Bild: Daimler Truck

E-Bus-Radar: Wie Deutschlands ÖPNV bei der Antriebswende vorankommt

Der E-Bus-Hochlauf in Deutschland geht weiter – aber das Momentum nimmt ab. Und Hamburg ist aktuell die deutsche Elektrobus-Hauptstadt. Das sind zwei von mehreren interessanten Details aus dem 2025er E-Bus-Radar der Unternehmensberatung PwC. Wir fassen die Haupterkenntnisse zusammen.

Dass die elektrische Stadtbus-Flotte in Deutschland im Jahr 2024 um rund 750 Exemplare angewachsen ist, wissen wir bereits aus vorliegenden Statistiken. Je nach Zählart sind es 713 beim Kraftfahrt-Bundesamt oder 780 in der Statistik von Pricewaterhouse Coopers (PwC). Klar ist: Zu 2023 bedeutet dies eine Stagnation bis hin zu einem leichten Rückgang bei den Elektro-Neuzulassungen. Das E-Bus-Radar von PwC liefert dazu ergänzend nun viele interessante Einblicke zur Verteilung von Batterie- und Brennstoffzellen-betriebenen Stadtbussen in den deutschen Bundesländern und Städten – flankiert von Detail-Statistiken zu Marken, Kosten und geplanten Anschaffungen.

Der Untertitel des inzwischen siebten E-Bus-Radars von PwC lautet:“Der E-Bus-Markt am Scheideweg?“ Beim sechsten E-Bus-Radar vor zwei Jahren proklamierte die Beratungsfirma noch: „Das Jahrzehnt des E-Busses nimmt Fahrt auf!“. Dazwischen ist viel passiert. Doch vor dem inhaltlichen Einstieg kurz zur Definition: Die aktuelle Analyse betrachtet Busse mit mehr als acht Fahrgastplätzen (Fahrzeugklasse M3), vollelektrischen Antrieben und externer Energiezufuhr, die im Sinne der „Clean Vehicles Directive“ (CVD) der Europäischen Union als „sauber“ oder „emissionsfrei“ gelten. Als Datenstand wird der 31. Dezember 2024 angegeben.

Gut jeder Zehnte Stadtbusse im Bestand ist elektrisch

So viel zur Vorrede, schauen wir uns die Inhalte an: PwC zufolge waren in Deutschland zum Jahreswechsel 3.375 Busse mit emissionsfreien Antrieben unterwegs, darunter mit 2.946 Einheiten zum Großteil BEV-Busse (Batterie-elektrisch), zu zehn Prozent aber auch Brennstoffzellenbusse (339 Stück) und zu drei Prozent Oberleitungsbusse (90 Stück). Seit Ende 2020 hat sich die Zahl emissionsfreier Busse damit mehr als versechsfacht. „E-Busse machen mittlerweile gut zehn Prozent der insgesamt rund 35.000 Fahrzeuge umfassenden deutschen Stadtbusflotte aus“, präzisieren die Studienmacher. Nach dem starken Wachstum der vergangenen Jahre gebe es nun allerdings auch Anzeichen dafür, „dass sich das starke Momentum etwas abschwächt“. Denn obwohl in den vergangenen zwei Jahren über 1.500 E-Busse neu auf deutsche Straßen kamen, handelt es sich aktuell nur noch um ein lineares Wachstum. Anfang des Jahrzehnts waren die Zuwächse noch exponentiell.

Das Bundesländer-Ranking des PwC-Reports zeigt, dass fast die Hälfte aller E-Busse in Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Bayern unterwegs ist. Insgesamt kommen acht Bundesländer auf je mehr als 200 E-Busse. NRW führt das Feld mit 698 E-Bussen an, gefolgt von Hamburg (567 Fahrzeuge), Bayern (407), Hessen (364), Niedersachsen (277), Schleswig-Holstein (249), Baden-Württemberg (246) und Berlin (227). In den restlichen Bundesländern sind zusammen weitere 340 E-Busse im Einsatz. Damit ist den PwC-Daten zufolge ein deutliches Ost-West-Gefälle feststellbar: Von den sechs Ländern im Osten der Bundesrepublik fahren bisher nur in Berlin mehr als 200 E-Busse. Diese Tendenz hatte sich bereit im E-Bus-Radar vor zwei Jahren abgezeichnet.

