
Wie die Regierung heute auf das KsNI-Programm zurückblickt
Die Bundesregierung erfüllt mit dem Bericht ihre Pflicht, die Abgeordneten im Parlament über die Fördereffekte zu unterrichten. Der offizielle Titel über dem dreiseitigen Papier lautet „Bericht über die Evaluierung der Wirksamkeit des Förderprogramms auf Grundlage der Richtlinie zur Förderung klimafreundlicher Nutzfahrzeuge und zugehöriger Infrastruktur (KsNI)“. Diese Richtlinie ist in der Branche als KsNI-Förderung geläufig. Sie wurde nur zwei Förderrunden alt und fiel Anfang 2024 der Haushaltskonsolidierung der Regierung in Zusammenhang mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds (KTF) zum Opfer.
Innerhalb dieser zwei Runden haben aber insgesamt 1.648 Unternehmen in 3.388 Anträgen rund 1,67 Milliarden Euro für eine Förderung nach der KsNI-Richtlinie beantragt, heißt es jetzt in dem Bericht. Von diesen beantragten Förderungen wurden 71 Prozent bewilligt – also knapp Dreiviertel aller Anträge. Der Gesamtförderbetrag summierte sich laut dem Bund auf rund 1,2 Milliarden Euro. Der Hauptteil der bewilligten Mittel entfiel mit etwa 900 Millionen Euro auf die Fahrzeugförderung. Weitere 298 Millionen Euro sind als Infrastruktur-Förderung und 1,5 Millionen Euro für Machbarkeitsstudien bewilligt worden.
Aktualisiertes KsNI-Fördervolumen: 919 Millionen Euro
Förderzusagen wurden laut Bundesregierung konkret für 8.646 Fahrzeuge und 3.453 Ladesäulen ausgestellt. Allerdings machten auch einige Antragsteller einen Rückzieher oder ihnen wurden die Bescheide aufgehoben. Zum Stand 25. Februar 2025 bestanden (nach Abzug dieser Förderrücktritte und Bescheidaufhebungen) noch gültige Förderzusagen im Wert von 919 Millionen Euro für 6.607 Fahrzeuge und 2.486 Ladesäulen, schreibt die Regierung. Von diesen seien aktuell mindestens 4.443 Fahrzeuge und 648 Ladesäulen beschafft und in Betrieb. Rund ein Drittel der geförderten Fahrzeuge kommt also erst noch auf die Straße.
Die Bilanz deckt sich mit einem Antwortbogen, den die Ampel-Regierung schon im Sommer 2024 auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU vorgelegt hatte. Seinerzeit gab die Regierung an, über das KsNI-Programm ein Gesamtfördervolumen von rund 1,19 Milliarden Euro bewilligt zu haben. In der ersten Runde wurde demnach die Förderung für 1.916 und in der zweiten Runde für 10.434 Fahrzeuge bewilligt. Der Großteil der Gelder ging dabei an schwere E-Lkw der Klasse N3 (durchschnittliche Förderhöhe pro N3-Lkw: rund 600.000 Euro), im kleineren Umfang wurden aber auch N2- und N1-Fahrzeuge gefördert. Weiter präzisierte die Ampel damals, dass unter den KsNI-Fördernehmern auch Leasing- und Mietgeber waren. Konkret beschafften erstere insgesamt 1.975 der geförderten E-Lkw und letztere 2.204 Einheiten.
Die letzte KsNI-Bewilligungsrunde erfolgte überwiegend zwischen April und Juni 2023. Bei der Tank- und Ladeinfrastruktur gingen die Förderbescheide der zweiten Runde überwiegend zwischen Juni und August 2023 raus. Der letzte Zuwendungsbescheid sei am 15. November 2023 verschickt worden. Zwei Nachzügler gab es zudem im Mai 2024.
