September 2023 verschob der ehemalige britische Premierminister Rishi Sunak (Tories) das geplante Datum für den Ausstieg dann von 2030 auf 2035 und begründete dies mit den hohen Kosten für Familien und kleine Unternehmen. Nur wenige Tage später kündigte die Regierung jedoch an, dass sie an dem zuvor festgelegten ZEV-Mandat festhalten wolle, das jährlich strengere Verkaufsquoten vorgibt. Unter Labour kam dann 2024 die neuerliche Kehrtwende. Wenig überraschend, denn die Labour-Partei hatte bereits während des Wahlkampfs angekündigt, dass sie im Fall eines Sieges die ursprüngliche Frist bis 2030 wiederherstellen würde. 

Verhandlungsspielraum soll es jetzt aber wieder geben und zwar vor allem innerhalb des ZEV-Mandats, wie bereits im Dezember durchgesickert war. Für 2024 schrieb das Mandat vor, dass mindestens 22 Prozent der verkauften Autos im Jahr 2024 lokal emissionsfrei sein mussten – also mit Batterie-elektrischem Antrieb oder Brennstoffzelle. Für dieses Jahr klettert der Wert wie erwähnt auf 28 Prozent. Und die Quote steigt jedes Jahr weiter, bis zum festgelegten Ausstiegsdatum. Hersteller, die das Ziel nicht erreichen, müssen Stand jetzt entweder eine Geldstrafe zahlen oder „ZEV-Zertifikate“ von Autoherstellern kaufen, die ihr Ziel übererfüllen. Hier könnten aber weitere „Flexibilitäten“ gestattet werden. Etwa, dass die Quoten nicht mehr im laufenden Jahr, sondern über mehrere Jahre erfüllt werden können, was Autobauern erlaubt, schwächere Verkaufsjahre mit stärkeren Jahren auszugleichen. Auch soll eine Anrechnung von Hybriden denkbar sein.

Die EU steht aktuell bekanntlich an einem ähnlichen Punkt. So schlug die Kommission in ihrem Aktionsplan für die Automobilindustrie vergangene Woche vor, das diesjährige CO2-Ziel für die Autohersteller abzuschwächen. Die OEMs bekommen konkret mehr Zeit: Sie sollen ihre CO2-Ziele nun in den kommenden drei Jahren erreichen dürfen – sofern das Parlament und die Mitgliedsstaaten zustimmen. Hintergrund ist, dass die ohnehin stark belastete Autobranche durch die Gesetzgebung nicht noch stärker unter Druck gerät.

Auch in Großbritannien ist die Nachfrage nach E-Autos aktuell nicht mehr so stark ausgeprägt wie gedacht – und von der Branche einkalkuliert. Zu den OEMs, die daher vor zu strengen Vorgaben warnen, gehört neben Nissan auch Ford. Im November erklärte der Autobauer, dass es einfach nicht funktioniere, „mehr Elektrofahrzeuge zu produzieren und zu verkaufen, wenn die Nachfrage nicht da ist“. Auch Stellantis drohte kürzlich bereits mit Konsequenzen, sollten die geplanten Regelungen in Großbritannien unverändert durchgesetzt werden.

Auf die britische Regierung kommt also ein Balanceakt zu: „Wir sind absolut entschlossen, in Sachen Umwelt und Klima ehrgeizig zu sein, aber wir sind auch fest entschlossen, Fahrzeuge in Großbritannien zu produzieren“, äußert Wirtschaftsminister Reynolds gegenüber der „Times“. Wie schon die EU-Verantwortlichen spricht er von „einem nun unerlässlichen Pragmatismus“.

thetimes.com

2 Kommentare

zu „UK-Regierung rückt wohl von strengen Elektroauto-Quoten ab“
MWF
11.03.2025 um 08:17
„… Im November erklärte der Autobauer, dass es einfach nicht funktioniere, „mehr Elektrofahrzeuge zu produzieren und zu verkaufen, wenn die Nachfrage nicht da ist“. Idee: Verbrenner teurer machen, Treibstoff teurer machen oder einfach nicht mehr produzieren.
Robert
11.03.2025 um 09:37
nun ich hätte da ja auch noch eine verückte Idee um die Nachfrage zu steigern, einfach die Preise von E-autos auf Verbrennerniveau absenken.

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