VW legt „Masterplan“ mit Empfehlungen an Bundesregierung vor
Am Freitag will VW es auch der Belegschaft vorstellen, wie das „Handelsblatt“ berichtet – der Wirtschaftszeitung lag das elfseitige Dokument vorab vor. Volkswagen formuliere darin „seine Erwartungen und Empfehlungen an die nächste Bundesregierung“. Dabei geht es den Wolfsburgern um „eine verlässliche Industriepolitik und eine wettbewerbsfähige Wirtschaftsumgebung“, aber ganz konkret auch um eine Förderung der Elektromobilität.
In dem Schreiben setzt sich der Konzern klar für die Elektromobilität als Antrieb der Zukunft ein – auch wenn bei einigen Marken die ambitionierten Planungen angesichts der Marktentwicklung inzwischen angepasst wurden. „Die Zukunft der individuellen Mobilität wird elektrisch sein“, so VW. „Das ist der schnellste und effizienteste Weg, den Verkehrssektor zu dekarbonisieren.“
Die Wolfsburger belassen es aber nicht bei derartigen Allgemeinposten, sondern werden in ihren Forderungen erstaunlich konkret. In dem Papier werden „gezielte steuerliche Anreize“ gefordert, heißt es in dem Bericht – dabei geht es VW um eine Befreiung für E-Autos von der Kfz-Steuer über 2030 hinaus und eine „stärkere steuerliche Differenzierung zwischen Verbrennern und Elektroautos, auch bei Dienstwagen“.
„Social Leasing“ und günstigere Ladepreise gefordert
Als weiteren Anreiz schlägt Deutschlands größter Autobauer ein „Social-Leasing“-Modell vor, um einkommensschwache Haushalte zum (günstigen) Umstieg auf E-Autos zu bewegen – Details hierzu werden in dem Bericht nicht genannt. Die Finanzierung solle aber ab 2026 „über den Klima-Sozialfonds der EU erfolgen und für alle Fahrzeugklassen gelten“. Auch wenn sich VW hier öffentlich für eine Förderung aller Fahrzeugklassen einsetzt, dürfte es bei einer gezielten Subvention für einkommensschwache Haushalte wohl eher um die günstigeren Elektro-Kleinwagen gehen – hier stehen mit den Serienversionen der Studien ID.2all und ID.EVERY1 in den kommenden Jahren wichtige Modellpremieren bei VW an.
Um die Elektromobilität attraktiver zu machen, müsse auch die Ladeinfrastruktur verbessert werden. Hier schlagen die Wolfsburger ganz konkret eine Schnellladerpflicht für Tankstellen vor – eine solche Pflicht hat die damalige Ampel-Regierung bereits im Mai 2024 beschlossen (mit Wirkung zum 1. Januar 2028) und im August vergangenen Jahres sogar noch gegen Kritik von Branchenvertretern verteidigt. Möglich ist also, dass es VW um strengere Vorgaben geht als von der Regierung bisher beschlossen. Außerdem soll das öffentliche Laden mittels steuerlichen Entlastungen günstiger gemacht werden.
Das große Aber: So schnell scheint der Konzern nicht mit steigenden Elektroauto-Zulassungen zu rechnen, denn parallel setzt sich VW dafür ein, dass der Anfang März von der EU-Kommission in Aussicht gestellte Aufschub bei den CO2-Flottengrenzwerten über drei Jahre sogar auf fünf Jahre ausgeweitet wird, um die Vorgaben einzuhalten. Zudem solle die nächste Bundesregierung Strafzahlungen für Pkw, leichte Nutzfahrzeuge und Lkw in den Jahren 2025 und 2026 aussetzen. Und auch die Berechnung der Flottengrenzwerte an sich solle überarbeitet werden, etwa mit Blick auf Plug-in-Hybride und E-Fuels.
Weitere Forderungen betreffen die Produktion und Wirtschaftsumgebung an sich. Der Konzern fordert einen Industriestrompreis von rund sechs Cent pro Kilowattstunde, um in Europa wettbewerbsfähig produzieren zu können – ausdrücklich auch Batteriezellen. Und auch die politischen Rahmenbedingungen für autonomes Fahren und Software-definierte Fahrzeuge müssen „innovationsfreundlich“ sein, um den Entwicklungsstandort Deutschland zu stärken. Konkret geht es dem Unternehmen hier um schnellere Genehmigungsprozesse, gezielte Subventionen für Forschung und den Abbau regulatorischer Hürden, so das „Handelsblatt“.
Volkswagen selbst steckt mitten im Umbruch und stellt sich derzeit neu auf. In der Tarifeinigung kurz vor Weihnachten 2024 wurden Milliarden-Einsparungen und der Abbau von rund 35.000 Stellen bis Ende des Jahrzehnts beschlossen. Offiziell sollen zwar keine Werke in Deutschland geschlossen werden, einige Standorte gelten aber dennoch als angezählt und benötigen eine sichere Zukunftsperspektive.
Das „Handelsblatt“ sieht in dem Schreiben von VW an die Spitzen von Union und SPD mitten in den Koalitionsverhandlungen einen Beleg für die dramatische Lage bei VW – denn ein solcher Vorstoß eines einzelnen Unternehmens ist an sich schon höchst ungewöhnlich, erst recht in der aktuellen politischen Lage. Eigentlich würden Branchen und Interessensverbände (wie etwa der VDA) derartige Forderungen platzieren. „Der Schritt unterstreicht die Dringlichkeit, die VW-Konzernchef Oliver Blume dem Thema beimisst“, heißt es in dem Bericht.
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