Frühzeitiges Ende wirkte sich „ungünstig“ aus
Das abrupte Ende des Programms wird auch von der Regierung im Nachgang kritisch betrachtet: Die frühzeitige Beendigung des KsNI-Förderprogramms habe sich ungünstig auf den Markt ausgewirkt, heißt es dazu in der Unterrichtung: „Und insbesondere bei der Nachfrageseite zu einer abwartenden Haltung sowie teilweise auch wieder zu verstärkter Unsicherheit hinsichtlich zukunftsfähiger Antriebstechnologien bei schweren Nutzfahrzeugen geführt.“ Bei electrive hatten wir über diese Phase der Planungsunsicherheit aus Logistikersicht ausführlich berichtet.
Die weitere Evaluation der Bundesregierung widmet sich vor allem der Frage, inwiefern die Förderquote von 80 Prozent der Mehrkosten der klimafreundlichen Fahrzeuge im Vergleich zu Dieselfahrzeugen angemessen war oder ob damit in der Realität eine Über- oder Unterförderung erfolgt ist. Für Batterie-elektrische Nutzfahrzeuge der Klasse N3 (schwere Nutzfahrzeuge über 12 Tonnen) erscheint aus Sicht des Bundes rückblickend „die Förderquote von 80 Prozent zunächst höher als notwendig gewählt, wenngleich weniger stark ausgeprägt als bei den kleineren Fahrzeugklassen N1 (leichte Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen) und N2 (mittelschwere Nutzfahrzeuge von 3,5 bis 12 Tonnen). Für schwere Brennstoffzellen-Lkw sei sie hingegen zu niedrig gewesen.
Fahrzeugausfälle erschwerten die Startphase
Ergänzend merkt der Bund an, dass sich der ökonomische Vorteil durch die Förderung für viele Transportunternehmen relativiert habe, da es vor allem in der frühen Erprobungsphasen teils zu häufiger berichteten Fahrzeugausfällen und damit verbundenen Kosten kam. In diesem Zusammenhang skizziert der Bund, dass „die notwendige Förderhöhe maßgeblich von der jährlichen Fahrleistung, dem Anteil der Nutzung auf mautpflichtigen Straßen sowie den zukünftigen Restwerten der Fahrzeuge bei Wiederverkauf abhängt“. Gerade beim Restwert räumt die Regierung „bestehende Unsicherheiten“ ein, da für schwere klimafreundliche Nutzfahrzeuge faktisch kein Gebrauchtmarkt besteht. Der nun erfolgten Evaluation der Förderquote liegen angenommene Restwerte von 25 Prozent der Anschaffungskosten zugrundeliegen. „Sollte der Restwert der Fahrzeuge niedriger liegen, wären die 80 Prozent Förderung der Mehrausgaben in der Anschaffung oft nicht ausreichend gewesen“, analysiert der Bund.
In die Evaluation wurde ferner die Kostenauswirkungen der Maut einbezogen – und zwar vor und nach der Mautüberarbeitung und der damit verbundenen Einführung einer CO2-Differenzierung. Demnach ergeben sich durch die Maut-Novelle mit Blick auf die Kostenparität zu Diesel-Lkw „keine fundamentalen Änderungen“. Heißt: „Selbst bei einem hohen Fahranteil auf mautpflichtigen Straßen kann die technologiebedingte Einsparung von Mautkosten die Mehrkosten der Beschaffung nach Förderung häufig zumindest nicht vollständig kompensieren“, so die Bundesregierung.
