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T&E-Studie: In der EU ist jeder zweite neu zugelassene Stadtbus emissionsfrei

Das Stadtbus-Segment gilt als relativ gut zu elektrifizieren. Das unterstreichen jetzt auch Zahlen für das Jahr 2024. Demnach waren im vergangenen Jahr die Hälfte aller neuen Stadtbusse in der EU elektrisch. Die Organisation Transport & Environment prognostiziert auf dieser Basis ein bald deutliches Übergewicht der E-Busse bei den Neuzulassungen.

Die 27 Länder der Europäischen Union werden bei den City-Linienverkehren immer sauberer: Waren 2022 erst rund ein Viertel der neu zugelassenen Stadtbusse emissionsfrei (27%), steigerte sich deren Anteil 2023 auf 37 Prozent und 2024 bereits auf 49 Prozent. Dieses Tempo übersteigt laut Transport & Environment (T&E) die bisherigen Prognosen. Geht es so weiter, könnten emissionsfreie Stadtbusse im laufenden Jahr 64 Prozent aller Zulassungen ausmachen, so die Nichtregierungsorganisation. Und: „Bei dieser Wachstumsrate sind die Stadtbusse auf dem besten Weg, bis zum Jahr 2027 vollständig als ,Zero Emission‘ verkauft zu werden.“

Dieser Erfolg ist den Analysten zufolge auf die europäischen Vorschriften, aber auch auf kommunale Vorstöße zu Umweltzonen und zu bestimmten Flottenzielen zurückzuführen. Die Daten, die Transport & Environment vorlegt und interpretiert, stammen dabei von einer DVV Media-Erhebung („Alternative Drivelines for City buses 2024“), wobei zu „emissionsfreien Bussen“ sowohl Batterie-elektrische Fahrzeuge (BEV) als auch Brennstoffzellen-Fahrzeuge (FCEV) gezählt werden. Konkret waren der Studie zufolge in der EU im vergangenen Jahr 46 Prozent aller neuen Stadtbusse BEVs und drei Prozent FCEVs. Unter den anderen Antriebsarten kamen Diesel im EU-Schnitt auf 21 Prozent, Hybride auf 16 Prozent und Gasbusse auf 14 Prozent. Die absoluten Zahlen nennt T&E nicht.

Wichtig: Die Studie beschränkt sich rein auf Stadtbusse und klammert Überland- und Reisebusse aus. Letztere beiden Segmente sind ob ihrer deutlich längeren Routen schwerer zu elektrifizieren, weshalb der E-Anteil bei allen EU-weiten Busanschaffungen ganz gleich ihrer Einsatzart laut ACEA im vergangenen Jahr auch nur bei rund 18 Prozent lag.

Zur Definition der einzelnen Segmente ist zu sagen, dass sowohl Stadt- als auch Überland- und Reisebusse M3-Fahrzeuge sind („M“ steht für Personentransport, „3“ für ein zulässige Gesamtmasse von mehr als fünf Tonnen), dass sie aber in Klasse I und II bzw. III unterschieden werden. Der Klasse I sind Fahrzeuge mit Stehplätzen zugehörig, „die die Beförderung von Fahrgästen auf Strecken mit zahlreichen Haltestellen ermöglichen“ – also Stadtbusse. Bei der Klasse II ist die Innenraumkonzeption dagegen schon für längere Fahrtaufenthalte im Sitzen ausgelegt, dieser Fokus verstärkt sich noch bei Klasse III – also Reisebussen. Während Klasse-I-Fahrzeuge der Clean Vehicles Directive unterliegen und in der EU ab 2035 nur noch emissionsfrei verkauft werden dürfen, werden Klasse-II- und III-Fahrzeuge den schweren Nutzfahrzeugen zugerechnet. Für sie gelten in der EU daher dieselben CO2-Normen wie für E-Lkw. Hier ziehen die CO2-Flottengrenzwerte erst deutlich später an.

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Bild: Transport & Environment

Der Gesamtbusmarkt unterteilt sich in der Europäischen Union grob zu gleichen Teilen in Stadt-, Überland- und Reisebusse. Wir fokussieren hier also nur auf ungefähr ein Drittel der rund 35.600 EU-weiten Bus-Neuzulassungen im vergangenen Jahr. Transport & Environment betont dabei die regionalen Unterschiede bei der Integration von elektrischen Stadtbussen: So wird der EU-Markt von den Niederlanden, Finnland und Island angeführt, die im Jahr 2024 zu 100 Prozent Batterie-elektrische Stadtbusse beschafft haben. Es gibt aber auch ausgesprochene Nachzügler – namentlich Österreich, die Tschechische Republik, Ungarn, Estland, die Slowakei und Kroatien.

