Bild: Changan

Markiges Europa-Debüt: Changan verspricht acht E-Modelle bis 2027

Chinas staatlicher Hersteller Changan ist in Europa angekommen. Das elektrische Mittelklasse-SUV Deepal S07 soll im September in Deutschland erhältlich sein und hierzulande schon einmal den Weg für Modelle der Kernmarke Changan und der Schwestermarke Avatr ebnen. Hier unsere Eindrücke vom Europa-Kickoff.

Changan ist rund 40 Jahre alt, Chinas viertgrößter Autohersteller – und nun auf Europa-Mission: In Mainz hat der Konzern für Partner, Händler und Medienvertreter eine amtliche Fahrzeugpalette aufgefahren. Vom Kompakt-SUV bis zur ausgewachsenen Crossover-Limousine – allesamt elektrisch oder teilelektrifiziert. Dazu lotste Changan die Besucher durch eine Technik-Ausstellung, zeigte sich bewandert auf den Feldern PHEV, Range-Extender und Brennstoffzelle. Und vor allem: Der OEM ist sich der Komplexität der Aufgabe bewusst: „Wir wollen nichts überstürzen, gut vorbereitet sein. Denn wir haben das Beispiel von anderen Marken vor Augen, die nicht ready waren“, sagt uns Nic Thomas, Changans Marketing- und Vertriebschef für Europa. Wen er meint, lässt er offen, aber von BYDs Fehlstart mit Hedin als Importeur bis zu Kurzzeit-Phänomenen wie Aiways gibt es ja reichlich Auswahl.

Changan will mit einem klassischen Vertrieb und mit drei Marken antreten – der gleichnamigen Kernmarke, Deepal und Avatr. Die ersten Zielmärkte sind Norwegen, Dänemark, Deutschland, Großbritannien und die Niederlande, wobei die Chinesen zwar vom Verkaufsstart im zweiten Quartal sprechen, Deutschland aber frühestens im September dran sein wird. Vertriebsmanager Thomas erzählt, dass er hierzulande gerade die Handelspartner zusammenstelle. Wenn er zehn Handelsakteure zusammenhat, „die die uns wichtigen Regionen in Deutschland abdecken, dann geht es los“. Parallel baut Changan in den Niederlanden ein europäisches Ersatzteillager auf. „Gründliche Vorbereitung eben“, wiederholt Thomas. Hinter den Kulissen soll Changan bereits eineinhalb Jahre an der Expansion nach Europa arbeiten.

Changan will „vor 2030“ auch lokal produzieren

An Prominenz fehlt es an diesem Tag nicht: Thomas oberster Chef, Changan-Vorsitzender Zhu Huarong, ist auch nach Mainz gekommen und gibt sich in seiner Rede auf der Bühne bescheiden. Man habe von Europa gelernt, so der Topmanager mit Blick auf die vergangenen Jahrzehnte. Mit der Antriebswende sieht er nun die Chance für sein Unternehmen gekommen, hier Fuß zu fassen – mit einer Strategie, die „In-Europa-für-Europa“ heißt, inklusive lokaler Produktionspläne, die sich „vor 2030“ manifestieren sollen. Bis dahin kommen die Fahrzeuge für Europa aus Changans Werk in Nanjing. Mit eigenen F&E- sowie Designzentren ist das Unternehmen schon länger global präsent, etwa in Italien und Deutschland. Und: Vergangenes Jahr rief das Unternehmen in Vorbereitung des jetzigen Kickoffs bereits einen Europa-Hauptsitz in München ins Leben.

Als Zeichen ihrer Vertrauenswürdigkeit spielen die Verantwortlichen in Mainz übrigens Videos etlicher Testimonials ein, die die Güte der Partnerschaft mit Changan betonen, darunter Webasto, Ford und Infineon. Auch Bosch und Schaeffler werden als Zulieferer genannt. Auf Joint-Venture-Partnerschaften will das Unternehmen bei seiner Expansion allerdings nicht angewiesen sein. Changan gehörte in den Nuller-Jahren zu jenen Unternehmen, die sich mit etablierten Herstellern wie Ford und Mazda verbündeten. Diese Joint-Ventures haben bis heute Bestand, sind aber kein Modell für den Europa-Start, wie Thomas sagt. Den will Changan in Eigenregie managen.

Der erste Aufschlag soll konkret mit acht Modellen bis 2027 erfolgen. Die ersten beiden Wegbereiter sind der Deepal S07 und der Deepal S05 – ein rein elektrisches Mittelklasse-SUV und ein etwas kleineres Kompakt-SUV, das als BEV und auch als Range-Extender-Modell eingeführt werden soll. Die weiteren Modelle – je drei 2026 und 2027 – präzisiert Changan noch nicht. Es dürften aber der größere Changan E07 und die Premiumstromer Avatr 11 und Avatr 12 darunter sein, denn diese Baureihen nennt der Hersteller als europäische Vorhut ihrer jeweiligen Marken Changan und Avatr. Auch von einem Antriebsmix aus BEV, PHEV und EREV ist die Rede.

Wie weite Teile der chinesischen Konkurrenz begreift sich auch Changan übergeordnet als Vorreiter für intelligente und vernetzte Elektrofahrzeuge. Punkten will der staatliche OEM mit Stammsitz in Chongqing mit einer speziellen Software Driven Architecture, die auf „einer zentralen und zonalen E/E-Architektur“ aufbaut. Schon im Deepal S07 soll dieses System seine Stärken ausspielen, etwa in Form einer intelligenten Sprach- und Gestensteuerung oder – weniger offensichtlich – in einem Batterie-Sicherheitssystem.

