Vorzeitiger Wechsel im ZF-Aufsichtsrat

Der Autozulieferer ZF befindet sich zweifelsohne im Umbruch. In dieser wichtigen Phase tritt Heinrich Hiesinger, Vorsitzender des Aufsichtsrats, trotz eines bis 2028 laufenden Vertrags vorzeitig ab. Ein Nachfolger steht bereits fest: Ex-Hella-Chef Rolf Breidenbach übernimmt als Chefkontrolleur.

Den Wechsel hat der Aufsichtsrat in seiner Sitzung am Mittwoch beschlossen, in der direkt der 62-jährige Breidenbach zum Vorsitzenden des Kontrollgremiums gewählt wurde. Ex-Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger (64) war somit nur drei Jahre lang der Aufsichtsratsvorsitzende von ZF.

Bereits im vergangenen Sommer hatte ZF angekündigt, in Deutschland bis zu 14.000 Stellen zu streichen – vor allem in der Division „Elektrifizierte Antriebstechnologien“. Zu dieser gehört neben den E-Antrieben auch das Getriebe-Geschäft, sowohl für Plug-in-Hybride als auch konventionelle Verbrenner. Mitte Februar wurde aber bekannt, dass inter die komplette Ausgliederung der Sparte „Elektrifizierte Antriebstechnologien“ geprüft wird – womit ZF quasi sein Kerngeschäft abspalten würde.

Der Wechsel an der Spitze des Aufsichtsrats fällt also in eine heiße Phase in Friedrichshafen. Der Konzern ist auf der Suche nach Partnern für einige Unternehmensbereiche, zudem lasten hohe Schulden auf dem Unternehmen. Breidenbach ist seit 2023 Mitglied im ZF-Aufsichtsrat, er kennt also die Herausforderungen, vor dem das Unternehmen steht.

Und genau diese Herausforderungen sind offenbar der Hintergrund des Wechsels: Hiesinger habe bereits intern erklärt, aufgrund seiner persönlichen Lebensplanung nicht für eine zweite Amtszeit nach dem März 2028 zur Verfügung zu stehen. Da bis dahin nicht alle wesentlichen Weichenstellungen für ZF umgesetzt seien, habe Hiesinger angeboten, den Posten vorzeitig zur Verfügung zu stellen, um einen Wechsel im Aufsichtsratsvorsitz in der entscheidenden Phase 2028 zu vermeiden, heißt es. In Berichten wird aber auch Kritik an Hiesingers Amtsführung geäußert, er habe in kritischen Situationen dem Vorstand zu wenig Druck gemacht.

„Nach reiflicher Überlegung und in enger Absprache haben die beiden ZF-Gesellschafter, die Zeppelin- und Ulderup-Stiftung, das Angebot angenommen“, sagt der Friedrichshafener Oberbürgermeister Simon Blümcke, der qua Amt zugleich auch der Vorsitzende der Zeppelin-Stiftung ist, der 93,8 Prozent von ZF gehören. „Wir sind Dr. Hiesinger sehr dankbar für die Möglichkeit, die Leitung des Aufsichtsrates frühzeitig zu übergeben.“ Und: „Die Mitglieder des Aufsichtsrates danken Dr. Hiesinger für seine herausragende Arbeit und Leistung als Vorsitzender des Kontroll- und Aufsichtsgremiums.“

Dass die Wahl des Nachfolgers auf Breidenbach gefallen ist, wertet das „Handelsblatt“ als „ersten Akzent des neuen Oberbürgermeisters von Friedrichshafen“. Über die Zeppelin-Stiftung hat der parteilose Politiker viel Einfluss bei ZF. Allerdings ist die Personalie Breidenbach auch pikant: Der studierte Maschinenbauer hat früher auch für die Unternehmensberatung McKinsey gearbeitet – genauso wie der ZF-Vorstandsvorsitzende Holger Klein, dessen Strategiechefin Graciana Petersen und Personalchefin Lea Corzilius. Und McKinsey berät aktuell auch ZF bei den angestrebten Milliarden-Einsparungen.

Während aktuell noch unklar ist, ob und wie die McKinsey-Vergangenheit Breidenbachs Amtsführung bei ZF beeinflusst, steht bereits fest, wer das Aufsichtsratsmandat von heinrich Hiesinger übernehmen soll: Bei der nächsten Hauptversammlung soll Ingrid Jägering in das Gremium gewählt werden. Die ist derzeit für Finanzen und IT bei der Stihl-Gruppe in Waiblingen aktiv.

handelsblatt.com, automobilwoche.de

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