Nissan verwirft geplante E-Auto-Modelle aus US-Werken
Laut einem Memo an Zulieferer vom 21. April, das Automotive News vorliegt, überdenkt Nissan den „Entwicklungszeitplan“ für zwei BEV-Crossover. Das Modell mit dem Codenamen PZ1K soll gemäß der Info an die Zulieferer im Januar 2028 in Produktion gehen, rund ein Jahr später als bis dato geplant. Und bei dem geplanten Schwestermodell von Infinit mit dem Codenamen PZ1J soll mit rund vier Monaten Verspätung ab Mai 2028 vom Band laufen.
Die beiden Crossover-Modelle sollen in etwa so groß sein wie das Verbrenner-Modell Rogue (in Europa als X-Trail verkauft), aufgrund des größeren Radstands und der elektrischen Antriebstechnik aber einen Innenraum von der Größe des Nissan Pathfinders bieten – also dem nächstgrößeren SUV im Nissan-Portfolio. Details zu den Antrieben sind aber noch nicht bekannt.
Während diese beiden Modelle mit etwas Verzögerung auf den Markt kommen, werden dem Bericht zufolge gleicht drei andere Elektromodelle komplett gestrichen. Nissan bestätigte gegenüber der Automotive News, dass ein subkompakter Elektro-Crossover (Codename PZ1L) aus der Planung für die US-Werke genommen wurde. Dabei soll es sich offenbar um den Nachfolger des Nissan Leaf handeln, der vom Kompaktmodell zum Crossover mutiert – ein Konzept dieses Fahrzeugs hatte Nissan Ende März in Japan gezeigt. Für Japan und Europa ist der Leaf-Nachfolger wohl weiter in Planung. Nur die US-Produktion (die ersten beiden Generationen des Leaf hat Nissan auch in Smyrna, Tennessee, gebaut) wurde gestrichen. Entsprechende Gerüchte gab es schon in diesem Januar. Damals hieß es noch, dass der PZ1L für Nordamerika im britischen Sunderland gebaut werden soll. Ob diese Pläne nach den US-Autozöllen noch Bestand haben, ist nicht bekannt.
Und auch zwei elektrische Limousinen – wie bei den Crossovern ein Modell von Nissan und eines von Infiniti – werden nicht auf den Markt kommen. Infiniti hatte sogar schon eine Studie für seine E-Limousine präsentiert. „Als Reaktion auf die jüngsten Veränderungen der Marktbedingungen in der Branche haben wir beschlossen, unsere Pläne für die Projekte der Canton-Elektrofahrzeugfamilie zu überarbeiten“, schreibt Nissan in einer Erklärung. „Wir haben beschlossen, die Entwicklung der LZ1F/LZ1E-Projekte (Limousine) einzustellen und sie im Rahmen eines neuen Fahrzeugprogramms neu zu bewerten.“
Bereits Anfang April gab es erste Berichte, wonach die Entwicklung der beiden E-Limousinen pausiert werden könnte. „Der Limousinenmarkt schrumpft“ ,wird Christian Meunier, Vorsitzender von Nissan Americas, von der Automotive News zitiert. „Wir müssen der Realität ins Auge sehen.“
Ponz Pandikuthira, Produktplanungschef von Nissan Americas und zuvor viele Jahre bei Nissan Europe aktiv, gab an, dass die Markteinführung der Limousine „noch ungewiss“ sei. Das liegt offenbar vor allem an den Segmenten, die Nissan im Auge hat und in denen der japanische Hersteller bereits heute mit Modellen wie dem Maxima und Altima in den USA aktiv ist. „Premium-Limousinen sind nicht unsere Nische“, sagte Pandikuthira. „Wenn die [Elektro-]Limousinen bei über 45.000 Dollar starten, sind wir nicht mehr im Kern des Limousinenmarktes.“
Nissan befindet sich derzeit im Umbruch, weshalb auch Projekte, die vom vorigen Management geplant wurden, nun wieder hinterfragt werden. Nach den Auflösungserscheinungen der Renault-Nissan-Allianz und den gescheiterten Fusionsgesprächen mit Honda stellt sich der Hersteller gerade neu auf. Im März wurde der gebürtige Spanier Ivan Espinosa zum neuen CEO ernannt. Bereits zuvor hatten die Japaner angekündigt, 9.000 Stellen zu streichen und Produktionskapazitäten abzubauen. Und auf der Auto Shanghai haben die Japaner jüngst eine Milliarden-Investition in China angekündigt – mit Fokus auf Elektroautos. Es gilt als fraglich, ob Nissan ohne großen Partner die Investitionen in Elektrifizierung und Software alleine stemmen kann – bei gleichzeitigem Umbau des Verbrenner-Geschäfts.
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