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Martin Schmitz vom VDV: Wie gelingt der Umstieg auf Elektrobusse im ÖPNV?

Elektrobusse sollen die Städte leiser, sauberer und klimafreundlicher machen – doch der Weg dahin ist lang und komplex. Martin Schmitz, Technik-Geschäftsführer beim VDV, erklärt im Interview, warum der Umstieg nicht nur eine technische, sondern auch eine politische und menschliche Aufgabe ist. Er spricht über Finanzierungsprobleme, Planungsvorlauf, Standardisierung und die entscheidende Rolle motivierter Mitarbeitender. Ein spannender Einblick in die Transformation des öffentlichen Nahverkehrs.

Das Interview hat electrive-Chefredakteur Peter Schwierz auf der „mobility move“ geführt. Das ist die Innovationskonferenz, die der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) jährlich in Berlin durchführt. Martin Schmitz berichtet als Geschäftsführer Technik ausführlich über die Herausforderungen und Fortschritte beim Umstieg auf elektrische Busse im öffentlichen Nahverkehr. Die Antwort auf die scheinbar einfache Frage, wie dieser Umstieg gelingt, ist laut Schmitz alles andere als kurz: „Elektromobilität ist nicht nur der Elektrobus, sondern es ist die ganze Infrastruktur, die wir aufbauen müssen.“

Der Wandel betrifft nicht nur Fahrzeuge, sondern auch Prozesse, Personal und Planung. Mitarbeitende müssen neue Fähigkeiten erlernen – statt Ölwechseln an Dieselbussen geht es nun um Batteriemanagement und den Umgang mit komplexer Software. Der technologische Fortschritt ist jedoch klar spürbar: Dank Standardisierung bei Ladesteckdosen und Kommunikationsschnittstellen lassen sich Busse unterschiedlicher Hersteller in einheitliche Infrastrukturen integrieren. „Der digitale Austausch ist standardisiert, sodass die Ladestationen mit den Bussen kommunizieren können“, erklärt Schmitz.

Trotz dieser Fortschritte gibt es große Unterschiede zwischen den Städten. Während Metropolen wie Hamburg und Berlin beim Ausstieg aus dem Verbrenner bereits weit vorangeschritten sind, fehlt andernorts noch ein klares Ausstiegsdatum. Der Grund liegt laut Schmitz vor allem in der Finanzierung: „Ein Elektrobus kostet aktuell das Doppelte eines Dieselbusses“ – und auch der Umbau der Depots ist teuer. Förderprogramme des Bundes waren bislang eine tragende Säule. Doch die Mittel sind begrenzt: Von 12.000 beantragten Bussen konnten nur 3.000 gefördert werden. Schmitz betont: „Die Branche möchte eigentlich mehr und kann auch mehr.“

Hinzu kommt: Auch Kommunen müssen sich finanziell beteiligen, was zu einem ungleichen Umsetzungsgrad führt. Große Betriebe mit eigenen Ingenieurabteilungen sind im Vorteil gegenüber kleineren Verkehrsunternehmen, die mit begrenzten Ressourcen zurechtkommen müssen. Dennoch gibt es Hoffnung: Die Lösungen werden zunehmend standardisiert und einfacher, was Schmitz als Entwicklung hin zu „mehr Plug and Play“ beschreibt.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Die Planungszeiträume. „Ich muss eigentlich fünf bis acht Jahre vorher planen, um den Stromanschluss zu bekommen“, so Schmitz. Daraus ergibt sich ein klarer Appell an die Politik: Förderprogramme müssen langfristig und zuverlässig ausgestaltet sein. Gleichzeitig wünscht sich der VDV mehr Priorität für den ÖPNV auf politischer Ebene. Schmitz kritisiert deshalb auch: „Eigentlich wollen wir in Deutschland ja weiter Autos verkaufen.“ Dabei sei der öffentliche Nahverkehr der Bereich, der bei der Elektrifizierung am weitesten vorangekommen sei – und somit als Blaupause für andere Sektoren wie den Lkw-Verkehr dienen könne.

Zum Abschluss nennt Schmitz drei zentrale Wünsche: Sofortige und langfristige Förderzusagen von der Politik, mehr Offenheit und Datentransparenz von Seiten der Industrie – und nicht zuletzt die Motivation der Mitarbeitenden: „Zum Schluss interessiert den Fahrgast nicht, welcher Bus kommt. Hauptsache, es kommt ein Fahrzeug.“ Die Transformation sei eine Gemeinschaftsaufgabe – technisch machbar, aber nur mit Engagement, Planung und Geld erfolgreich umsetzbar.

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