Reichweite ordentlich, DC-Ladeleistung schwach

Wo wir dann passenderweise unter dem Blech des S07 angekommen wären. Vor der Auftaktveranstaltung in Mainz waren die technischen Daten des E-SUV noch lückenhaft, wenn auch mit Preis und Reichweite – 45.000 Euro und 475 km nach WLTP – schon einmal erste Ausrufezeichen gesetzt wurden. Nun folgen weitere Angaben zum Antrieb, so hat der Deepal-Stromer eine E-Maschine mit bis zu 160 kW Leistung und bis zu 320 Nm Drehmoment an Bord. Damit soll das E-SUV bis zu 180 km/h schnell werden und in 7,9 Sekunden auf 100 km/h beschleunigen. Der NMC-Akku mit Zellen von Zulieferer CALB kommt auf einen Energiegehalt von 80 kWh und soll besagte Reichweite von 475 km gewährleisten. Allerdings kann die Batterie nur mit 93 kW DC geladen werden, womit der Standard-Ladevorgang nicht mehr zeitgemäße 45 Minuten oder mehr dauern dürfte. Offiziell gibt Changan 35 Minuten für das eher schlecht zu Vergleichen taugende Ladefenster von 30 auf 80 Prozent an.

Die Werte der Batterie kommen uns dabei bekannt vor: Auch der Mazda6e hat optional einen 80-kWh-Akku an Bord und lädt nur rund 95 kW DC. Da der Stromer von Changan-Mazda gebaut wird und ergo auf der Technik der Chinesen aufbaut, liegt es nahe, dass beide Fahrzeuge dieselbe Batterie verwenden. Zumal ihr Launch-Termin nah beieinander liegt: Der Mazda-Stromer wurde im April 2024 erstmals auf der Auto China in Peking vorgestellt. Auf dem dortigen Markt ist er als EZ-6 bereis seit einigen Monaten in drei BEV- und vier EREV-Versionen erhältlich. In Europa soll es im Sommer 2025 losgehen.

Doch zurück zum Deepal S07: Das SUV misst 4,75 x 1,93 x 1,63 Meter ( Radstand: 2,90 Meter) und mischt somit in der Mittelklasse mit, in der es bei uns mitunter eng zugeht: In diesem Segment treten bekanntlich Bestseller wie das Tesla Model Y und der Skoda Enyaq an. Beim Preis positioniert Changan den S07 tatsächlich ähnlich wie das genannte Duo. Allesamt starten bei rund 45.000 Euro. Abheben wollen sich die Chinesen vor allem über das Design und die Ausstattung. Mit seiner „Hainase“ (Original: „Shark-nose design“), seinen kantigen Lufteinlässen und angedeuteten Heckspoiler setzt der S07 auf die dynamische Karte. Hinzu kommen u.a. rahmenlose Türen und versenkbare Türgriffe als Eleganz-Merkmale.

Fast alles ab Werk verbaut

Bei der Ausstattung mag es Changan simpel: Alles ist ab Werk verbaut bis auf die optionale Anhängerkupplung oder größere Räder. Wählbar sind ansonsten nur Innen- und Außenfarbe. Das macht den Deepal-Auftaktstromer zu einem relativ gut ausgestatteten Konkurrenten mit Serienfeatures wie Panoramadach, zentralem 15,6-Zoll-Touchscreen, Augmented Reality Head-Up Display oder 360-Grad-Kamera, plus allerhand Fahrassistenten sowie Zweizonen-Klimaautomatik oder elektronisch verstellbare Sitze. Unterstützt wird ferner Apple CarPlay und Android Auto. Als Stauraum stehen Nutzern zwischen 570 und 1.510 Litern Kofferraumvolumen, ein großer Frunk mit 125 Litern und diverse Ablagefächern im Innenraum zur Verfügung. Die Anhängelast liegt bei 1,5 Tonnen. Ein electrive-Fahrbericht mit ersten Eindrücken folgt demnächst.

Leevon Tian, Changans stellvertretender Geschäftsführer für Europa, betont wenig überraschend vor allem die Ästhetik und die intelligenten Technologien des S07. Die Marke Deepal soll für Fahrspaß und moderne Mobilität stehen und „junge und junggebliebene Menschen begeistern“. Mit der Kernmarke Changan nimmt der Hersteller dagegen eher Familien in den Blick, Avatr soll als Premiummarke preislich über den anderen beiden Ablegern rangieren. Die ersten Daten, die die Chinesen zu den in Mainz bereits ausgestellten Changan E07, Avatr 11 und Avatr 12 präsentieren, sprechen denn auch für einen gegenüber dem Deepal S07 schon anderen technischen Anspruch. So soll der Changan E07 mit 800-Volt-Architektur, 520 km Reichweite und mehr DC-Ladeleistung („260 km in 15 Minuten“) aufwarten – mal abgesehen davon, dass der sehr lang geratene Stromer mit einem optisch sehr auffälligen Heck in geschlossener Pickup-Manier vorfährt. Die Avatr-Stromer sollen nochmals performanter sein, noch gibt es hier aber nur die bereits bekannte Angabe von 730 km nach chinesischem Testzyklus. Avatr dürfte aber bald schon aus der Deckung kommen. Für die IAA Mobility dieses Jahr in München heißt die Botschaft jedenfalls: „Avatr wird da sein!“

1 Kommentar

zu „Markiges Europa-Debüt: Changan verspricht acht E-Modelle bis 2027“
Peter B.
25.03.2025 um 10:07
Das wird nix mit den Modellen...

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