Bild: VDV

Elektrifizierung des deutschen Busverkehrs: Branche in Wartestellung

Seit dem KTF-Urteil gibt's kein Geld mehr für elektrische Busse im ÖPNV. Die mögliche schwarz-rote Koalition könnte das ändern. Die Busbranche wartet die Regierungsbildung ab – und hofft, im Verteilungskampf um die möglichen Förder-Milliarden des Bundes genug für die Transformation herauszuholen. Ein Stimmungsbericht von der „mobility move“ in Berlin.

„Wir sind eine hochpolitische Branche und werden immer stärker von der Politik beeinflusst.“ Mit dieser zutreffenden Feststellung eröffnete Ingo Wortmann, Geschäftsführer Mobilität der Stadtwerke München und zugleich auch Präsident des VDV, gestern die „mobility move 2025“ – also das große Innovationsforum der Verkehrsbetriebe in Berlin. Damit war der Ton gesetzt.

100 Aussteller, 20 Busse in der Messehalle, 1.500 angemeldete Gäste – das Treffen der Branche fiel einmal mehr üppig aus. Allein die Stimmung war gedämpft. „Wir müssen wieder mehr über die Zukunft reden und wir müssen Dinge auf die Straße bringen“, sagte VDV-Präsident in seiner Eröffnungsrede. Szenenapplaus, Aufbruchstimmung? Fehlanzeige. Die Branche wartet ab.

Wortmanns Hauptforderungen indes trafen den Nerv der Verkehrsbetriebe: Verlässlichkeit und Geld. „Wir können die Transformation zur Elektromobilität nicht aus Gewinnen oder Reserven finanzieren. Die haben wir nämlich nicht.“ So weit, so bekannt. Die Branche hofft deshalb auf die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD. Aus den Abstimmungen war bereits zu vernehmen, dass es wieder Geld aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) für den Umstieg auf E-Busse geben soll. Darauf setzt auch Wortmann: „Wir brauchen eine verlässliche Finanzierung. Und das müssen wir als Pakt zwischen Branche und Politik sehen.“ Was wäre die Alternative, wenn Deutschland die Klimaziele im Verkehr auf EU-Ebene reißt? „Es wäre dumm, Geld für Strafzahlungen auszugeben, statt es in den Klimaschutz zu stecken“, so Wortmann.

Ins selbe Horn stieß Robert Henrich: „Wir können im Moment nicht so in den Ausbau reingehen, wie es sinnvoll wäre, weil die Mittel nicht da sind“, gestand der Vorstandschef der Hamburger Hochbahn. Auch in der Hansestadt, die in Sachen Elektromobilität bekanntlich besonders weit vorne ist, wartet man auf Geld aus Berlin: „Wenn Fördertöpfe wieder prall gefüllt sein sollten, dann hoffen wir, dass die E-Bus-Förderung wieder auflebt.“ Aber das müsse in intelligenter Form passieren. Auch die Automatisierung des Busverkehrs müsse gefördert werden, so Henrich. Allerdings auf einem „pragmatischen Weg“ und „nicht mehr ganz viele kleine Projekte“, so der Wunsch des Hamburger Vorstandschefs. „Man sollte mit Mut und Entschlossenheit große und skalierte Projekte hinbekommen.“

Mut und Entschlossenheit – das ist es auch, was der Busbranche derzeit etwas abhandengekommen ist. Waren viele große Betriebe im Rahmen des Förderprogramms für alternative Antriebe von Bussen im Personenverkehr in den vergangenen Jahren mutig vorangegangen, warten die meisten Verkehrsbetriebe jetzt schlichtweg ab, was in Berlin passiert. Das kann man ihnen angesichts knapper Kassen nicht verdenken. Und doch wäre es wünschenswert, dass die Branche ihren Bedarf vielleicht etwas lauter und aktiver formuliert.

Appelle dafür gab es auf der „mobility move“ durchaus: „Lasst uns doch eine Branchen-Roadmap abstimmen und damit auf die Politik zugehen“, schlug etwa Tim Dahlmann-Resing vor. Man fragt sich unweigerlich, warum das nicht längst passiert ist. Schließlich laufen die wegweisenden Koalitionsverhandlungen jetzt. Dahlmann-Resing, der Vizepräsident des VDV und Vorstand der Verkehrsbetriebe in Nürnberg, wusste immerhin zu berichten, was die Branche nicht mehr braucht: „Wir haben in Nürnberg die Hälfte der Flotte umgestellt, das funktioniert ganz prima. Wir brauchen da keine Forschungsförderung mehr, sondern müssen die Umsetzung beschleunigen.“

Bei der weiteren Elektrifizierung des Busverkehrs geht es um viel Geld für die Skalierung und den nötigen Ausbau der Ladeinfrastruktur in den Busdepots und entlang der Strecken bzw. an den Endhaltestellen mancher Linien. Dass die Technologie dafür inzwischen voll marktreif ist, bestätigten alle Verkehrsbetriebe, die electrive im Rahmen der Veranstaltung interviewen konnte. (Die Videos erscheinen in Kürze auf unserem YouTube-Kanal.) Die Busse funktionieren, die Hardware für die Stromversorgung ist auch da. Aber eine offene Flanke gibt es neben der mangelnden Finanzierung noch: den Netzanschluss. Für viele Verkehrsbetriebe wird es immer schwieriger, ausreichend Strom schnell genug in ihre Depots zu bringen. Ein Riesenthema. Leider suchte man die Vertreter der Verteilnetzbetreiber vergeblich auf der Veranstaltung. Aber vielleicht trifft man sie ja im nächsten Jahr, wenn die Busbranche mit Geld aus Berlin aus der Schockstarre wachgeküsst wurde.

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