Marktaktivierung gelungen – vor allem bei XXL-Stromern
Legt man die Primärziele der KsNI-Förderung zugrunde – die Marktaktivierung und die Treibhausgas-Minderung im Straßengüterverkehr – wurde in den Augen der Regierung aber beides erreicht: „Insgesamt war die Förderung erheblich in Höhe und Umfang und stellt einen Leuchtturm für die Markteinführung von klimafreundlichen Nutzfahrzeugen in Europa dar. Alle befragten Stakeholder halten die hohe Signalwirkung als Start der Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen für klar belegt. Auch bei den angebotenen Modellen klimafreundlicher Nutzfahrzeuge gab es eine deutliche Steigerung der verfügbaren Modelle in der N1- und N3-Klasse im Verlauf des Betrachtungszeitraums der KsNI-Förderung. Für Fahrzeuge der Klasse N2 war die Steigerung hingegen deutlich geringer.“
Bei den schweren Nutzfahrzeugen der Klasse N3 bezeichnet die Regierung die Förderung sogar als „entscheidend für den Markthochlauf“. Denn: „Über die Hälfte der bundesweit im Betrachtungszeitraum 2021 – 2024 neu zugelassenen klimafreundlichen Nutzfahrzeuge hat eine KsNI-Förderung in Anspruch genommen.“ Zu Vergleich: Bei den leichten Nutzfahrzeugen unter 3,5 Tonnen der Klasse N1 hat hingegen nur ein sehr kleiner Anteil von circa drei Prozent die Förderung beantragt.
Wachsendes E-Lkw-Angebot
Auch herstellerseitig bescheinigt der Bericht dem Markt eine deutliche Steigerung der kommerziell verfügbaren schweren E-Nutzfahrzeuge im Zeitraum der KsNI-Förderung. Ursächlich seien aber weniger die KsNI-Zuschüsse, sondern die europäischen CO2-Flottenzielwerte, „da die Hersteller ihr Modellangebot langfristig planen und nicht an einzelnen Märkten ausrichten“, so die Analyse. Als weitere Einflussfaktoren für den Markthochlauf sieht die Regierung zudem finanzielle Anreize in den Betriebskosten wie die Mautreduktion für emissionsfreie Fahrzeuge und die THG-Quote.
Darauf fußt die Einschätzung des Bundes, dass durch einen geschickten Policy-Mix aus verschiedenen Maßnahmentypen und -zwecken eine noch höhere bzw. schnellere Marktdurchdringung drin gewesen wäre. „Zu den zusätzlichen Maßnahmen, die gewählt werden könnten, gehören beispielsweise weitere finanzielle Anreize wie eine Restwertgarantie, weitere informatorische Maßnahmen bezüglich Best-Practices und dem Einsatz von Null-Emissions-Lkw, aber auch zusätzliche ordnungsrechtliche Maßnahmen wie eine Mindestquote in der Beschaffung klimafreundlicher Nutzfahrzeuge“, heißt es dazu in dem Bericht.
Aufwändiger Antrag war „relevante Einstiegshürde“
Kritisch betrachtet wird im Nachgang übrigens der KsNI-Antragsprozess an sich. Es habe sich um einen aufwändigen Prozess gehandelt, der „eine relevante Einstiegshürde für interessierte Unternehmen darstellte sowie mit hohen administrativen Aufwänden und langen Bearbeitungszeiten verbunden war“, schreibt die Regierung. Eine wesentliche Ursache dafür sei, dass bei der Richtlinienerstellung gemäß dem Ansatz der Technologieoffenheit mehrere Fahrzeugklassen, Antriebstypen und Nutzungsszenarien in das Förderprogramm integriert wurden. „Dies hat zwar vermieden, dass mehrere Förderprogramme parallel aufgesetzt werden mussten, ging aber zu Lasten einer ,schlanken‘ Ausgestaltung der Förderbedingungen.“
Abschließend noch zur Evaluierung selbst: Diese erfolgte durch ein unabhängiges Sachverständigenkonsortium und soll einen Beitrag zur Erfolgskontrolle und zur Überprüfung gemäß dem beihilferechtlichen Genehmigungsbeschluss der Europäischen Kommission leisten. Analysiert wird standardmäßig, wie erforderlich und wirksam die Förderung war und welche Auswirkungen sie auf Handel und Wettbewerb hatte. Die Evaluation adressiert nicht zuletzt nationale und europäische Berichtspflichten. Die Hauptdimensionen der Untersuchung waren die Zielerreichungs-, die Wirkungs- und die Wirtschaftlichkeitskontrolle des Förderprogramms.
dserver.bundestag.de (PDF), bundestag.de
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