Unter den großen Märkten – also Länder mit mehr als 1.000 neuen Stadtbus-Beschaffungen pro Jahr – liegt Spanien mit einem Elektroanteil von 57 Prozent an der Spitze des Länder-Rankings, gefolgt von Italien (44% E-Anteil), Deutschland (34%) und Frankreich (33%). Nimmt man die Nicht-EU-Nation Großbritannien mit hinzu, reiht sich diese mit 56 Prozent an zweiter Stelle ein.

In Deutschland fällt der hohe Anteil von Wasserstoffbussen auf: 2024 kamen diese bei den Stadtbussen auf einen Anteil von neun Prozent. In keinem anderen Land waren es anteilig so viele (Spanien und Polen folgen mit je 5%). Die weiteren Antriebsarten im deutschen Stadtbusmarkt waren zu 25 Prozent BEVs, zu 26 Prozent Hybride, zu 39 Prozent Diesel und zu einem Prozent Gasbusse. Grundsätzlich variiert speziell der Anteil von Gasantrieben in den Ländern sehr stark. So kamen im Gegensatz zu der marginalen Rolle dieser Busse in Deutschland beispielsweise in Frankreich und Italien im vergangenen Jahr zu 39 bzw. 31 Prozent neue Gas-Stadtbusse hinzu.

Den größten Sprung legte bei E-Stadtbussen von 2023 auf 2024 übrigens Estland hin. Für 2023 belegte das baltische Land den letzten Platz im Länder-Ranking, 2024 verzeichnete Estland bei seinen Stadtbussen dann einen eindrucksvollen E-Anteil von 84 Prozent.

Zoomen wir auf die Brennstoffzellen-Stadtbusse, konstatiert Transport & Environment, dass sich deren Roll-out im Jahr 2024 „hauptsächlich auf großen Märkten vollzog“. Dabei hatten Brennstoffzellenbusse in den Jahren zuvor vor allem auf kleineren Märkten Fuß fassen können. Beispiel Niederlande: Dort machten Brennstoffzellenbusse 2021 rund 20 Prozent der neuen Stadtbusse aus. Dieser Anteil sank anschließend auf 13 und 5 Prozent (in 2022 und 2023) und mündet nun in null Prozent für 2024. Die Verkaufsanteile anderer alternativer Antriebe sind den Analysten zufolge relativ stabil geblieben: „Hybrid-Stadtbusse, die normalerweise etwa ein Fünftel der Neuverkäufe in der EU ausmachen, lagen 2024 nur bei 16 Prozent der Neuverkäufe. Ebenso stagnierte der Anteil der Gas-Stadtbusse auf einem historisch niedrigen Niveau von 14 Prozent“, heißt es zur Einordnung.

Schaut man sich die kumulierten Zulassungszahlen seit 2021 an, liegt übrigens die Niederlande beim Anteil neuer emissionsfreier Busse vorne (92% BEV und 7% FCEV). Dicht dahinter folgen die nordischen Länder sowie einige ost- und südeuropäische Nationen. In Bulgarien, Rumänien und Griechenland sind seit 2021 beispielsweise rund zwei Drittel der neuen Stadtbusse Batterie-elektrisch. Deutschland findet sich mit einem 20-prozentigen BEV- und einem dreiprozentigen FCEV-Anteil im hinteren Mittelfeld. Nochmals wichtig: Kleine und große Märkte werden von T&E in diesem Ranking nicht unterschieden. Bei den absoluten Zahlen würde Deutschland wesentlich weiter vorne stehen.

