BYD soll mit Produktion in Deutschland liebäugeln
Das berichtet Reuters unter Berufung auf eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Dass ein drittes Werk in Europa geplant ist, wurde bereits Anfang März bekannt. Konkret sagte BYD-Managerin Stella Li zu diesem Zeitpunkt gegenüber Bloomberg, dass eine Entscheidung über einen Standort für das dritte Fahrzeugwerk in den nächsten anderthalb Jahren fallen könnte. Die ersten beiden Werke entstehen in Ungarn und der Türkei. Wo die dritte Fabrik angesiedelt werden könnte, kommunizierte BYD bisher nicht.
Laut Reuters soll aber Deutschland zu den bevorzugten Kandidaten gehören. Der von der Nachrichtenagentur zitierte Insider spricht sogar davon, dass Deutschland die erste Wahl von BYD sei, wobei dieser potenzielle Standort intern wegen der hohen Arbeits- und Energiekosten, der geringen Produktivität und der geringen Flexibilität des Landes kontrovers diskutiert werde. Für Deutschland soll sprechen, dass BYD wohl in Westeuropa Fuß fassen will, um seine Markenbekanntheit und Akzeptanz bei europäischen Kunden zu erhöhen. Gemäß Anweisungen aus Peking an die eigenen Hersteller, sich nicht in Ländern anzusiedeln, die für die EU-Sonderzölle gegen E-Autos aus China gestimmt haben, fallen für BYD potenzielle Standorte u.a. in Frankreich oder Italien weg, so der Insider. Deutschland hatte hingegen mit „Nein“ abgestimmt.
Ein weiterer politische Faktor soll für BYD der Regierungswechsel in Deutschland sein. Mit der nächsten mutmaßlich CDU-geführten Koalition wird ein sehr wirtschaftsfreundlicher Kurs verbunden. Die Chinesen gehen ergo davon aus, dass der künftigen Regierung daran gelegen sein wird, den Automobilsektor als größten Einkommensbringer des Landes zu unterstützen.
Reuters berichtete bereits im Januar, dass chinesische Beamte und Autohersteller vermehrt deutsche Fabriken prüfen, die geschlossen werden könnten – „insbesondere Volkswagen-Standorte“, wie es seinerzeit hieß. Klar ist aber auch: Die endgültige Entscheidung über ein drittes Werk wird bei BYD allen voran von den Verkaufszahlen in Europa und der Kapazitätsauslastung in den ungarischen und türkischen Werken abhängen. Und um diese zu beurteilen, wird es noch Zeit brauchen.
BYD-Managerin Stella Li äußerte sich gegenüber Bloomberg jedenfalls nicht dazu, wann das dritte Werk ihres Unternehmens in Europa in Betrieb gehen könnte. Grob lässt sich dies aber schätzen: Das erste Europa-Werk in Ungarn hatte das Unternehmen Ende 2023 angekündigt, Ende 2025 soll die Produktion anlaufen – also grob zwei Jahre Vorlaufzeit. Würde BYD also bei dem dritten Fahrzeugwerk in Europa ähnlich verfahren, könnte nach einer Standort-Entscheidung im Spätsommer/Herbst 2026 wohl in der zweiten Jahreshälfte 2028 das erste Auto gebaut werden. Das ist aber Spekulation und nicht vom Unternehmen bestätigt.
Noch vager blieb Stella Li bei einem weiteren Vorhaben: BYD plane außerdem, in Europa Batterien für Elektrofahrzeuge herzustellen, so die hochrangige Managerin in dem Bloomberg-Bericht. Hier werde aber sowohl der mögliche Standort als auch der genaue Zeitpunkt noch diskutiert.
Die Logik hinter der möglicherweise ausgedehnten Europa-Produktion ist klar: Werden die Fahrzeuge in Europa gebaut, fallen weder die regulären Einfuhrzölle noch die hohen Sonderzölle beim Import von in China hergestellten Elektrofahrzeugen in die EU an, die 2024 in Kraft getreten sind. Trotz Zöllen und/oder Investitionen in europäische Werke bleibt der EU-Markt für chinesische Hersteller attraktiv, weil sie eher höhere Preise verlangen können als in China. Dort tobt seit einiger Zeit ein erbitterter Preiskampf.
cnevpost.com, reuters.com
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