Hamburg und Berlin führen Städte-Ranking an

Legt man den Fokus auf die Städte, ergibt sich folgendes Bild: Die meisten rein elektrisch betriebenen Busse kommen in Hamburg (567 Fahrzeuge), Berlin (227), Köln (247) und Wiesbaden (120) vor. Spitzenreiter bei den mit Wasserstoff betriebenen Bussen ist mit weitem Abstand die Region Köln: Dort sind 128 Brennstoffzellenbusse im Einsatz. Also gut ein Drittel aller in Deutschland zugelassenen FCEV. Auf den Plätzen zwei und drei folgen bei den H2-Bussen Frankfurt (23) und Rostock (20). Von den 90 Oberleitungsbussen in Deutschland sind allein 66 in Solingen zu finden. Als Tendenz arbeitet PwC heraus, dass emissionsfreie Busse inzwischen immer häufiger auch in kleineren Städten und ländlichen Regionen im alltäglichen Betrieb eingesetzt werden: „Im Jahr 2024 waren emissionsfreie Busse mit vollelektrischen Antrieben bereits in 180 Städten im Einsatz. Im Jahr 2020 waren es erst rund 90 Städte.“

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Bild: PwC

Filtern lässt sich in der PwC-Studie auch nach Herstellern. Demnach stammen die derzeit in Deutschland im Bestand betriebenen E-Busse zu rund 85 Prozent von fünf Herstellern – nämlich von Mercedes-Benz (1.226), Solaris (556), MAN (436), VDL (390) und Ebusco (260). Gegenüber dem E-Bus-Radar von vor zwei Jahren konnte Mercedes-Benz seinen Vorsprung deutlich ausbauen und MAN hat sich vor VDL geschoben. BYD, der letztmalige Fünfte, ist im Top-5-Ranking nicht mehr dabei.

E-Busse kosten weiter das 2,5-Fache von Dieselbussen

Und preislich? Ein 12-Meter-Solobus mit Batterie-elektrischem Antrieb kostet laut PwC im Vergleich zu einem konventionellen Dieselbus aktuell noch immer etwa das 2,5-Fache. Bei Gelenkbussen ist die Diskrepanz ähnlich. Konkret nennen die Analysten 580.000 bzw. 780.000 Euro für die Anschaffung von BEV-Solo- bzw. -Gelenkbussen und 260.000 bzw. 360.000 Euro für vergleichbare Diesel-Exemplare. Und: „Der Aufbau der Ladeinfrastruktur sowie der Ausbau und die Ertüchtigung der Betriebshöfe erfordert weitere umfangreiche Investitionen. Zudem entsteht häufig ein erheblicher zusätzlicher Flächenbedarf.“

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Bild: PwC

Perspektivisch ist den Studienmachern zufolge zwar davon auszugehen, dass die Anschaffungspreise der emissionsfreien Busse sinken. „Im Rahmen der Begleitforschung wird aber auch für das Jahr 2030 weiter von höheren Lebenszykluskosten der Batteriebusse ausgegangen, die dann noch bei
etwa zehn Prozent liegen.“ Und weiter: „Die Wirtschaftlichkeit von Brennstoffzellenbussen stellt sich noch herausfordernder dar. Das liegt vor allem an den deutlich höheren Betriebskosten für die Antriebsenergie.
Die betrachteten Lebenszykluskosten liegen hier insgesamt sogar rund 70 Prozent (im Jahr 2023) bis 45 Prozent (im Jahr 2030) über denen des Dieselbusses.“

Gesetzliche Vorgaben erfordern den Hochlauf

Mit Blick auf die Entwicklung des Stadtbusmarkts halten die Studienmacher aber trotz der weiter auf sich warten lassenden Kostenparität fest, dass die Zahl der E-Busse recht konstant zunehmen dürfte – und zwar dank der gesetzlichen Vorgaben: Denn für den Zeitraum von 2021 bis 2025 mussten bzw. müssen mindestens 45 Prozent der von Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen neu beschafften Busse im Sinne der „Clean Vehicles Directive“ der EU „sauber“ (also vollelektrisch oder PHEV) und davon mindestens 22,5 Prozent emissionsfrei sein. Für den Zeitraum von 2026 bis 2030 steigen diese Anteile auf 65 bzw. 32,5 Prozent. Auf EU-Ebene gilt zudem für neu zugelassene Stadtbusse, dass diese ab 2030 zu 90 Prozent und ab 2035 zu 100 Prozent emissionsfrei sein müssen.

Gleichzeitig führt die Studie „erkennbare Gründe“ für die aktuell feststellbare Abschwächung der Dynamik auf: „Die Förderkulisse erodiert derzeit“, so die Autoren. Die Kostenlücke wird also aktuell nicht mit staatlichen Geldern abgemildert. Allerdings deutet sich ganz aktuell an, dass es unter der künftigen Regierung wieder eine Förderung geben könnte.

Mit wie vielen E-Bussen planen die Verkehrsbetreiber?