transportenvironment.org

4 Kommentare

zu „T&E-Studie: In der EU ist jeder zweite neu zugelassene Stadtbus emissionsfrei“
Arndt Schäfller
13.03.2025 um 14:02
Super, Danke an die Autorin! Die untere Übersicht zeigt, dass BEV-Busse in Europa längst FCEV-Busse abgehängt haben und BEV-Busse in sämtlichen Szenarien vorn liegen (Nord wie Süd). Die Niederlande hat ihre FCEV-Busse ähnlich wie Belgien aussortiert - da nicht rentabel. Nur in Deutschland und Polen werden FCEV-Busse von der H2-Lobby massiv gehypt und mit Fördermitteln beworfen. Unsere Verkehrsverbünde müssen endlich erkennen, dass FCEV-Busse keine kosteneffiziente Lösung sind. Schaut euch die Verbrauchskosten bei BEV/FCEV-Fahrzeugen an: (A) Bsp PKW: BEV-PKW sagen wir 18KWh auf 100Km bei 40 Cent* macht 7,20€; FCEV-PKW liegen bei 0,9 bis 1 Kilo H2 auf 100km in der Praxis [schaut bei Spritmonitor rein: Mirai und ix35] macht mit grünem H2** 18€ bis 20€ auf 100 Kilometer, und dabei wird H2 noch massiv subventioniert... [Zeit für allgemeine Erheiterung] next.. (B) Bsp LKW: BEV-Truck 40T ca. 1KWh auf 1Km bei gleichen Strompreis ca. 0,40€ pro Kilometer; ein analoger BEV-Truck verbraucht ca. 8Kg H2/100Km bei 15€ pro Kilo grünem H2** macht 1,2€ pro Kilometer. (C) Busse .. hier liegen mir leider keine genauen Verbrauchsdaten vor. Der Vergleich bei PKWs und LKWs zeigt aber: grüner Wasserstoff ist mind. 2,5 bis 3 mal so teuer im Verbrauch gegenüber BEV. Das gilt auch für Busse. Noch verrückter wird der Kostenvergleich wenn wir Annehmen, dass der Strom selbst produziert wird und nur 5 bis 15 Cent an Opportunitätskosten angesetzt werden. Wer bitte will da noch FCEV-Fahrzeuge bewegen wenn mich das ganze 6 bis 8mal mehr pro Strecke kostet? *** ------------------------------------------------------------------- *= Für die Erbsenzähler unter euch: Ja, die Zuhauselader zahlen wesentlich weniger, und ja, die nur Gelegentlich-ohne-Vetrag-Public-Lader zahlen mehr. 40 Cent soll einfach die Mitte sein. Ladeverluste habe ich weggelassen und Verbauch muss jeder selber wissen; ich fahr immer unter 15KWh // **= Preis Kilo H2 an 700Bar Tanke grauer H2 startet bei 15€, und grüner H2 bei 20€ in Deutschland. 350Bar Tanke grüner H2 startet bei 15€.// *** Einwand der H2-Lobby: Die Verkehrsbetriebe bekommen rabatieren (grauen) H2 - die eklatante Kostendifferenz bleibt.
gerd
13.03.2025 um 15:02
Sauber und leise....die Kommunen sind wohl etwas näher am Voll als die ölgeschmierten Merz und Söder.
Arndt Schäfller
13.03.2025 um 16:09
Es war und ist der blamable Versuch eines deutschen Sonderweges. Der Verlust diverser deutscher Technologieführerschaften (Solar, Batterien etc.) schmerzt Politik (Eitelkeit) und Industrie (Gewinne). So besonn man sich auf Wasserstoff und den Ausbau der Kompetenzen darin. Ohne Frage: Wasserstoff ist ein super Treibstoff für Raumfahrt und Luftfahrt. Weiterhin ist Grundlagenarbeit und Weiterentwicklung diverser H2-Komponenten nötig. Dazu auch die Fördergelder an ITZ Nord und ITZ Chemnitz. Wobei der Forschung keine Grenzen gesetz werden sollen und dürfen. _________________ Aber: eine Technologieeinführung (FCEV) in die Praxis darf nicht mehr gepuscht werden als nötig, wenn sich bereits abzeichnet, dass konkurrierende Technologien (BEV) obsiegen. Objektiv gesehen, ohne politische oder industrielle Interessen, ist das seit Jahren absehbar - FCEV können sich nicht gegen BEV durchsetzen: nicht in Norwegen, nicht in China, nicht in der Niederlande, eigentlich überall. Die Verantwortlichen Referats- und Abteilungsleiter in den Landesministerien für Verkehr und Wirtschaft müssten den Umstand längst Rechnung tragen - was sie davon abhielt? Keine Ahnung. Das Bundesverkehrsministerium war da bereits weiter und löste das Referat auf. Hoffen wir, das mit der neuen Regierung kein neues H2-Referat im Verkehrsministerium einzug hält. Sonst geht der FCEV-Irrsinn die nächsten Jahre weiter.
Battie
16.03.2025 um 18:56
Da braucht auch niemand mehr fragen, warum die deutsche Autoindustrie schwächelt. Erschließt sich doch irgendwie von selbst, wenn bei den Bussen ein solcher Geist herrscht! Blamabel, Deutschland taucht in den Diagrammen nicht mal auf.

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