StreetScooter-Pleite: Investor will DHL-Chef juristisch belangen
Das „Handelsblatt“ berichtet von einem potenziellen juristischen Nachspiel, das sich rund um die StreetScooter-Pleite entfalten dürfte. Der Wiener Investor Gernot Friedhuber sieht demnach Ungereimtheiten, die Streetscooter nach dem Verkauf durch die Post in die Pleite getrieben haben sollen. Friedhuber hatte die Firma 2022 zusammen mit dem britischen Hedgefonds Sparta und dem Ex-BMW-Vorstand Stefan Krause über die Luxemburger Odin Holding gekauft. Schon 2023 folgte die Insolvenz.
Doch der Reihe nach. Die Geschichte des StreetScooter kennt in der eMobility-Branche fast jeder. Die Post DHL begann aus Mangel an passenden Angeboten, auf Basis einer Erfindung des Aachener Professors Günther Schuh selbst E-Lieferwagen zu produzieren. Zwischen 2014 und 2021 betrieb der Konzern eine entsprechende eigene Sparte, suchte aber nach einer Weile den Ausstieg, da die Fertigung nicht profitabel zu betreiben war. Der Käufer: Die Odin Holding, die sich alsbald in B-ON umbenannte.
B-ON übernahm die Produktion des StreetScooter im Januar 2022. Wichtig: Das Unternehmen StreetScooter GmbH selbst kauften die Luxemburger nicht (dieses kümmerte sich seit 2022 um die Betreuung der StreetScooter-Bestandsflotte bei der Deutsche Post/DHL-Gruppe), sondern lediglich dessen Fertigungs-Geschäft. Die Produktion der Fahrzeuge erfolgte weiterhin im StreetScooter-Werk in Düren mit einer Kapazität von 30.000 Fahrzeugen im Jahr.
B-ON versuchte, zusätzlich zu der Fahrzeuglinie ergänzende Elektrifizierungs-Dienstleistungen einzuführen und vom „Erstausrüster zum umfassenden Anbieter von E-Fahrzeuglösungen“ zu werden, wie seinerzeit auf der Homepage zu lesen war. Der Hauptsitz der Firma befand sich in Luxemburg. Außerhalb Deutschlands verfügte die Muttergesellschaft über Niederlassungen in den USA, Großbritannien, Japan, China und Lateinamerika. Die Insolvenz betraf 2023 allein den deutschen Ableger, nicht aber andere internationale Gesellschaften. So erklärt sich auch, warum B-ON nur einen Monat nach der Insolvenz der deutschen Gesellschaft in Japan einen neuen E-Transporter vorstellte.
Als Grund für die Insolvenz wurden damals Produktionsrückgänge genannt. Offiziell hieß es, dass Lieferengpässe und Qualitätsprobleme bei Bauteilen zu weniger Output damit in der Folge zu Zahlungsschwierigkeiten geführt hätten. Im „Handelsblatt“ redet Investor Friedhuber nun Tacheles. So habe die im Besitz von DHL verbliebene Streetscooter GmbH ihre Batterielieferungen eingestellt, die sie eigentlich mit dem neuen Eigentümer vereinbart hatte. Laut Friedhuber wurde aber „am ersten Tag nach dem Insolvenzantrag wieder geliefert“, wobei die dann erwirtschafteten Erträge in die Insolvenzmasse flossen. Außerdem kreidet Friedhuber der Deutschen Post an, dass diese sich plötzlich geweigert habe, mehr als 100 fertiggestellte Fahrzeuge abzunehmen.
Deshalb will Friedhuber nun gegen den DHL-Vorstandsvorsitzenden Tobias Meyer und zwei weitere Spitzenmanager „zeitnah“ Strafanzeige erstatten. Juristisch vertreten lassen will sich der Wiener Investor durch den ehemaligen österreichischen Oberstaatsanwalt und Kabinettschef im österreichischen Justizministerium, Georg Krakow.
Auf Anfrage des „Handelsblatts“ dementieren weder DHL-Chef Meyer noch sein Pressesprecher den beklagten Lieferengpass. Aber Meyer weist den Vorwurf zurück, „eine Insolvenz der B-ON verschuldet oder diese gar bewusst provoziert zu haben“. Und: Die DHL Group habe stets ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber B-ON erfüllt sowie „die Produktion und Inverkehrbringung von Streetscooter-Fahrzeugen stets im Rahmen unserer Möglichkeiten als Kunde maximal unterstützt“.
Für StreetScooter ging es nach der B.ON-Pleite in Deutschland derweil weiter – wenn auch weiter unrund. StreetScooter-Erfinder Günther Schuh kaufte die Rechte an dem E-Transporter Anfang 2024 mit seinem neuen Unternehmen e.Volution symbolisch für einen Euro zurück. Daraufhin lief die Produktion in Düren wieder an, kam aber im darauffolgenden Sommer wieder ins Stottern. Im November 2024 machte die Firma publik, die Produktion in Düren einzustellen. Kurz darauf reichte die e.Volution GmbH einen Insolvenzantrag ein. Der Geschäftsbetrieb sollte daraufhin aber weiterlaufen, das Unternehmen wolle sich restrukturieren, hieß es seinerzeit.
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