Unabhängig von Zuschüssen brauchen Verkehrsunternehmen für die Antriebswende aber auch passende Rahmenbedingungen für die Bereitstellung von Flächen und die Sicherstellung der Energiezufuhr. Die schon monatelang vorherrschende Unsicherheit wirkt sich dabei freilich auf die Beschaffungspläne der Verkehrsunternehmen aus. Konkret ausgewertet hat PwC, dass im laufenden Jahr 1.650 weitere BEV und 380 weitere FCEV auf die deutschen Straßen kommen dürften. Bis 2030 ist nach den Informationen der Studienmachern bislang die Anschaffung von rund 5.140 weiteren rein elektrisch angetriebenen Bussen geplant ist, darunter rund 810 mit Brennstoffzellenantrieb.

Bewahrheiten sich diese Schätzungen wären im Jahr 2030 rund 8.500 E-Busse mit rein elektrischem Antrieb auf deutschen Straßen im Einsatz. Allerdings merken die Autoren an, dass im Zuge der Erhebung aufgefallen sei, „dass vielerorts die für das Jahr 2030 avisierten Planungen zeitlich deutlich verschoben werden, teilweise bis weit in die 2030er Jahre“. Prominente Beispiele sind die BVG und die Hamburger ÖPNV-Betreiber. Dies liege insbesondere an den Herausforderungen der Finanzierung und stehe nicht zuletzt in Zusammenhang mit der Einstellung der E-Bus-Förderung des Bundes in Folge des KTF-Urteils, heißt es in dem Report.

Die Studienmacher führen vor diesem Hintergrund aus, dass im Rahmen des letzten BMDV-Förderprogramms Bescheide für etwa 3.500 E-Busse ausgestellt wurden, was weniger als zunächst geplant war. „Bisher sind knapp über 800 Busse aus dem Programm in Betrieb genommen worden. Etwa 45 Prozent der bis
einschließlich 2030 bekannten Beschaffungsplanungen werden somit
durch das BMDV gefördert“, heißt es weiter. Der Rest sei zur Senkung der Investitionsmehrkosten auf Landesförderprogramme angewiesen, die jedoch
nicht flächendeckend verfügbar sind. Jedenfalls bis Schwarz-Rot in der bald startenden Legislaturperiode ein potenziell neues Bundesförderprogramm aufs Gleis setzt.

Die Städte mit den längsten Beschaffungslisten

Die ambitioniertesten Pläne mit Blick auf die weitere Anschaffung rein elektrischer Busse bis 2035 hegen dem E-Bus-Radar zufolge aktuell weiterhin Berlin mit 1.145 und Hamburg (Stadt + Umland) mit 963 Exemplaren. In der Top-5-Städteliste folgen München, Bremen und Bochum/Gelsenkirchen. Bundesweit erfasst der E-Bus-Radar bereits bekannte Pläne für die Beschaffung von 9.140 weiteren E-Bussen bis weit in die 2030er Jahre hinein.

Als kommende Herausforderungen identifiziert die Studie abschließend noch die Aspekte Standardisierung, Infrastruktur, Recycling und die Dekarbonisierung des Regionalverkehrs. Zu letzterem nimmt PwC folgendermaßen Stellung „Bisher standen vor allem Stadtverkehre im Fokus der Flottenumstellung. Da aber die Clean Vehicles Directive auch auf Ebene der ÖPNV-Aufgabenträger (i. d. R. Städte und Landkreise) greift, sind zunehmend auch Verkehre in ländlich geprägten Regionen auf emissionsfreie Antriebe umzustellen, sofern hierfür CVD-relevante Stadtbusse eingesetzt werden. (…) Dadurch müssen sich zukünftig vermehrt auch kleinere und mittelständische Verkehrsunternehmen auf die Antriebswende einstellen.“

PwC gibt an, aktuell die „Begleituntersuchung zur Förderung von Elektrobussen im ÖPNV“ im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz durchzuführen. Die dargestellten Infos seien „teilweise im Rahmen dieses Projektes erarbeitet worden“. Präziser wird das Beratungsunternehmen zu seiner Methodik nicht.

pwc.de, pwc.de (PDF)

1 Kommentar

zu „E-Bus-Radar: Wie Deutschlands ÖPNV bei der Antriebswende vorankommt“
Simon
24.04.2025 um 13:35
Ich frage mich schon wie ein BEV Bus das 2,5 fache kosten kann. 30% Mehrpreis wäre ja ok, aber so viel mehr schreit für mich schon nach abgreifen von Steuergeld. Vielleicht kann das mal einer der in der Branche tätig ist erläutern.

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